Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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verzierten, – und ich entziffere die eingekerbten lateinischen Buchstaben, die man mit weißer Ölfarbe ausgefüllt hat: Der bekannte italienische Spruch, den der französische Bildhauer dann an seinem Meisterwerke mit verwandte:

      Ihr, die ihr hier eintretet, lasset alle

       Hoffnung hinter euch.

      Sehr einladend war das in der Tat nicht.

      … Lasset alle Hoffnung hinter euch!

      Nun, – Coys gelehriger Schüler hat längst das Hoffen aufgegeben. Worauf wohl hoffen?! Ich?! Steckbrieflich Verfolgter! Hoffen – nein, erleben – leben, wie der neue Tag das Leben darbietet.

      Meine Fingerspitzen suchen weiter. Keine Tür, kein Tor ohne Schloß, – es muß eine Möglichkeit geben, es von außen zu öffnen.

      Ich irre mich.

      Ich finde nichts. Die Torflügel sind eiserne glatte Wand wie die wunderbaren Salzmauern. Glatt, kalt, freudlos. Über ihnen droht der Spruch.

      Droht?! – Es sind nur Worte, – alles wird Phrase für den, der nichts mehr zu verlieren hat. –

      Mithin, sage ich mir, – es wird einen zweiten Zugang geben. Ich wende meine Aufmerksamkeit den Blöcken zu beiden Seiten des Tores zu. Als Mörtel hat man Lehm benutzt, aber der gelbe Lehm ist längst mit Salzkristallen überzogen, und es sind nur Rillen geblieben in derselben Farbe wie die leicht verstaubten Blöcke.

      Mein Messer kratzt in den Rillen entlang, – und trifft rechts des Tores auf Holz.

      Drei Blöcke sind keine Blöcke, sind nur Holz, das mit dünneren Platten bedeckt ist. – Mein Messer stößt auf Metall … Ein Druck, ein helles Knacken, und das große breite Brett gleitet als Tür nach innen.

      Sehr schlau angelegt, dieses Schlupfloch. Sollten hier etwa Buschklepper gehaust haben, oder noch hausen. Australiens im allgemeinen so nüchterne Geschichte, die ja erst für die Europäer mit dem Jahre 1601 beginnt, als der Portugiese Godinho de Eredia Kap Vandiemen betrat, hat nur drei große Ereignisse zu verzeichnen: Erst 1787 wurden 757 Sträflinge als erste Kolonisten von England importiert und gründeten Sydney. 1853 fand ein Farmer in Queensland die ersten Goldklumpen, – hiermit begann eine neue Epoche für das Land: Tausende von Abenteurern strömten in die Einöden, verhungerten, verdursteten zum Teil, – andere gewannen Riesenvermögen. Und drittens: Australien hat nie kriegerische Entwicklungen gekannt, lediglich der Kampf gegen die Buschklepper führte zu Blutvergießen. Aber diese Kämpfe waren erbittert genug, – Gesindel aller Art fischte im Trüben, und besonders drei Bandenhäuptlinge brachten es zu fragwürdiger Berühmtheit. O’Konnel Morris war der großzügigste. Anscheinend biederer Schafzüchter, bildete er ein volles Jahrzehnt den Schrecken der ehrlichen Goldgräber. – Daß diese Räuberromantik noch immer nicht ausgestorben, hatte ich ja am eigenen Leibe erfahren. Das Kreuz der Wüste ruhte nun in den Tiefen des Meeres. Vergeben, vergessen, – geliebt, gehaßt … –

      Buschklepper hier?!

      Vielleicht, aber doch unwahrscheinlich, dazu war das Turnbull-Feld denn doch zu abgelegen.

      Meine Gedanken hatten jetzt auch Ablenkung genug. Die Frage, wer die Erbauer der Burg gewesen, mochte später gelöst werden. Ich steckte die kleine Laterne an und leuchtete in die finstere Halle hinein. Es war eine geräumige Halle und was ich hier schon vorfand, gab mir neue Rätsel auf.

      Eine Halle … Der Fußboden bestand aus Kasuarinenstämmen, die Ritzen waren mit Lehm sauber verschmiert und mit einer Art Glasur überzogen. Aus demselben Material waren die Wände angefertigt. Die Decke wieder bildete sechs Spitzbögen aus Salzwürfeln, getragen von vier Salzsäulen.

      Dies umfaßte mein Blick als erstes.

      Der schweifende Blick fand noch andere Ruhepunkte. Da waren Pflanzenfaserteppiche, nach Art der orientalischen grellbunt gefärbt. Da waren Lehnstühle, Sofas aus Holz mit geflochtenen Bastsitzen, Schränke aus roh gebeiztem Holze mit primitiven Schlössern, zwei Holztische, – zwischen den Säulen hing an Ketten eine Petroleumlaterne, die man durch bunte Stoffe gefällig verziert hatte. Die Neigung für Behaglichkeit offenbarte sich schon hier.

      Ich zog die Holztür wieder zu. Der Mechanismus, so versteckt er als Riegel auch eingefügt war, verriet dieselbe Einfachheit wie die Schlösser der Schränke. Als Eisen war gewöhnliches starkes Bandeisen benutzt worden, wie man es zum Verschließen von Holzkisten seit langem gebraucht.

      Ich horchte eine Weile mißtrauisch und beobachtete die beiden Türen in den Wänden rechts und links des Flügeltores. Dieses hatte nur drei starke Holzriegel innen und keinerlei Schloß. Als ich es noch besichtigte, bemerkte ich wiederum etwas, das für die Erbauer dieser Burg kennzeichnend war: Durch den linken Torpfosten lief eine Hanfschnur, die frisch gefettet war, über eine Rolle nach außen und ebenso in die Höhe an der Innenwand empor zur Decke, wo eine zweite Rolle das leichtere Gleiten der Schnur begünstigte. Sie zog sich unter der Spitzbogendecke entlang zu einer dritten Rolle und einem weiteren Wandloch und verschwand hier im Inneren: Ein Klingelzug ohne Zweifel, dessen draußen verborgenen Griff ich nicht entdeckt hatte.

      War es ratsam, die Schnur zu zerschneiden und die Geheimtür zu verrammeln?! Es fehlten bis zu dem kritischen 3. September noch volle sechs Tage, und es war doch sehr fraglich, ob die zwölf Leute früher hier erscheinen würden oder gar bereits hier seien. – Schaden konnte diese Vorsichtsmaßregel nicht. Ich hatte es dann wenigstens nur mit denen zu tun, die hier dauernd wohnten, und das konnte keine Armee sein, mit denen würde sich durch die leicht verständliche Sprache von Büchse und Pistole schon reden lassen.

      Alles will erwogen werden.

      Ich zerfaserte die geölte Schnur behutsam mit dem Messer, indem ich das obere Ende, das an dem Torpfosten innen hochlief, festhielt. Die Glocke konnte also nicht anschlagen, und als die Schnur dann herabhing, konnte sie auch gerissen sein.

      Das war das eine.

      Die längere Bank benutzte ich als Stütze für die Tür. Ich klemmte sie so fest, daß kein Druck von außen sie beseitigen konnte.

      Meine Erforschung der Innenräume begann. Wie gesagt: Zwei Türen gab es, sie hatten Gelenke aus Leder und Holzriegel. Sie bestanden wieder aus Kasuarinenrohr, das getrocknet entfernt dem Bambus gleicht.

      Die rechte Tür führte in ein Zimmer, das durchaus einem Museum glich. Alles, was die Australneger an primitiven Werkzeugen, Schmuck und Waffen anfertigten, war hier aufgestapelt und sorgfältig geordnet: Speere mit Spitzen aus Knochen, Eisen und Steinsplittern, Steinbeile, Bumerangs, geschnitzte Schwirrbretter und Botenstäbe mit Bilderschrift, Schmuck aus Zähnen, Straußenfedern und bunten Steinen, Mulden aus Holz und gebranntem Lehm, Nasenpflöcke, Schädel, geräucherte Totenhände (die Australneger waren Menschenfresser), Götzen aus Holz, Stein und Lehm, Netze aus feinstem Bast, Messer mit Steinklingen und geschnitzten Holzgriffen, – vieles andere noch.

      Das Museum als solches mochte noch hingehen. Daß aber an jedem einzelnen Stück ein Papptäfelchen mit Aufschrift in englischer Sprache hing, – daß diese Aufschriften Ort und Zeit angaben, wo das Stück erworben war, und daß schließlich diese Daten sämtlich die Jahreszahl 1896 und die Namen E. Wells und A. Benson zeigten, stellten mich vor ein vollkommenes Rätsel.

      Meine Mußestunden auf der Ruxa-Farm hatte ich zum Teil durch das Studium eines Spezialwerkes über die Entdeckungsgeschichte Australiens ausgefüllt. Ich wußte, daß die Expedition des Edgar Wells im Jahre 1896 ins Innere kläglich gescheitert war, obwohl Wells zwanzig Dromedare mitgenommen hatte. Durst zwang ihn zwei sterbende Expeditionsmitglieder sowie sämtliche Sammlungen und Aufzeichnungen zurückzulassen. Halbtot erreichte er den Fitzroyfluß, um sofort eine neue Expedition vorzubereiten. Er fand auch die Stelle, wo er im Vorjahre die beiden Gefährten sich selbst überlassen hatte und auch ihre Leichen, besser ihre Gebeine. Er hatte vermutet, es seien ihre Gebeine.

      Er glaubte, – ich wußte es besser, nachdem ich ein auf einem Tische inmitten der Sammlungen liegendes Heft flüchtig durchgeblättert hatte. Es waren Aufzeichnungen von der Hand Arthur Bensons, eines der unglücklichen Gefährten des Edgar Wells.

      Arthur Benson war


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