STILLER TOD. Rachel Amphlett

STILLER TOD - Rachel  Amphlett


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ihre freie Hand wirbelte verzweifelt durch die Luft, als sie versuchte, etwas zum Festhalten zu finden, bevor die Knie unter ihr nachgaben.

      Dan erkannte leider zu spät, was passieren würde.

      Die Frau landete so ungünstig auf ihrer Hüfte, dass die Hand, die immer noch die Spritze umklammert hielt, unter ihrem Körper begraben wurde.

      Dan kroch über den Boden auf sie zu und hoffte, dass er mit seiner Vermutung falsch lag und sie die Spritze vorher fallen gelassen hatte.

      »Scheiße.«

      Ihr Körper begann sich zu verkrampfen, die Augen weiteten sich vor Angst und Schmerz, dann drang auch schon Schaum zwischen ihren Lippen hervor und ihre Füße schlugen zuckend auf den Fliesenboden ein.

      Dan stürzte zum Notfallknopf, der neben dem Bett angebracht war, schlug mit dem Handballen darauf, drehte sich dann wieder zu der Frau um und ging neben ihr auf die Knie.

      »Komm schon«, drängte er sie. »Gib nicht auf. Verdammt, ich brauche Antworten.«

      Tränen rannen über das Gesicht der Frau, als ihre Haut einen kranken, blaugrauen Ton annahm. Schlagartig wurde ihm klar, dass ihm die Zeit davonlief. Er schlug ihr die Spritze aus der verkrampften Hand, dann packte er ihren Kiefer und versuchte, die Zähne auseinanderzudrücken, um ihre Atemwege freizulegen.

      Ein ersticktes Keuchen drang zwischen den zusammengepressten Lippen der Frau hervor, dann sackte ihr Kopf plötzlich zur Seite und ihre weit aufgerissenen Augen starrten leblos auf Dan, der immer noch vor ihr hockte.

      »Verdammter Mist.«

      Er richtete sich auf und blieb auf zitternden Beinen stehen, dann griff er in den kleinen Schrank neben dem Bett und nahm saubere Boxershorts heraus, die ordentlich zusammengefaltet auf einem Regal gelegen hatten. Er ignorierte die Jeans und ein schwarzes T-Shirt und begann stattdessen nach seinem Handy zu suchen.

      Das Geräusch rennender Füße auf dem Korridor ließ ihn zusammenzucken und er hatte sich bereits mit erhobenen Fäusten herumgedreht, als die Tür aufflog und zwei Sicherheitsleute mit weit aufgerissenen Augen und gezogenen Waffen hereinstürmten.

      Der Größere der beiden warf einen Blick auf die tote Krankenschwester und sah dann Dan an. »Geht es Ihnen gut, Sir?«

      Dan senkte die Fäuste und funkelte ihn wütend an.

      »Was zur Hölle wird hier gespielt?«

      Kapitel 4

      Ben Hicks bremste den Geländewagen ab, schaltete die Scheinwerfer aus und ließ das Fahrzeug langsam ausrollen.

      »Ich kann nichts erkennen.«

      Das Industriegelände wirkte verlassen, entlang flachgedeckter Gebäude führte eine Straße in eine öde Anlage hinein. Hier und da schlug das Schild eines Immobilienmaklers verloren gegen Maschendrahtzäune und die einst gepflegte Umgebung der Gebäude war jetzt von Unkraut und struppigen Sträuchern überwuchert.

      Er war über die gewundenen Straßen gefahren, die um das Grundstück herumführten, bis er sich davon überzeugt hatte, dass sie nicht verfolgt wurden. Als die Sonne bereits den Horizont berührte, bog er in eine kurze Straße ein, die auf eines der kleineren Gebäude zuführte.

      Joe war aus dem Wagen gesprungen und hatte das schwere Stahltor geöffnet, um das Fahrzeug durchzulassen.

      Ben hatte überrascht festgestellt, dass er den Atem anhielt, weil er befürchtete, dass ihr Kontakt sie vielleicht aufs Kreuz gelegt und die Tore verschlossen gelassen hatte.

      Jetzt spähte er durch die Scheiben und suchte nach einem Wachmann auf Kontrollgang … oder schlimmer noch, nach einem Wachhund.

      Doch nichts bewegte sich.

      »Es ist hier. Mach dir keine Sorgen.« Ben warf einen Blick in den Rückspiegel und anschließend über seine Schulter, denn entgegen seiner selbstbewussten Beteuerungen hatte ihn die Paranoia mittlerweile voll im Griff. »Los geht’s.«

      Er öffnete die Wagentür und kletterte aus dem Fahrzeug, dabei knirschten seine Stiefel auf dem Kies unter seinen Füßen. Er stöhnte, legte seine Hände ins Kreuz und streckte sich. Der Druck der Pistole in seinem Hosenbund war irgendwie beruhigend.

      Nachdem er letzte Nacht seine Anweisungen erhalten hatte, hatte er kurz darüber nachgedacht, die Eliminierung von Mark zu kritisieren, doch sich stattdessen auf die Zunge gebissen. Er hatte schließlich gesehen, was mit Männern passierte, die Befehle missachteten. Es lag bestimmt nicht in seiner Absicht, ihr Schicksal zu teilen.

      Ben atmete die Nachtluft ein und versuchte die Verspannungen in seinen müden Muskeln zu lockern. Laternen tauchten die Straße, die zum Gebäude führte, in bleiche Lichtkegel, ihr orangefarbener Schein versickerte in dem rissigen Asphalt des Parkplatzes.

      Die Fahrt nach Süden war ohne Zwischenfall verlaufen, aber ein Risiko hatte trotzdem bestanden. Ben hatte sich exakt an die Geschwindigkeitsbegrenzungen gehalten und darauf gepocht, dass sie beide ihre Baseballmützen trugen und die Sonnenblenden herunterklappten, um ihre Gesichter vor den zahlreichen Kameras zu verbergen, die entlang der Autobahn installiert waren.

      Er blickte zur Seite, als Joe das Fahrzeug umrundete, neben ihm stehen blieb und die Hand auf die Waffe an seiner Hüfte legte.

      »Beruhige dich«, sagte Ben. »Außer uns ist niemand hier.«

      »Bist du sicher?«

      »Na klar.« Er griff in seine Tasche, zog eine Schachtel Zigaretten heraus und klopfte eine davon in die Handfläche, das kleine Feuerzeug fiel einen Tick schneller in seine Hand. Er schnippte sich die Zigarette zwischen die Lippen, zündete sie an, steckte das Feuerzeug wieder in die Schachtel und warf sie dem anderen Mann zu. »Hier. Lass uns ein paar Schritte gehen.«

      »Ich dachte, sie würden es irgendwo deponieren, wo wir es leicht finden könnten«, brummte Joe und nahm sich eine Zigarette, bevor er das Päckchen wieder zurückgab. »Sie wissen doch, dass wir unter Zeitdruck stehen.«

      Ben kicherte. »Was? Damit die Hälfte der Kids aus der Nachbarschaft es klauen können, bevor wir hier auftauchen?« Er prustete los. »Ganz bestimmt nicht.«

      Sie gingen an vernagelten Fenstern vorbei, das Schild eines Immobilienmaklers hing an einer Fassade, von der Sonne ausgeblichen und mit Graffiti überzogen.

      Als sie um die Ecke des Gebäudes bogen, betraten sie eine breitere Gasse, die auf einer Seite von den leeren Firmengebäuden und auf der anderen Seite vom Nachbargrundstück gesäumt wurde. Die Mauer zum Nachbargrundstück verschwand fast hinter einer Ansammlung von Müllcontainern und Altmetallteilen.

      Ben warf einen prüfenden Blick über seine Schulter und deutete dann auf einen zweiten Geländewagen, der auf halbem Weg in der Gasse stand.

      »Bingo«, sagte er. Er reichte Joe die Schlüssel zu ihrem Geländewagen. »Hol das Auto her. Wir tauschen die Wagen hier.«

      Als sich Joes Schritte entfernten, ging Ben auf das andere Fahrzeug zu. Er ließ den Strahl seiner Taschenlampe über die Karosserie gleiten und grunzte dann anerkennend beim Anblick der unscheinbaren Lackierung und des undefinierbaren Alters.

      Ein zu neuer Wagen würde nämlich unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Bei einem zu alten Fahrzeug würden sie hingegen riskieren, von der Polizei angehalten zu werden.

      Er ging in die Hocke und griff unter den Radkasten, dort tastete er so lange mit den Fingern herum, bis er die weiche Oberfläche des Isolierbandes spürte und zog daran.

      Der Autoschlüssel fiel ihm entgegen und er richtete sich gerade wieder auf, als Joe hinter ihm mit eingeschaltetem Standlicht um die Ecke bog. Er hob die Hand, um seine Augen vor dem Licht zu schützen, schloss das Ersatzfahrzeug auf und rutschte dann hinter das Lenkrad.

      Nachdem Joe ihren alten Geländewagen abgestellt hatte, verstauten die beiden Männer den silbernen Behälter behutsam im Kofferraum des neuen Wagens, dann falteten sie eine Plane auseinander und deckten


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