Krimis & Erotische Erzählungen. Walter Serner

Krimis & Erotische Erzählungen - Walter Serner


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zurückkehrte, erwies sich die Frucht als reif.

      Moo hauchte nämlich hingerissen: »Fuhrmatz, ich bewundere dich.«

      Und Fuhrmatz senkte eitel die Lider und sandte gleichdarauf Calenowitsch einen spitzigen, sachte triumphierenden Blick zu.

      Noch am selben Abend vollendete Calenowitsch seine Rache.

      Er bat Moo zum ersten Mal, nach dem Diner nicht zu kommen, da er und Fuhrmatz einen Herrn bei sich empfangen müßten. Moo glaubte es selbstverständlich nicht. Sie war überzeugt, daß das Spiel sich endgültig zu wenden begann, und ging, ein sieghaftes Lächeln auf den frischen Lippen, frühzeitig zu Bett.

      Unterdessen erwies sich Calenowitsch, während er mit Fuhrmatz, seit langem zum ersten Mal bei dieser Gelegenheit zu zweit, schwarzen Kaffee trank, als abnormal schweigsam und bleich. Fuhrmatz, in manch einer Hinsicht unwillig, fragte schließlich, mehr aus primitivster Höflichkeit, denn auch nur in kleinster Anteilnahme, ob er vielleicht nicht ganz wohl sei.

      Calenowitsch schwieg düster.

      Fuhrmatz zuckte verächtlich die Achseln.

      Da schob Calenowitsch plötzlich den Ärmel empor und wies mit dem Finger auf gewisse kleine runde zackige rote Flecke.

      Fuhrmatz begriff durchaus nicht. »Bist du verrückt?«

      Calenowitsch lächelte traurig. »Nein. Aber ich werde es bestenfalls in zwanzig Jahren tatsächlich sein.«

      »Ja, bist du denn wirklich übergeschnappt?«

      »Keineswegs. Bloß krank.«

      »Kra-a-a-ank?«

       Fuhrmatz begriff endlich. Und erbleichte.

      »Aber du hast doch seit Wochen nur mit Moo …« entrang es sich ihm mühsam.

      »Ich zweifle auch nicht im mindesten daran, daß sie mir dieses liebliche Geschenk machte.« Calenowitsch ließ das Haupt ein wenig sinken.

      Nach einigen Sekunden auch Fuhrmatz …

      Am nächsten Tag fuhr Fuhrmatz, der diese Absicht nur Moo’s wegen bisher aufgeschoben hatte, nach einem rührenden Abschied von Calenowitsch zu seinen Eltern nach Zwickau auf Besuch.

      Calenowitsch, der aus übergroßem Zartsinn sich weigerte, mitzufahren, hatte Fuhrmatz versprechen müssen, sich mit größter Fürsorge zu heilen, und dieser versprach seinerseits, schon in vier Wochen wiederzukommen.

      Endlich allein, wischte Calenowitsch die weiße Creme, die er aufgelegt hatte, vermittels Spiritus sich vom Gesicht, nahm ein heißes Bad, um die kleinen roten Bemalungen zu entfernen, und machte, wiederum zum ersten Mal, Moo, die es ihrer Reputation wegen nicht liebte, im Hotel von Herren aufgesucht zu werden, daselbst einen Besuch.

      »Fuhrmatz ist heute abgereist,« sagte er ganz unvermittelt.

      »Was? … Ach, das ist ja nicht wahr.« Moo war aber doch irgendwie überrascht.

      »Und zwar nach Wien. In eine Klinik.«

      »Klinik?«

      »Der arme Junge!« Calenowitsch ließ abermals sein Haupt sinken.

      »Aber war ist denn nur los … Was hat er denn auf einmal …«

      »Die Syphilis.«

      Nach zwei Tagen verließ Moo Nizza, ohne auch nur von ihrem Calo sich verabschiedet zu haben.

      Dieser hatte sich freilich auch nicht mehr blicken lassen. Er zog es vor, die gesamte Wohnungseinrichtung Fuhrmatzens im Wege eines guten Verkaufs zu unterschlagen, und, Bars und Dancings ausgiebig frequentierend, herrlichen Selbstgefühlen sich hinzugeben.

      La dupe glissée

       Inhaltsverzeichnis

      Während Shup sich wild wusch, pfiff er: »Cousine, cousine, si gentille, si câline …«

      Zwischendurch verbeugte er sich, die Hände türkisch über der Brust gekreuzt, vor dem bemerkenswerten Busen einer weiblichen Photographie, die ihm gegenüber bespritzt an der Wand baumelte. Hierauf benützte er unter anderem einen halbblinden Handspiegel, lächelte sich begeistert zu, grimassierte und ging schließlich ärgerlich, wenn auch nicht grundlos auf die Treppe.

      Daselbst hörte er ein aus der Etage unter ihm dringendes heiseres Frauenorgan:»… man muß doch den Mädchen in diesem Alter die Möglichkeit geben …«

      Shup retirierte sich fluchtartig. »Gräßlich!«

      Auf seiner Chaiselongue plazierte er genießerisch ein Stückchen Würfelzucker auf die Zunge und goß langsam Wasser nach. Diese Prozedur wiederholte er eben zum dritten Mal, als, ohne anzuklopfen, Yvonne eintrat:

      »Was machst du denn da? Fehlt dir etwas?«

      »Nein, mein Engel. Ich frühstücke.«

      Yvonne lachte so lange, daß Shup gemächlich ihr Handtäschchen öffnen und sieben Gianaclis und drei Francs daraus entfernen konnte.

      Yvonne wurde endlich still. Dann aber platzte sie, wie bis an die Lippen voll, von neuem los.

      »Du hast ein schlechtes Gewissen,« orakelte Shup, beobachtend die Unterlippe beißend. »Dieses Gelächter ist auch in Ansehung meiner ganz außerordentlichen Fähigkeiten zu viel, ma cherie.«

      »Shup, hast du heute Zeit?«

      Shup schloß überlegend langsam die Augen.

      »Mensch, tu doch nicht so!«

      Shup war gerührt: »Nun, mein Engel?«

      »Affe! … Willst du um sechs Uhr im Café de la Fregatte sein?«

      »de la Freg … Kenne ich nicht.«

      Yvonne zerrte ungestüm an einem vorhangähnlichen Gebilde in der nächsten Umgebung des Fensters. »Natürlich kennst du es. Diese Kaschemme in der Rue du Bac.«

      »Ça va?« Rosanette stand plötzlich in der Tür.

      Yvonne begann eigenartig zu summen. Die Marseillaise.

      » Ah, du bist hier?« Rosanette setzte sich mit unvorstellbarer Vornehmheit auf eine Art Podium.

      Ein gefährliches Schweigen hub an.

      »Chou-ou-crou-ou-oute!« Eine absonderliche Kreuzung von Schrei, Pfiff und hohem C, zog dieses Wort von der Straße herauf langgedehnt durch den Raum.

      Shups dadurch entstandenes glückliches Lächeln verging, als er sah, wie Yvonne nach ihrem Handtäschchen griff und intensiv darin herumkramte.

      Und schon sprang sie auf Shup zu und riß ihm die Zigarette aus den Fingern. »Voilà, Gianaclis! Also hast du auch meine drei Francs! Her damit, du Affe!«

      Shups Muskeln spielten kurz, bevor er sich lässig und drohend erhob.

      »Au revoir, Shup! Da bin ich nicht gern dabei!« Rosanette segelte in gut gelungenem Faltenwurf auf die Tür zu.

      »Qu’est-ce que tu fais avec cette gougnotte-là?« rief Yvonne wohlgezielt.

      Rosanette bremste augenblicklich. Ihre schwungvollen Falten legten sich. Ihr hübsches Gesicht wurde trotz bedeutendem Farbenarrangement puterrot.

      Etliche Sekunden war es, als glotzten die drei auf den imaginären Mittelpunkt des Dreiecks, das sie ins Zimmer standen.

      Dann aber kollerte die Wut Rosanettes von der Zunge: »Et toi? Qu’est-ce que tu fais au Café de la Fregatte? Avec ce Laurent, cette tapette sans le sou, hein?«

      Ohne daß es Shup möglich gewesen wäre, zu sehen, wie es geschah, lagen die beiden plötzlich eng umschlungen und stöhnend einander in den Armen. Dann aber fuhren jäh Hände hoch, spitze Schreie explodierten, Kleider prasselten, Haare spritzten.

      Shup


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