Die großen Western Classic 38 – Western. Frank Callahan

Die großen Western Classic 38 – Western - Frank Callahan


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Esel zockelt mit dem Karren, auf dem Kenton sitzt, die steile Trasse hoch.

      Rechts von Kenton die Felskehre, jene Steine, hinter denen er gelegen und Rankin beobachtet hat. Unwillkürlich sieht sich das Rattengesicht nach Rankin um. Dort hinten hat Rankin die Säge losgelassen, wedelt sich mit dem Halstuch frische Luft zu. Es sieht aus, als winke Rankin ihm.

      Kenton blickt nach oben, denn dort poltert es so seltsam. Schreit da nicht einer?

      Das Rattengesicht erstarrt.

      Der Stein kommt – einer jener Quaderblöcke, die er selbst nach oben gefahren hat. Sieht seltsam aus, wie sich das schwere Ding, das fast dreihundert Pfund wiegt, wie ein Würfel in der Luft dreht und genau auf ihn zukommt.

      »Lauf!«, schreit Kenton und will seinen Esel antreiben. »Lauf, du Langohr, lauf doch!«

      Er kommt nicht durch, das sieht er nun. Also herum mit dem Karren, weg hier.

      Entsetzt blickt er hoch, als er den Esel nach links reißt.

      Bockend zerrt das Tier an der Deichsel, will herum, kommt aber nur mit dem Kopf auf die Wand zu. Jetzt steht der Karren quer zum Weg.

      Und dann kracht der erste Block herab. Steinsplitter schwirren wie Geschosse durch die Luft. Eins dieser zackigen Stücke trifft den Esel. Der schreit markerschütternd vor Schreck und springt an. Die Sielen straffen sich jäh, die Ketten des Baumes klirren. Und dann kommt ein anderer Stein herabgeschossen.

      Ein Bersten, als zerbräche ein Baum. Die Deichsel zersplittert kurz hinter dem Esel und vor dem schreienden Kenton, der die Arme über den Kopf reißt.

      Springen, Kenton!

      Er will hoch, aber da bricht die Deichsel durch. Der Karren kippt nach hinten, die Quadern kommen ins Rutschen. Und ›Ratte‹ Kenton stürzt rücklings auf sie. Einen Augenblick gewinnt er die Sicht nach oben, während er nach hinten gerissen wird.

      Der Wagen, denkt Kenton und sieht das Ungeheuer oben erscheinen, der Wagen kommt.

      Hinter ihm kracht der erste Quaderblock hart an die schroffe Kante des Weges. Der zweite, auf dem Kenton liegt, prallt auf den ersten, dreht sich.

      ›Ratte‹ Kenton wirft sich herum, kommt gerade noch zu Boden und sieht den zweiten Quader in die Tiefe sausen. Eine halbe Sekunde blickt Kenton in den Steinbruch hinab, schaudert vor der Tiefe zurück und wirbelt weg, will springen.

      Als er sich dreht, ist sein Karren da. Das Hinterende kommt gegen Kentons Brust und schiebt den Mann ganz langsam über den Felsblock hinweg. Die Räder schurren, als kein Esel mehr die Deichsel hält, auf dem schrägen Weg dem Abgrund entgegen.

      »Nein, nein!«

      Unten steht einer, hat die Säge losgelassen und hört die anderen Burschen brüllen.

      Henry Rankin starrt auf den Staub, den Wagen, der jetzt – wie ein Spielzeug anzusehen auf die Entfernung über die Kante kippt. Ein kleiner Punkt, mehr nicht, das ist ›Ratte‹ Kenton. Im nächsten Augenblick löst sich der Punkt von der Wegkante hoch oben. Ein kleiner Fleck, der in die Tiefe stürzt.

      Sträflinge schreien, lassen ihre Arbeit liegen und rennen los. Rankin sieht nur den kleinen Punkt unten an der Wand. Der Wagen schlägt auf die Kante, reißt den Quader mit. Beide fallen dem kleinen Punkt nach, der schon unten angekommen ist.

      Happy Jack Harrington stößt Rankin in die Seite.

      »Komm, sonst fällt es auf! Keiner achtet auf uns. Lauf, Henry!«

      Da reißt es ihn aus seiner Erstarrung. Er setzt sich in Bewegung, stürmt den anderen nach. Von allen Seiten rennen sie auf die Stelle zu, an der jener schwere Wagen herabgefallen ist.

      Trümmer, gebrochene Räder. Eine Deichsel liegt zwanzig Schritte weiter. Verstreut die Speichen wie Knochen eines Skeletts am Boden.

      Und unter dem Wagen …

      »Hochheben, schnell, Stangen her! Packt alle an, wuchtet die Trümmer hoch!«

      Christie brüllt, Darwin und Ames, der andere Aufseher, schreien durcheinander. Als die Sträflinge zugreifen und den Unterbock des Wagens so weit hochwuchten, dass Christie Kenton herausziehen kann, steht einer dicht daneben und blickt aschfahl Happy Jack Harrington in die Augen.

      Nichts als Eiseskälte ist in Harringtons Blick. Und nur Hass und Genugtuung in den Augen von Rankin.

      Männer tragen, argwöhnisch nach oben blickend, den stummen Kenton in den Schatten. Dort reißt man ihm das Hemd auf, flößt ihm Kaffee ein.

      »Er lebt noch«, sagt einer der Aufseher. »Sein Puls geht, Christie. Aber die Beine, sein Rücken …«

      Kenton bewegt die Lippen, schlägt die Augen auf.

      »Was hat er gesagt, Christie?«

      »Ihm sei so kalt, Borger. Hallo, Kenton!«

      Der sucht den Mann mit dem roten Tuch. Es sah aus, als habe Rankin winken wollen.

      Und dann sieht er Happy Jack Harrington.

      Ich muss es sagen, denkt Kenton, Christie muss ich es doch sagen. Es war Absicht.

      Sie sehen alle, dass er die Lippen bewegt, aber er spricht nicht. Er stiert Rankin und Harrington an, doch reden kann er nicht mehr.

      Kentons Lider flattern, sein Kopf sinkt zur Seite. Dieser Mann wird keinen mehr verpfeifen.

      »Er ist tot«, sagt Christie, und Rankin denkt, dass es überflüssige Worte sind. »Teufel, wie ist das passiert?«

      Sie sind fünf und könnten es ihm genau sagen. Aber sie schweigen sich aus, sie wissen gar nichts. Ein Unfall, wie?

      »Ich weiß nichts«, sagt Kelly, als sie ihn in die Zange nehmen und Larabee ihn durchbohrend ansieht. »Hätte nicht viel gefehlt, dann wäre ich selbst mit in die Tiefe gegangen, Sir. Was sagen Sie, Sir, ein Racheakt? Weiß ich, wer an den Hebel für die Bremsklötze gekommen ist. Fragen Sie doch Mr Baker, der müsste es gesehen haben. Vielleicht hat einer der anderen an den Hebel gestoßen. Wir mussten ja die schweren Steine schleppen. Da kann so was vorkommen, Sir.«

      Sie wissen nichts.

      Zu Alvis kommt ein anderer Mann in die Zelle.

      Und Ashton träumt nur ein paar Nächte immer das Gleiche: Kelly macht die Bremse los und lässt den Wagen rollen. Aber danach träumt er von dem Girl, das er zuletzt in Chinese Flat hatte.

      Man vergisst hier schnell, denn die Arbeit ist hart. Der Mai geht vorbei, der Juni hält mit noch stärkerer Hitze seinen Einzug.

      Im Steinbruch lastet die Hitze wie eine Glocke über halbnackten Leibern. An der Säge stehen Harrington und Lowry. Drüben arbeitet Kelly mit Rankin zusammen. Sie treiben an der linken Wand Löcher ins Gestein.

      »Übermorgen sind wir fertig«, sagt Rankin leise zu Kelly. »Sie werden den Wagen mit den Sprengpatronen herschaffen. Am Abend stopfen wir die Löcher noch voll, Tom.«

      »Wir müssen es so einrichten, dass der Wagen ankommt, wenn wir gerade fertig sind.«

      Rankin nickt kaum merklich.

      »Es wird kurz vor Feierabend sein, ehe wir mit den Löchern fertig sind«, flüstert Rankin. »Christie meldet es dann. Sie bringen das Zeug nicht früher, verlass dich darauf. Ich wette, dass sie eins der Gespanne nehmen werden, das sonst die Wagen mit den Sträflingen ins Jail fährt. Die sparen immer. Genau das wird ihr Fehler.«

      Zwei Kisten mit Sprengpatronen müssen hergeschafft werden. Im Jail werden sie sich sagen, dass es unsinnig ist, noch ein Gespann dafür zu brauchen, wenn doch zwei hier oben sind für die beiden Wagen. Also wird man das eine Gespann nehmen, um anschließend im leeren Wagen die Gefangenen nach Hause zu fahren.

      »Und wer wird fahren?«, will Kelly wissen. »Wer von ihnen darf an Sprengstoff heran?«

      »Larabee.«

      »Ausgerechnet der? Kann es denn kein anderer machen?«


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