Schwerwettersegeln. Peter Bruce

Schwerwettersegeln - Peter Bruce


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mit einem Bändsel am Fall befestigt und der Bolzen selbstsichernd sein. Hat man ein zweites Großfall, ist das Anschlagen des Schäkels etwas einfacher. Ist die Dirk aus wenig dehnbarem Material, kann man sie als Ersatzfall einsetzen. Das setzt allerdings voraus, dass der Rohrkicker absolut stabil ist oder dass der Baum auf dem Kajütdach oder an Deck festgelascht ist. Ideal ist eine stabile Baumstütze, auf der man den Baum mit dem aufgetuchten Groß festlaschen kann. Solide Strecktaue und ein festes Kajütdach machen einen Segelwechsel hinterm Mast sicherer und einfacher.

      Zu bedenken ist, dass das am Trysegel angeschlagene Großfall unangenehm laut gegen den Mast schlagen kann, wenn das Segel gesetzt ist. Ändert man die Spannung des Großfalls, ändert sich die Frequenz, aber bei Sturm ist es absolut unmöglich, in den Mast zu klettern, um es zu sichern. Ein Heilmittel ist, am Kopf des Trysegels ein verstärktes Gurtband mit Rutschern in geeigneten Abständen zu befestigen, das bis auf einen halben Meter an die Seilscheibe in der Mastspitze heranreicht. Die Rutscher des Gurtbandes müssen so in den Gleitschlitz im Mast eingeführt werden, dass das Band nicht verdreht ist. Zum Stauen sollte es später aufgerollt und sorgfältig zusammengebunden werden.

      Am Hals des Trysegels wird eine stabile Leine befestigt, die an einem festen Punkt unter dem Baum belegt wird. Sie muss so lang sein, dass das Trysegel über dem aufgetuchten und gesicherten Großsegel steht. Über einen geeigneten stabilen Punkt muss man sich einige Gedanken machen, insbesondere wenn alle Fallen nach hinten ins Cockpit umgelenkt werden. Wird die Leine direkt am Lümmelbeschlag belegt, kann es ein, dass sie an dem aufgetuchten Großsegel scheuert. Man sollte sich auch Gedanken über einen geeigneten Befestigungspunkt machen, für den Fall, dass der Lümmelbeschlag gebrochen ist.

      Bei einem Rigg mit Lazy-Jacks sollten diese nach vorn und über eine Klampe auf eine Seite des Masts gezogen werden, noch bevor man das Trysegel an Deck auspackt.

      Es gibt unterschiedliche Methoden, das Trysegel zu setzen. Yachten mit einer Bermudatakelung und hölzernen Masten haben vielfach zwei Gleitschienen nebeneinander, eine fürs Groß und eine zweite fürs Trysegel. Die Methode, das Vorliek des Trysegels mit Gurtbändern, die um den Mast gelegt sind, zu befestigen, ist nicht durchführbar, wenn sich die Gurte an den Mastbeschlägen verhaken. Einige Yachten haben eine sehr kurze Gleitschiene, die mit der Hauptschiene verbunden ist. Yachten mit Gaffelrigg haben für das Trysegel eine eigene Gaffel. Bei den heute am meisten verbreiteten Aluminiummasten kann in manchen Fällen eine zweite Schiene neben der Hauptschiene angebracht werden. Dabei kann es allerdings zu einem Problem kommen, wenn die Mastschlitten eines voll durchgelatteten Großsegels bei weit ausgestelltem Segel an der Trysegel-Schiene anliegen. Ideal ist es, wenn die Schiene bis nahezu an Deck reicht, damit man die Rutscher des noch im Sack gestauten Segels bereits aufreihen, die Schoten auslegen und es auf Kommando heißen kann.

      Willy Ker und Michael Thoyts, zwei erfahrene Blauwasser-Einhandsegler, segeln grundsätzlich mit einem am Mastfuß angeschlagenen Trysegel, das sie bei Bedarf sofort heißen können. Nachteile sind, dass es auf dem mit Antirutschfarbe gestrichenen Deck schamfilen oder verloren gehen kann oder auf einer derart exponierten Position nur ein kurzes Leben hat.

      Wer ein in den Mast einzurollendes Groß hat, kann auf den Gedanken kommen, er brauche kein separates Segel, da er ja das Groß bis auf eine sehr kleine Fläche reffen kann und es im Schothornbereich besonders verstärkt wurde. Obwohl die Rollgroß-Anlagen immer besser werden, geht das nur so lange gut, bis irgendetwas klemmt oder bricht. Vieles spricht für ein Rollgroß, und viele Segler sind mit solchen Anlagen hochzufrieden, aber auf gute Qualität und Ausführung sollte in jedem Fall geachtet werden. Und selbst dann können noch Probleme auftreten, wie Sir Ben Ainslie in seinen Flitterwochen feststellen musste. Wird das Großsegel in den Baum aufgerollt, muss der Baum sehr genau ausgerichtet sein, um ein brauchbares, gerefftes Großsegel zu erzielen. Bei diesen Anlagen kann sich im Notfall das gesamte lose Vorliek unkontrollierbar über Deck abrollen, wenn das Fall in einer Böe losgeworfen werden muss.

      Das Trysegel sollte an Bord das am leichtesten zu setzende Segel sein, weil das die schwierigste Arbeit an Deck sein kann. Ist keine zweite Schiene vorhanden, müssen die Rutscher des komplett gerefften und fest auf den Baum geschnürten Groß aus der Gleitschiene gezogen werden, um die Rutscher des Trysegels einzuziehen. Das ist eine Arbeit, die einen bei den vorhandenen Bedingungen an den Rand der Verzweiflung treiben kann – die aber wichtig ist, wenn man so bald wie möglich Fahrt voraus machen muss, um sich zusammen mit einer Sturmfock von einer Leeküste frei zu kreuzen.

      Für Eigner, die in der Gleitschiene für das Groß eine Sperre haben, die gelöst werden kann und die oberhalb des aufgetuchten Groß liegt, ist die Bedienung der Sperre sehr schwierig, weil sie zum einen mit ausgestrecktem Arm kaum zu erreichen ist und zum anderen viele Rutscher des Groß erst herausgenommen werden müssen, um die neuen des Trysegels einführen zu können. Diese Arbeit gerät zur Katastrophe, wenn das Groß durchgehende Latten hat. Bei einem Liektausystem mit Keepschiene wird das Groß komplett aus der Keep gezogen, das Liektau des Trysegels eingeführt und das Segel gehisst. Das funktioniert einfach – bis auf den Umstand, dass das komplett vom Mast gelöste Groß selbst von einer hart arbeitenden Crew kaum zu bändigen ist. Somit bleibt: Das beste System besteht aus einer langen, separaten Zusatzschiene für Rutscher.

      Bei den meisten modernen Yachten ist die am weitesten verbreitete Methode, den Baum – wenn er nicht gebraucht wird – mit der Dirk anzuliften oder den Rohrkicker und die Großschot hart durchzusetzen, um ihn so zu sichern – obgleich er so den größten Winddruck verursacht. In der Zeit, als lange Großbäume modern waren, war die Antwort, den Baum entweder in den Galgenstützen oder die Nock des Baumes fest an Deck zu sichern. Bei Yachten mit einem Rohrkicker, festen Windschutzscheiben oder Spritzkappen ist das Herablassen des Baumes bis an Deck kaum möglich. Die Baumnock, an Deck befestigt, ist zudem ein Hindernis für grünes Wasser, das quer über Deck bricht. Noch unbefriedigender wird die Sache, wenn man wendet und der Baum auf der Luvseite liegt. Bei dem Sydney–Hobart Race 1998 wurde der Rudergänger von Bord gespült und ging tragischerweise verloren, weil die Stütze, an der der Baum festgelascht war, abbrach und in der See verschwand. Ist keine Stütze zur Sicherung des Baumes vorhanden, ist die beste Methode, den Baum anzuliften und ihn mit zwei schräg zur Seite gespannten Taljen zu sichern. Die Großschot allein verhindert nicht, dass der Baum hin und her schlägt. Wichtig ist, den Baum tiefer als das Unterliek des Trysegels herabzulassen und die leewärtige Schot auf die richtige Seite der Dirk zu schoten.

      In einem Bericht steht, dass eine niederschmetternde Welle ein Loch in das aufgetuchte Groß gerissen hat. Deshalb ist es äußerst wichtig, das Groß so dicht wie möglich aufzurollen oder es mit Zeisingen oder Ersatzleinen im Abstand von 30 Zentimetern so eng auf den Baum zu pressen, dass die Angriffsfläche so klein wie möglich ist. Bei einem Lazy-Bag kann das Großsegel unter dem Reißverschluss sicher verstaut werden. Es ist egal, welche Lösung gefunden wird – auf alle Fälle muss jegliches Scheuern, das Groß- oder Trysegel beschädigt, verhindert werden.

      Einige Yachten können besser mit Trysegel als mit Großsegel und Fock beidrehen, da sie beim Beidrehen nur unter Trysegel weniger Fahrt voraus machen und im Bereich des durch die Abdrift ruhigeren Wassers in Luv bleiben. Andere Yachten können besser nur mit der Sturmfock beidrehen. David Cowper berichtete von seinem erfolgreichen Einsatz des Trysegels, als er auf seiner zweiten Einhand-Weltumseglung bei der Rundung des Kap Hoorn mit seiner Yacht OCEAN BOUND in eine Reihe von Stürmen bis Beaufort 11 geriet, die ihm über eine Woche ins Gesicht bliesen. Er setzte sein orangefarbenes Trysegel, beobachtete, dass die Schiffsbewegungen ruhiger wurden und all das überkommende Wasser schnell ablief. Jedoch benutzte er das Trysegel bei seinen über 200 000 Seemeilen in hohen Breiten erst zum zweiten Mal. Willy Ker setzte bei vielen Meilen auf den Ozeanen auch nur zweimal das Trysegel. Andere Fahrtensegler nutzen ihr Trysegel dagegen regelmäßig und auch in weniger schwerem Wetter bei Bft 6-8, wenn es nicht so sehr um die Geschwindigkeit als vielmehr um ein angenehmeres Seeverhalten geht. 1979 setzten bei dem Fastnet-Sturm zwölf von 303 Yachten ein Trysegel und bei dem Sydney–Hobart Race 1998 47 von 115 Teilnehmern, obgleich es für Beaufort 12 viel zu groß war. Die BERRIMILLA war eine Ausnahme. Ihr Trysegel war nicht zu groß. Obwohl sie mehrfach aufs Wasser gedrückt wurde, schwappte fast die gesamte geschlossene Wassermasse unter dem Segel durch und lediglich die Gischt flog ins Segel. Damit kam das Boot ausgesprochen gut zurecht. Einige sind der Meinung,


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