Die Herrscher und Gestalten des Mittelalters. Reinhard Pohanka
Dr. REINHARD POHANKA, geb. 1954, ist Archäologe am Historischen Museum der Stadt Wien. Zahlreiche Veranstaltungen mit den Schwerpunkten Mittelalter und römische Zeit. Über 15 Publikationen.
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Die Herrscher und Gestalten des Mittelalters
Das Mittelalter, das man traditionell mit dem Ende des weströmischen Reiches im Jahre 476 beginnen und mit der Entdeckung Amerikas im Jahre 1492 enden lässt, übt mit seiner Vorstellung von düsteren Burgverliesen, geheimnisvollen Ritualen, furchterregend aufgerüsteten Rittern, archaischen Konflikten, Universalansprüchen und ständigen Fehden noch heute eine große Faszination auf die Menschen aus. Wer beeinflusste diese »finstere Epoche«, in der die Jetztzeit ihre fernen Wurzeln hat? Es ist eine Ära der Individualisten, die Unglaubliches erlebten, die in kurzer Zeit von einem Ende Europas zum anderen reisten, Höfe bewohnten, die vor Kultur, Freude und Farbigkeit barsten. Sie lieferten unglaubliche Beispiele an Treue und Glauben und konnten doch die entsetzlichsten Ränke schmieden und ihre Familien verraten. Der vorliegende Band ist ein kompilatorisches Werk, das eine spannende Geschichte des Mittelalters anhand von Biographien der wichtigsten Persönlichkeiten – von Augustinus von Hippo über Karl den Großen bis zu Wilhelm I. von England, den Erorberer – skizziert.
Reinhard Pohanka
Die Herrscher und Gestalten des Mittelalters
Reinhard Pohanka
Die Herrscher
und Gestalten
des Mittelalters
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eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0210-0
VORWORT
Die Aufgabe, eine Geschichte des Mittelalters mit den Biografien der wichtigsten Persönlichkeiten dieser Epoche zu schreiben, ist ein fast hoffnungsloses Unterfangen. Es beginnt damit, dass man sich fragt, wann beginnt und wann endet das Mittelalter. Behält man die alte Periodisierung des 19. Jahrhunderts mit Römerzeit, Völkerwanderung und Mittelalter bei? Oder erkennt man an, dass es die »Dunklen Jahrhunderte« nach dem Ende der Antike nie gegeben hat und sich das Mittelalter direkt an die Antike anschließt. Lässt man das Mittelalter traditionellerweise im Jahre 1492 mit der Wiederentdeckung Amerikas enden oder schon früher, etwa als Gutenberg den Buchdruck einführt oder später, als Maximilian I., der »letzte Ritter«, stirbt.
Und wer beeinflusst das Mittelalter? Sind es wirklich nur die Herrscher mit ihren ewigen Fehden und Kriegen, oder ist es der Koch von Wilhelm dem Eroberer, der für das Wohl seines Herrn am Abend vor der Schlacht von Hastings gesorgt hat? Wer hat die Schlacht letztlich entschieden? Sind es nur die Kaiser und Könige, die Epochen prägen, oder sind es die Menschen, die ihnen die Ideen geliefert haben, etwa die Philosophen und Theologen? Was ist mit den Künstlern, die ihre Zeit geprägt haben, die Maler, Minnesänger und Dichter? Oder waren es die Ehefrauen und Ehemänner, Freundinnen und Freunde oder die Geliebten, von denen wir aber nichts mehr wissen?
Lange Zeit hat man diese Epoche als das »Dunkle Mittelalter« bezeichnet. Betrachtet man aber die hier gesammelten Biografien so wird klar, dass das so nicht stimmen kann. Diese Menschen haben Unglaubliches erlebt, sie reisten in kurzer Zeit von einem Ende Europas zum anderen, sie bewohnten Höfe, die vor Kultur, Freude und Farbigkeit barsten. Sie lieferten unglaubliche Beispiele an Treue und Glauben und konnten doch auch ihre Väter, Schwestern und Brüder verraten und sogar ermorden.
Es ist mir bewusst, dass die Auswahl, die ich hier getroffen habe, eine zwar nicht willkürliche, aber doch auf individuellen Gesichtspunkten basierende ist. Für jeden der hier Beschriebenen hätte man eine andere Persönlichkeit des Mittelalters wählen können, die vielleicht genauso wichtig gewesen ist. Aber wie bewertet man Wichtigkeit? Ich habe den Versuch über die Nachhaltigkeit genommen, wer wirkte über längere Zeit nach, wer beeinflusste so viele Menschen, dass daraus eine Änderung der Geschichte entstand. Wer beeinflusste das Mittelalter so, dass die Konsequenzen seines Handelns oder seiner Gedanken bis heute nachwirken? Dass auch diese Bewertung eine individuelle sein muss, ist verständlich.
Ich habe auch versucht, nicht regional zu denken. Europa ist im Mittelalter ein stark miteinander verflochtener Kontinent, die Entscheidung einer Person an einem Ende hatte Konsequenzen am anderen Ende, vielleicht mehr als dies später der Fall war. Man dachte in größeren Räumen, hatte Universalansprüche und war durch die Klammer der gemeinsamen Religion zusammengehalten. Man hatte durchaus nationale Interessen, aber kannte keinen Nationalismus, man kämpfte um Ruhm und Ehre und auch um Geld, Macht und Land. Man war flexibel, hatte eine »lingua universalis« und noch eine gemeinsame Religion und war gewohnt zu reisen, die Gelehrten verbreiteten ihr Wissen persönlich in ganz Europa, und auch die Kaiser regierten ihre Reiche vom Pferderücken aus. Das Leben war schnell, viele starben jung, viele der Mächtigen starben, weil sie tapfer waren und in der ersten Reihe der Schlachten gekämpft haben. Deshalb war das Leben leidenschaftlicher, weil es es so kurz sein konnte. Mancher Philosoph oder Theologe brannte im wahrsten Sinne des Wortes für seine Lehren, statt dass er sie widerrief.
Wie immer man das Mittelalter betrachtet, es ist eine Zeit der Individualisten, eine Person alleine konnte die Welt bewegen, was ohne Werbemaschinerie, Kommunikationsmittel und Buchdruck viel schwieriger war als heute. Wollte man die Welt bewegen, so musste man gute Ideen haben, die sich schnell verbreiteten, wollte man die Landkarten verändern, so musste man in der ersten Reihe marschieren, statt hinter dem Schreibtisch zu planen. Dies hebt die hier Beschriebenen vielleicht deutlicher aus der Masse heraus als andere der Zeit, sie wagten, ob Künstler, Kaiser oder Philosoph, oft den persönlichen letzten Einsatz um ihr Leben, aber auch um eine Epoche zu formen.
Dies ist ein kompilatorisches Werk. Über viele der hier Dargestellten existieren unterschiedliche Theorien und Meinungen, von Unklarheiten über ihre Lebensdaten bis hin zur Frage, ob sie überhaupt existiert haben. Ich habe versucht, den kleinsten, anerkannten, gemeinsamen Nenner aus all diesen Lebensgeschichten herauszuarbeiten, jede darüber hinausgehende Bewertung, alle Irrtümer, sind Sache des Autors.
Reinhard Pohanka Mödling, 2006
INHALT