Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe). О. Генри

Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen &  Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe) - О. Генри


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will ich wahrhaftig und von Herzen gern,« versicherte die behäbige Matrone. »Wenn Mylord sich lieber selbst ankleidet, soll er's nur thun, und ich werde dabei stehen und warten, ob ich nicht etwas helfen kann.«

      »Das ist nett von Ihnen, denn manchmal ist's ein bißchen schwierig mit den vielen Knöpfen, und dann kann ich Sie doch fragen.«

      Er fand, daß diese Dawson eine sehr gute Frau sei, und als sie mit dem Bade und dem Ankleiden zu Ende waren, hatte er schon viel Interessantes erfahren und die Freundschaft war geschlossen. Er wußte, daß ihr Mann Soldat gewesen und in einer richtigen Schlacht ums Leben gekommen war, daß ihr Sohn Matrose sei, und daß sie selbst ihr lebenlang für die verschiedensten Kinder gesorgt und jetzt eben aus einem sehr vornehmen Hause kam, wo sie ein wunderschönes kleines Mädchen, Namens Lady Gwyneth Vaughn, bedient hatte.

      »Und die ist auf eine Art mit Mylord verwandt,« schloß Dawson, »vielleicht werden Sie sie einmal sehen.«

      »Glauben Sie wirklich?« sagte Cedrik erfreut. »Das würde mich sehr freuen! ich kenne noch gar kein kleines Mädchen, aber ich habe sie immer gern angesehen.«

      Als er in das anstoßende Zimmer trat, das ebenfalls sehr groß und hoch war, und von Dawson hörte, daß das nächste, dritte Zimmer auch ihm gehöre, überkam ihn das Gefühl seines Kleinseins wieder so mächtig, daß er sich gegen Dawson darüber aussprach, während er an dem hübsch gedeckten Frühstückstische Platz nahm.

      »Ich bin ein sehr, sehr kleiner Junge,« sagte er ziemlich gedrückt, »dafür, daß ich in so einem großen Schlosse leben und so viele Zimmer haben soll – meinen Sie nicht auch?«

      »Ach du liebe Zeit,« tröstete Dawson, »das kommt Ihnen nur jetzt im Anfang alles fremd vor, das wird bald vorbei sein, dann gefällt's Ihnen herrlich, 's ist ja so schön hier!«

      »Freilich ist es schön,« stimmte Fauntleroy mit einem halben Seufzer bei, »aber es würde noch viel schöner sein, wenn mir Herzlieb nicht so fehlte. Ich habe jeden Morgen mit ihr gefrühstückt und ihr Zucker und Sahne in die Tasse gethan, und ihr den Toast gereicht. Das war natürlich viel angenehmer.«

      »Ach was, Mylord kann sie ja jeden Tag sehen, und da wird's denn kein Ende nehmen mit Erzählen. Du lieber Himmel! Warten Sie's nur ab, bis Sie überall gewesen sind, und sich alles angesehen haben, die Hunde und die Ställe ganz voll mit Pferden. Es ist eins darunter, das Ihnen gewiß gefallen wird –«

      »Wirklich?« rief Fauntleroy. »Ich habe die Pferde sehr gern. Zu Hause, da hatt' ich Jim so gern; das war Mr. Hobbs' Pferd und ging am Spezereiwagen. O, Jim war ein schönes Pferd, wenn es nicht ausschlug.«

      »Nun, warten Sie's nur ab, was Sie hier in den Ställen zu sehen kriegen. Ach, und meiner Seel', Sie haben ja noch nicht einmal ins andre Zimmer geguckt.«

      »Was gibt's denn da?« fragte Cedrik neugierig.

      »Frühstücken Sie nur erst, dann wollen wir schon sehen.«

      Nach dieser geheimnisvollen Andeutung ging es natürlich sehr rasch mit dem Frühstück, und mit einem erleichterten: »So, jetzt bin ich fertig,« glitt Seine Herrlichkeit vom Stuhle herab.

      Dawson nickte und wies nach der Thür, wobei sie äußerst geheimnisvoll und vielsagend drein schaute, so daß seine Spannung sich gewaltig steigerte. Nachdem sie die Thür geöffnet hatte, blieb er auf der Schwelle stehen, sprachlos, die Hände in den Taschen, ganz rot vor Aufregung; was er sah, war auch ganz dazu angethan, ein Kinderherz zu überwältigen.

      Das Zimmer war ebenfalls groß, wie hier alles zu sein schien, und es kam ihm noch weit schöner vor, als all die übrigen, nur ganz anders. Die Möbel waren nicht so altertümlich und schwerfällig wie die unten, die Stoffbehänge an Fenstern und Thüren waren heller und leichter, ringsum waren Bücherbretter voll besetzt, und auf den Tischen stand eine ganze Menge Spielsachen, wunderbare, kunstvolle Dinge, wie er sie an den großen Schaufenstern in New York so manches Mal sehnsüchtig angestaunt hatte.

      »Das sieht aus wie eines Jungen Zimmer,« sagte er endlich, tief aufatmend. »Wem gehört das alles?«

      »Gehen Sie doch hinein und sehen sich's an,« sagte Dawson. »Das ist alles für Sie!«

      »Für mich!« rief er. »Mir gehört das? Warum? Wer hat mir das geschenkt?« Und mit einem Jubelschrei sprang er mitten in das Zimmer. »Das kommt vom Großpapa,« sagte er mit funkelnden Augen. »Ich weiß es gewiß, das kommt vom Großpapa!«

      »Gewiß,« bestätigte Dawson, »und wenn Sie ein artiger junger Herr sein und nicht bei jeder Kleinigkeit ärgerlich werden wollen und den ganzen Tag vergnügt und lustig sein, so gibt er Ihnen, wonach Ihr Herz begehrt.«

      Das war ein aufregender Vormittag. Was gab es da alles zu besehen und zu untersuchen, jedes einzelne Ding war so interessant, daß man kaum davon loskommen konnte. Und dann war es doch gar zu merkwürdig, zu denken, daß das alles für ihn herbeigeschafft worden war, daß, noch ehe er New York verlassen, alle diese Herrlichkeit für ihn vorbereitet worden war.

      »Haben Sie je von so einem guten Großvater gehört?« fragte er Dawson mit Begeisterung.

      Dawson war erst seit wenigen Tagen im Hause, aber im Dienerschaftszimmer hatte sie schon mancherlei von den Eigenheiten des alten Herrn gehört.

      »Von all den sündhaften, jähzornigen, wilden alten Kerls, deren bunten Rock zu tragen ich das Pech gehabt, ist der hier der ärgste Wüterich,« hatte sich Thomas, der lange Bediente, geäußert.

      Und dieser selbe Thomas hatte auch mit angehört, in welchen Worten der Graf Mr. Havisham gegenüber diese zarte Fürsorge für seinen Enkel begründet hatte, und hatte nicht verfehlt, dieselben in den unteren Regionen zu wiederholen.

      »Man läßt ihm den Willen und füllt seine Zimmer mit Spielzeug,« hatte Mylord gesagt. »Gebt ihm, was ihm Spaß macht, dann wird die Mutter schnell vergessen sein – das ist Kinderart.«

      Bei diesen liebenswürdigen Absichten war die dem Grafen vorbehaltene Entdeckung, daß es dieses Kindes Art nun eben nicht sei, keine erfreuliche für denselben. Er hatte eine schlechte Nacht gehabt und war den Vormittag über in seinem Zimmer geblieben. Nach dem zweiten Frühstück ließ er aber den Enkel doch rufen.

      Sofort vernahm er kurze, hastige Schritte in der Halle, und mit heißen Wangen und blitzenden Augen trat Cedrik bei ihm ein.

      »Ich habe immer gewartet, ob du nicht nach mir schicken würdest,« sagte er, »und ich danke dir viel tausend-, tausendmal für all die schönen Sachen! Den ganzen Vormittag hab' ich damit gespielt!«

      »So, so!« versetzte der Graf. »Sie gefallen dir also – hm?«

      »O, und wie! Das kann ich dir gar nicht sagen!« beteuerte Lord Fauntleroy freudestrahlend. »Eins ist dabei, das ist gerade wie base-ball, nur daß man's auf einem Brett spielt mit schwarz und weißen Zapfen. Ich hab's Dawson zeigen wollen, aber sie hat's nicht recht verstanden – natürlich, weil sie eine Dame ist, hat sie ja nie Ball gespielt, und ich hab's wahrscheinlich nicht gut erklärt. Aber du kennst's doch?«

      »Ich fürchte, nein,« versetzte der Graf. »Das ist wohl ein amerikanisches Spiel, nicht? Etwa wie Cricket?«

      »Cricket habe ich nie gesehen; aber Mr. Hobbs hat mich einigemal mitgenommen, um base-ball spielen zu sehen. Ein ganz famoses Spiel! O, man wird so aufgeregt! Soll ich das Spiel holen und dir zeigen? Vielleicht gefällt dir's so gut, daß du deinen Fuß ganz vergißt – thut er dir heute sehr weh?«

      »Mehr, als mir lieb ist, wenigstens.«

      »Dann kannst du's vielleicht nicht vergessen,« sagte Ceddie mit besorgter Miene. »Vielleicht wär dir's dann lästig, das Spiel zu lernen.«

      »Geh nur immerhin und hole es,« entschied der Graf.

      Es lag wieder ein ironisches Lächeln um seinen Mund, als Cedrik mit der Schachtel im Arm und dem größten Feuereifer in seinem frischen Gesichte zurückkam.

      »Darf ich den kleinen Tisch zu dir hinschieben?« fragte er.

      »Klingle


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