Die großen Western Classic 38 – Western. Frank Callahan

Die großen Western Classic 38 – Western - Frank Callahan


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traue ich nicht über den Weg. Komm mit, Ashton!«

      Sie bringen ihre Blechnäpfe zurück, machen dann aber einen Umweg und halten zwischen den Steinen an. Es ist die Stelle, an der Rankin ein Seil versteckte und sich die Stränge in die Hosennähte zog.

      Happy Jack Harrington dreht sich um, blickt auf die schroffen Felsen an der Wegbiegung.

      »Ashton, komm her!«

      Für Ashton genügt ein Blick. Er zuckt zusammen.

      »Man kann von oben alles sehen, was zwischen den Steinen hier geschieht. Aber er müsste schon auf die Felsen gestiegen sein, um herabzublicken.«

      »Hat er das getan, weißt du das noch?«, fragt Happy Jack. »Saß er genau dort?«

      »Nicht auf den Felsen, Happy. Er hockte zwischen ihnen im Schatten.«

      Harrington geht auf die steile Wand zu und wartet in ihrem Schatten, bis Kenton wieder unter seinem Karren liegt. Zwar stehen ganz oben auf der Wand die Wachtposten, aber die Sträflinge können sich im Steinbruch frei bewegen. Es ist unmöglich, über die Wände zu steigen und zu flüchten.

      Keine zwei Minuten darauf ist Harrington, dem Ashton folgt, auf dem Weg und an den Felsen.

      »Wo saß ›Ratte‹, Ashton?«

      »Hier, hinter dem nächsten Block.«

      Happy Jack macht drei Schritte, dann bleibt er stehen und blickt auf die Aschenreste in dem Spalt zwischen den Steinen. Es hat wochenlang nicht geregnet. Die beiden Felsblöcke klaffen hier auseinander. Eine Art Kimme gibt den Blick auf den Steinbruch und jene Ansammlung von Blöcken frei, in deren Mitte sich Rankin die Hosen auszog und den Strick versteckte.

      Ashton wird bleich, als er von der großen Hand Happy Jacks an die Kimme geschoben wird.

      »Mann«, sagt er gepresst, »das ist ja …«

      »Ja, ein Loch, das von unten nicht zu erkennen ist. Hier hat die verdammte Ratte gesteckt und alles gesehen. Darum haben sie gewusst, wo der Strick unter dem Geröll versteckt lag. Jetzt ist mir alles klar.«

      Er flucht, bückt sich und zerreibt die Asche zwischen den Fingern. Er scheint Ashton vergessen zu haben. Happy Jack Harrington murmelt vor sich hin, lacht plötzlich.

      »Das ist es«, sagt er, als Ashton sich räuspert. »Er raucht doch so gern. Ohne Tabak kann der nicht leben. Zigarrenasche. Woher hat der Halunke die Zigarre gehabt? Wir bekommen doch nur Tabak. Komm, der Kerl schleicht da unten schon wieder herum!«

      Tatsächlich hat »Ratte« Kenton seinen schattigen Platz unter dem Wagen verlassen. Und schlendert im Steinbruch umher. Happy Jack und Ashton verdrücken sich, tauchen dann – ungesehen von Kenton – unterhalb des Weges zwischen den Steinen auf und trotten wieder auf ihre Arbeitsstelle zu. Aus den Augenwinkeln beobachtet Harrington das Rattengesicht und sagt zischelnd: »Der verfluchte Spitzel. Zigarre …, sieh mal einer an. Die haben nur die Aufseher, also kann er sie auch nur von einem der Bluthunde bekommen haben. Ashton, er liegt doch mit Alvis zusammen, oder?«

      »Ja.«

      »Den kennt Alvis. Der sitzt mit ihm hinten auf dem Wagen, der euch zurück ins Jail bringt. Red mit Alvis. Frag ihn, ob die Ratte vielleicht ein paar Tage von der Sache mit Henry Rankin mal in der Verwaltung bei Dewey oder Larabee gewesen ist. Alvis müsste es wissen, der lässt sich nichts gegenüber der Ratte anmerken. Frag ihn auf der Rückfahrt, verstehst du?«

      Ashton blick Harrington an und denkt, dass »Ratte« bisher alle verpfiffen hat.

      »Ja«, sagt Ashton. »Und wenn er bei den Aufsehern gewesen ist, was dann?«

      »Nichts, was du wissen musst«, antwortet Harrington. »Es ist immer besser, wenn man nichts weiß, klar? Dann kann man bei allen Fragen die Achseln zucken, wenn jemand einen ›Unfall‹ hat, verstehst du, Ashton?«

      *

      Als Tom Kelly auf den Wagen steigt, gewinnt er den Blick in die Tiefe des Steinbruchs. Schnaufend nimmt er seinen Hut ab. Und weder Höllen-Bäcker noch Saylor, der andere Aufseher, der das Herankarren der Steine bewacht, messen dieser Hutbewegung irgendeine Bedeutung bei.

      Kelly aber kann tief unten Rankin sehen. Der trägt ein knallrotes Halstuch, das sich von der nackten Brust krass abhebt.

      Unten nimmt Rankin nun auch seinen Hut ab und wischt sich die Stirn. Dann arbeitet er weiter.

      Während die beiden Aufseher miteinander sprechen, nimmt Kelly die Steine an, die von den anderen drei Sträflingen heraufgeschleppt werden. Nach einer Weile steigt Dexter, der dritte Sträfling, auf den Wagen, um Kelly abzulösen. Der Kasten füllt sich mit Steinen, aber es wird Mittag, ehe er vollgepackt ist.

      Kelly richtet es so ein, dass er als Letzter davongeht. Baker wandert bereits mit Saylor zum Wachhaus am Drahtzaun, der den Steinbruch absperrt, um dort zu essen. Keiner der Aufseher sieht, dass Kelly einen dreieckigen Stein unter das eine Hinterrad des Wagens klemmt.

      Narren, denkt Kelly und nimmt sein Hemd vom Bremshebel. Ihr seid so blind wie alte Eulen am Tag.

      Er schiebt den Hebel nach vorn. Durch den beladenen Wagen geht ein Ruck. Gefährlich knirscht der dreieckige Stein hinten, aber er hält den Wagen fest. Die Rechnung, die sich jemand gemacht hat, ist aufgegangen.

      Der Wagen steht kurz vor dem steil abfallenden Hang, an dessen Kante die Quader gestapelt liegen. Rollt der noch nicht ganz vollgepackte Wagen auch nur zwei Schritte, dann befindet er sich auf dem Hang und wird nicht mehr zu halten sein.

      *

      Rankin nimmt das Halstuch ab und wedelt sich damit Luft zu.

      Das Zeichen, denkt Kelly, es ist soweit.

      Er nimmt den schweren Stein, wuchtet ihn hoch. Und dann tritt er auf irgendeinen anderen Stein dieses Haufens, den er aufgeschichtet hat.

      Kelly schreit erschrocken, als er kippt, aber niemand außer ihm weiß, dass es Absicht ist.

      Kelly kommt genau über dem Hinterrad zu liegen, hält den Brocken in beiden Händen und stößt ihn nach unten.

      Der Stein kracht auf den Brocken unten, dessen Dreiecksform genau richtig sein muss.

      Ein Knirschen, ein Ächzen, als der Dreieckstein zur Seite geschoben wird. Das Rad dreht sich vor Kelly, die schwere Eisenfelge knirscht mahlend auf den kleinen Steinbrocken des Bodens.

      »He, Kelly!«, schreit Baker, als der Wagen sich in Bewegung setzt. Thubman macht einen Sprung zur Seite und sieht, wie sich die Räder schneller drehen.

      »Haltet ihn! Haltet ihn!«

      »Nein, nicht!«, brüllt Kelly, krabbelt mit aufgerissenen Augen, Furcht im Gesicht, über die Steine. »Nicht rollen! Haltet ihn auf, haltet ihn!«

      Viel zu spät, das weiß er. Baker hat eine Sekunde wie erstarrt dagestanden. Die anderen blicken entsetzt auf das rollende Ungetüm.

      Schreiend klettert Kelly über die Steine. Baker rennt los, sieht Kelly sich oben festklammern, statt abzuspringen, und brüllt: »Runter, Kelly! Spring doch!«

      Polternd knallen und hüpfen die Räder über den unebenen Boden. Die Deichsel schwankt, als Kelly mit einem gellenden Aufschrei, keine sechs Schritte vor den Quadern, über die Kante des Wagens hechtet. Er schlägt hart auf, sieht sich aber dennoch um. Neben ihm rennt Baker, wirft die Arme hoch, brüllt sinnlose Worte.

      Und dann prallt der Wagen donnernd gegen die Quadern. Die Deichsel saust wie eine Sichel herum, als ein Stein das linke Vorderrad blockiert, direkt auf Baker zu.

      Die Deichsel schmettert gegen den linken Oberschenkel und schleudert den Aufseher wie eine Strohpuppe weg.

      Das tosende Poltern, das im nächsten Augenblick an der Kante ertönt, lässt sie Baker und dessen Bein vergessen. Dort stellt sich der Wagen quer, dreht sich noch einmal halb um sich selbst und kippt dann. Mit dem Endbrett voran stürzt der vollgeladene Transportwagen über die Kante. Quader fliegen nach rechts und links in die Tiefe. Den Bruchteil einer


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