Aus der Demut zur Freiheit und Liebe (Gottes). Hannes Kerfack
als Gemeinsamkeit zwischen beiden Texten der Schöpfungsberichte. Die zweite Feststellung sind die Unterschiede der Texte, die ich anhand einiger Beispiele erklären möchte und warum diese entstanden sein könnten. Einmal können die Unterschiede anhand der unterschiedlichen Schreibungen der Gottesnamen Jahwe und Elohim angesehen werden, die Teil der Theologiegeschichte Israels ist. Auffällig sind weiterhin die geordnete Struktur im 1. Schöpfungsbericht und die eher narrative, anthropologische Struktur im 2. Das geht wahrscheinlich auf die Erfahrung nach dem Exil zurück. Als die Israeliten zurückkehrten und der Tempel wieder aufgebaut wird (Kyros-Edikt), beginnt man damit, die Geschichte und die Gesetze Israels mit seinem Gott wieder aufzuarbeiten. Dazu gehören z.B. auch die Chronikbücher, die eine andere Form als die des deuteronomistischen Geschichtswerkes haben. Es geht um Ordnung, um Stabilität. Das was ist, soll gesichert werden, damit die Gottesbeziehung nicht wieder zerbricht. Der priesterliche Schöpfungsbericht mit seinem Ordnungssystem, als 7-Tage-Schema, greift diese Stabilität auf. Unterschiede und Gemeinsamkeiten dieser Texte lassen sich also auf unterschiedliche, historische Kontexte, sowie gemeinsame Intentionen, eine gelingende Schöpfung, aber auch eine brüchige Schöpfung zurückführen. Dieses Verhältnis soll den Konfirmanden sowohl durch die gemeinsame, nacheinander erfolgende Lektüre nahe gebracht werden und zu Gedanken um das eigene Verhältnis, und der Welt, insgesamt zur Schöpfung (Abfall usw.) und Gott anregen.43
Unterrichtsentwurf für einen Frauenkreis
Um die Hörer, einen Frauenkreis, zu motivieren und zum Thema hin zu lenken, soll erst mal ein Lied zum Thema Abendmahl gesungen werden. Der Kreis besteht aus über 70jährigen, von denen der Großteil Akademiker sind. Auffallen tut mir das im Nachhinein bei der Durchführung, dass viele Gemeindemitglieder fleißig mitarbeiten, aber auch als Vielredner gebremst werden müssen44, damit sich ein gemeinsames Gespräch zwischen ruhigen und lauten Teilnehmern ergibt und jeder eine Chance bekommen kann. An dieser Stelle fällt mir auf, dass in jedem Menschen ein Theologe steckt, auf seine Art, besonders dann, wenn er eine wissenschaftlich-reflektierte Ausbildung, egal in welchem Fach, hat. Darin stecken so viele Möglichkeiten und es ist auch eine Form des Respekts, die Intelligenz und den Scharfsinn der Anderen zu achten, egal wie alt sie sind. Innere Jugend zeigt sich, dass der Kopf frisch bleiben kann.45 Ob er diese Chance nutzen möchte, überlasse ich jedem selbst, auch mit Klavier. Ein fröhliches Lied am Anfang im Dur-Ton hebt die Stimmung („Komm sag es allen weiter“).46 Es soll dadurch ein Raum des Vertrauens und des Gesprächs durch den gemeinsamen Gesang eröffnet werden. Das Moll-Lied am Ende (EG 228) kann als Schlusslied benutzt werden. Es kann auch ein Abschluss- und Segenslied gesungen werden.
Die inhaltlichen Dinge, die den Hörer auf dem Erkenntnisweg zur Bedeutung des letzten Abendmahles führen soll, sollen immer mitschwingen. Das heißt: Wenn eine Frage kommt oder etwas genauer erklärt werden muss, wenn das Bild vom letzten Abendmahl betrachtet wird, währenddessen es beschrieben werden soll. Einige Inhalte, was zur Katechese des Abendmahls passt und zum Frauenkreis: In der alten Kirche gab es ein Taufkatechumenat. Das heißt: Bevor man an der Taufe und dadurch an dem Abendmahl teilgenommen hat, wurde in den Sinn und die Funktionen des Abendmahles eingeführt. Es hatte in diesem Sinn die Funktion einer Arkandisziplin, eine Disziplin in der Verborgenheit oder meinetwegen auch im Winkel (Sinus Arcus!), in der Ecke, abgeschnitten und nicht öffentlich, ein exklusiver Kreis. Das sollte vor Verfolgungen schützen und falschen Christen, die die Christen auskundschaften wollten (s. Gal 2), wie Häretikern. Auch Frauen konnten daran teilnehmen, denn es gibt nach Paulus keine Unterschiede zwischen Gemeindemitgliedern mehr, was besonders für den Frauenkreis hier interessant sein kann. Einige der Mitarbeiter Jesu waren Frauen (Maria Magdalena). Auch der Charakter eines Taufkatechumenats nimmt die Erwachsenenbildung ein, wie heute. Wobei es heute mehr um eine Vergewisserung des Evangeliums in der Werkgerechtigkeit der Arbeitswelt geht oder jetzt im Alter, nochmal sein Leben auszuleben und neu im Lichte des Evangeliums zu deuten (Kunstmann), im Sinne eines lebenslangen Lernens. Vielleicht können auch Anschlussstellen an die Tauferinnerung und goldene Konfirmation gefunden werden. Im letzten Abendmahl sehen wir eine Ambivalenz zwischen Freude, Gemeinschaft und Verrat. Deshalb auch die Fragen an die Hörer: Was fühlen sie, wenn sie das Bild betrachten? Fällt Ihnen etwas Besonderes auf? War das Haus wirklich so groß oder hat Leonardo Da Vincis Inspiration etwas Phantasievolles, etwas Gedeutetes, was gar nicht sein kann? Wo ist der Verräter, was kennzeichnet ihn? Wie werden Gemeinschaft und Passion miteinander verbunden? Die Hörer sollen die fehlende Gestalt des Heiligen bei Judas erkennen. Auf dem Bild fehlt bei ihm der Heiligenschein. Er verliert quasi seine herausgehobene Funktion als Jünger, was ihn besonders macht.47
Bei der Betrachtung soll möglichst viel Zeit gelassen werden (retardierendes Moment), damit die Hörer das Bild auf sich wirken lassen und Gedanken in der Stille sammeln können, um sie ins gemeinsame Gespräch zu bringen. Eine Frage betrifft den Jahresfestkreis der Kirche: Wann wird das letzte Abendmahl gefeiert? Erwartete Antwort: am Gründonnerstag, wobei das nach heutiger Zeitrechnung so gilt, was kritisch betrachtet werden soll. Die Zeitrechnung damals wurde auf heute übertragen, sodass der Karfreitag nicht immer am selben Tag ist, sondern sich mit der Bahn des Mondes verändert.
Eigene Abendmahlserfahrungen sollen im Zuge der weiteren Lektüre vom 1. Kor erkannt werden. Denn dort wird das Taufkatechumenat begründet, gerade weil es Schwierigkeiten, Parteibildungen und Streit um das Opfer in der Korinther Gemeinde gegeben hat. Abendmahl muss verantwortungsvoll geleitet und unterwiesen werden, nach Paulus. Im 1. Kor wird eine weitere Abendmahlform geschildert. Die Hörer sollen erkennen, dass die heutige Abendmahlsliturgie eine gewachsene Mischform mehrerer Texte ist. Die Fragen, wo vergeben wird, was Sünde ist, sollen auf eigene Lebenserfahrungen ansprechen und sie ins Gespräch bringen, wobei da die Grenzen der Intimität gewahrt und geachtet werden müssen. Ich zwinge niemanden dazu darüber zu sprechen. Die Zeit ist auf 45 Minuten begrenzt, sodass manche Sequenzen weg gelassen werden können. Wie weit die Hörergruppe damit kommt oder ich, der Lehrer, ist dem Unterrichtsablauf, der unverfügbar und wandelbar ist, geschuldet. Es handelt sich hierbei auch um Bausteine, die frei versetzt werden können. Sie sind aber auch eine Struktur, wie es im Idealfall ablaufen kann.48
Unterrichtsentwurf für eine Bibelstunde
Der folgende Unterrichtsentwurf ist auf 45 Minuten angelegt und bezieht sich auf die Durchführung einer Bibelstunden-Einheit in einer Kirchengemeinde am Abend um 19: 30 Uhr, deren Ergebnisse am folgenden Sonntag in der Predigt aufgenommen werden sollen.49 Mir soll das auch bei der Predigtvorbereitung helfen. Alle Teilnehmer, die am Sonntag da sind, waren auch bei der Bibelstunde, sodass sie sich an das Unterrichtsgespräch zurückerinnern können. Wir sind insgesamt vier Teilnehmer gewesen, sodass sich ein intensives Gespräch entwickeln kann, nachdem der Text und das Bild von Joh 4 auf die Leser eingewirkt haben soll und wir ihn gemeinsam Zeile für Zeile vorgelesen haben. Die Frage, in welcher Situation sich diese Gemeinde befunden hat und auf welche implizite Leserschaft dies zurückzuführen ist, soll mit der Liebe Gottes verdeutlicht werden. Die Gemeinde befindet sich wahrscheinlich in einer Situation der Bedrängnis, durch einfallende Häretiker (Gnostiker), die die Geheimnisse des christlichen Glaubens auskundschaften wollen. Im frühen Christentum bilden sich durch die Abgrenzung auch allmählich die Unterscheidungen von Häresie und Orthodoxie aus. Was ist der richtige Glaube? Eine Deutungsfrage des jeweils anderen. Sehen kann man das auch an den kanonischen Abgrenzungen. Einige Schriften im Neuen Testament, wie die Apokryphen, fanden keinen Einzug. Die Liebe zu Gott und untereinander soll gestärkt werden. Die Frage, wo diese Formen der Liebe wieder gefunden werden können, soll an die Lebenswelt der Hörer anknüpfen. Dass die Liebe Gottes unbedingt ist und erwidert werden soll, betont den Sinn der christlichen Liebe im Text. Sie ist allgegenwärtig. Die Paralleltexte zum barmherzigen Samaritaner und der Geschichte von Kain und Abel, greifen die Ambivalenz der Liebe auf, die die Hörer mit diesem Text hier im 1. Joh 4 vergleichen sollen. Liebe kann untereinander zerbrechen und die Liebe zu Gott durch die Eifersucht Kains auf das Opfers. Hier sehen wir, dass das Opfer Gottes an sich nichts gilt, wenn der Nächste geschädigt wird. Liebe ist ein universelles Prinzip, das über das Opfer geht und von Gott unbedingt erwidert wird. Die Bruderliebe, die Nächstenliebe, ist wichtiger als die Liebe zu Gott durch das Opfer. Denn die Liebe Gottes findet sich wahrhaftig erst in der Bruderliebe wieder. Die Frage nach dem Geschenk im eigenen Alltag, ob sie von jemand mal etwas Überraschendes geschenkt bekommen haben, verstärkt die Unberechenbarkeit und Dankbarkeit