10 Urlaubskrimis Juli 2020 - Thriller Hochspannung. Alfred Bekker

10 Urlaubskrimis Juli 2020 - Thriller Hochspannung - Alfred Bekker


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      „Im Rückblick frage ich mich, ob Ava Damiani nicht nur eine Art Lockvogel war, um alle an der Nase herumzuführen, die es auf Big Tony abgesehen hatten – die Justiz und Gegner in den eigenen Reihen eingeschlossen. Etwa zur selben Zeit entstand das Gerücht, die Damianis seien in Marokko untergetaucht. Vielleicht war das auch nur gezielt gestreut.“

      „Wollte Ihr Vater darüber mit Mark Manetta sprechen?“

      „Das ist gut möglich. Über den Inhalt der Gespräche mit Manetta kann ich Ihnen allerdings nichts sagen. Ich war nicht dabei.“

      „Ihr Vater hat Manetta eine für seine Verhältnisse große Summe gezahlt!“, gab ich zu bedenken. „Das wird er nicht ohne Grund getan haben.“

      „Wie gesagt, dazu kann ich Ihnen nichts sagen.“

      „Und auch nicht darüber, was er mit Ben Camerone zu besprechen hatte?“

      „Unser Kontakt war in letzter Zeit nicht mehr so eng. Es gab gewisse Differenzen. Aber darüber möchte ich mit Ihnen nicht weiter sprechen. Was ich Ihnen gesagt habe, muss fürs Erste genügen. Ansonsten finden Sie ja wahrscheinlich ein paar Hinweise bei der unvermeidlichen Hausdurchsuchung.“

      Im Klartext bedeutete Ray Kims letzte Aussage wohl, dass sein Vater Jimmy ohnehin ständig darauf vorbereitet gewesen war, dass in seinen Privat- und Geschäftsräumen alles auf den Kopf gestellt wurde und er daher alle wirklich brisanten Unterlagen dort nicht aufbewahrte.

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      Es war spät, als wir an diesem Abend zum Field Office zurückkehrten. New York war ein nächtliches Lichtermeer geworden.

      „Wenn es stimmt, was Ray Kim gesagt hat, dann lag Big Tony Damiani bereits in seinem feuchten Grab im Lake Tappan, während seine Frau nichts Besseres zu tun hatte, als unter falschem Namen nach Marokko zu reisen.“

      „Bisher haben wir angenommen, dass auch Ava Damiani früher oder später tot aufgefunden wird“, stellte Milo fest.

      „Und was ist, wenn Mrs Damiani sich ohne ihren Mann ein schönes Leben machen wollte, Milo?“

      „Der Schlüssel zu allem ist Buscella.“

      „Wir sollten ihn uns noch einmal vorknöpfen.“

      „Ja, aber für heute dürfte die Besuchszeit auf Rikes Island vorbei sein.“

      Wir fuhren noch kurz zum Bundesgebäude an der Federal Plaza 26. In Mr McKees Büro brannte wie üblich noch Licht.

      Wir sahen bei ihm vorbei.

      „Mandy hat noch Kaffee aufgesetzt, bevor sie gegangen ist“, begrüßte er uns. „Wenn Sie keine Probleme haben, danach zu schlafen, sollten Sie sich den Genuss gönnen.“

      „Danke“, schüttelte ich den Kopf. Milo nahm sich einen Becher.

      „Es gibt Neuigkeiten, die Sie interessieren werden“, fuhr unser Chef fort. „Aber wir können das auch morgen früh besprechen. Ihr Dienst ist längst zu Ende.“

      „Ihrer ja auch“, sagte ich.

      Mr McKee atmete tief durch. „Inzwischen wurden weitere Knochen im Lake Tappan entdeckt, die allesamt der Leiche von Big Tony Damiani zugeordnet werden konnten. Laut Bericht fehlen nur noch ein paar Knochen. Wir wissen jetzt, dass man ihn an Armen und Beinen mit Kabelbindern gefesselt hatte. Eine Knochenabsplitterung am Brustbein legt nahe, dass dort eine Kugel eingedrungen und wieder ausgetreten ist. Natürlich hätten wir die gerne, aber da bestehen wohl keine Aussichten. Wir wissen nicht einmal, wo sich der eigentliche Tatort befand.“

      „Hat man vielleicht Knochen einer weiteren Person gefunden?“

      „Sie meinen Damianis Frau Ava?“

      „Ja.“

      Mr McKee schüttelte den Kopf. „Nein, dafür gibt es bis jetzt keine Anhaltspunkte. Theoretisch ist es natürlich denkbar, dass sie ebenfalls im Lake Tappan gelandet ist, aber um das wirklich auszuschließen, müssten viele Kubikmeter Schlamm durchsucht werden.“

      „Ray Kim gibt an, Ava Damiani nach Marokko gefolgt zu sein und dort ihre Spur verloren zu haben. Ich halte das für sehr glaubwürdig. Zur gleichen Zeit setzten sich eine Reihe von Leuten aus Big Tonys Organisation zur Ruhe – wie beispielsweise Sonny D’Andrea. Irgendwie müssen wie diese beiden Puzzleteile miteinander in Verbindung bringen, aber ich weiß nur noch nicht wie.“

      „Morgen ist auch noch ein Tag, Jesse.“

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      Tom Buscella wurde von zwei Wärtern in einen der Verhörräume geführt, die es auf Rikers Island gab.

      „Was soll das? Ich will meinen Anwalt sprechen!“, rief er. „Sonst werde ich hier nichts sagen!“

      Auf der anderen Seite des Tisches, der sich in der Mitte des ansonsten kahlen Raums befand, saß Alec Johnes. Der stellvertretende Direktor von Rikers Island kaute auf seiner Unterlippe herum. Er wirkte nachdenklich.

      „Sagen Sie das Ihren FBI-Freunden und diesem Staatsanwalt oder wer auch sonst mir Fragen stellen will!“

      „Mister Buscella, Sie haben in diesem Fall nicht das Recht, einen Anwalt hinzuziehen, weil wir Sie gar nichts fragen werden“, kündigte Johnes an. „Vielmehr habe ich die traurige Pflicht, etwas mitzuteilen.“

      Buscella runzelte die Stirn. „Mitteilen? Was denn?“

      „Ihre Schwester wurde gestern Abend in Ihrer Wohnung in Brooklyn tot aufgefunden.“

      „Das ist nicht wahr!“, rief Buscella.

      „Dem vorläufigen Bericht nach hat sie sich eine Überdosis Morphium gegeben.“

      „Aber...“ Buscella fiel der Kinnladen zu Boden. „Bei ihrem letzten Besuch, da wirkte sie noch so...“ Er sprach nicht weiter und schüttelte nur den Kopf.

      „Der Arzt, der Ihre Schwester untersucht hat, geht davon aus, dass die Schmerzen, die mit ihrer Krebserkrankung einhergingen, einfach zu stark geworden sind und sie deswegen diesen Weg wählte.“

      „Aber sie hat diese Krankheit schon seit mehr als zehn Jahren und nie aufgegeben! Ich verstehe das nicht!“ Buscella wirkte vollkommen entgeistert.

      Er schluckte.

      Johnes griff in seine Jackettinnentasche und reichte ihm ein Couvert, das bereits geöffnet worden war. „Sie hat Ihnen einen Brief hinterlassen, in dem Sie Ihnen für alles dankt – insbesondere dafür, dass sie die bestmögliche medizinische Versorgung bekam. Bitte lesen Sie selbst. Es tut mir sehr Leid für Sie. Sowohl der Pfarrer, als auch der Psychologe stehen jederzeit zu Ihrer Verfügung...“


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