Angriff der Tapferkeit. Морган Райс
Brandt, der seinen Kopf in die Hände gestützt hatte, so wie viele der anderen auch. Die Stimmung war bedrückt.
Erec spürte es auch. Jeder Muskel in seinem Körper schmerzte vom Kampf mit den Männern des Lords und mit den Monstern. Es war eine der härtesten Schlachten seines Lebens gewesen, und der Baron hatte zu viele Männer verloren. Als Erec darüber nachdachte, bemerkte er, dass ohne Alistair, Brandt, die anderen und er jetzt tot wären.
Erec war voll Dankbarkeit ihr gegenüber – und noch mehr: Sie hatte das Feuer seiner Liebe neu angefacht. Er war fasziniert von ihr – er hatte immer schon gespürt, dass sie etwas Besonderes war, sogar dass sie eine gewisse Kraft ausstrahlte. Doch das, was heute geschehen war, war der Beweis. Er hatte das brennende Verlangen, mehr darüber zu erfahren, wer sie war und über das Geheimnis ihrer Herkunft. Doch er hatte geschworen, nicht neugierig zu sein – und er hielt immer sein Wort.
Erec konnte nicht abwarten, bis die Zusammenkunft vorüber war und er sie wieder sehen konnte.
Die Ritter des Barons waren schon seit Stunden zusammengesessen und hatten darüber diskutiert, was als nächstes zu tun war. Der Schild existierte nicht mehr und Erec versuchte immer noch, die Konsequenzen zu verstehen. Es bedeutete, dass Savaria nun anfällig für Angriffe von außen sein würde; und viel schlimmer noch, Boten waren in die Stadt gekommen mit Nachrichten von der Invasion von Andronicus‘ Armee, davon was in King’s Court und Silesia geschehen war. Erecs Mut sank. Sein Herz drängte ihn, zu seinen Brüdern bei den Silver zurückzukehren, um seine Heimatstädte zu verteidigen. Doch er war hier, in Savaria, wo das Schicksal ihn hingeführt hatte. Er wurde hier auch gebraucht. Die Stadt des Barons und ihre Leute waren immerhin ein wichtiger strategischer Bestandteil des Reiches der MacGils und mussten verteidigt werden.
Doch mit den neuen Berichten, dass Andronicus eines seiner Bataillone losgeschickt hatte, um Savaria anzugreifen, wusste Erec, dass Andronicus‘ Armee, die mehr als eine Million Mann stark war, sich bald bis in den letzten Winkel des Rings ausbreiten würde.
Wenn Andronicus mit einem Gegner fertig war, ließ er nichts zurück. Erec hatte die Geschichten von Andronicus‘ Eroberungen sein ganzes Leben lang gehört und er wusste, dass seine Grausamkeit ohne Gleichen war. Durch das einfache Gesetz der Zahlen war klar, dass die wenigen hundert Männer des Barons selbst einem einzigen Bataillon von Andronicus‘ Armee nahezu wehrlos gegenüber stehen würden. Savaria war dem Untergang geweiht.
„Ich sage wir kapitulieren“, erklärte der Berater des Barons, ein grauhaariger alter Krieger, der vornübergebeugt an einem großen rechteckigen Holztisch saß, verloren in einen Krug mit Bier starrte und ihn dann auf den Tisch schlug. Die anderen Krieger verstummten und sahen ihn an.
„Welche Wahl haben wir schon?“, fügte er hinzu. „Wir sind ein paar Hundert gegen eine Armee von einer Million Männern.“
„Vielleicht können wir die Stadt verteidigen, sie zumindest halten“, warf ein anderer Krieger ein.
„MacGil ist tot”, gab ein anderer Krieger zu bedenken. „Niemand wird zu unserer Hilfe kommen.“
„Doch seine Tochter lebt“, entgegnete ein anderer. „Und auch seine Männer. Sie würden uns nicht einfach hier im Stich lassen!“
„Sie können sich doch kaum selbst verteidigen!“, protestierte ein anderer.
Die Männer fingen an, wild zu diskutieren und drehten sich mehr oder weniger im Kreis.
Erec saß da, beobachtete alles und fühlte sich hohl. Ein Bote war vor wenigen Stunden gekommen und hatte die furchtbaren Nachrichten von Andronicus‘ Invasion gebracht, und – die Nachricht, die für Erec fast noch schlimmer war – dass MacGil ermordet worden war. Erec war so lange so weit von King’s Court fort gewesen, dass dies das erste Mal war, dass ihn Nachrichten erreichten – und es war, als hätte jemand ihm einen Dolch ins Herz gestoßen. Er hatte MacGil wie einen Vater geliebt und sein Verlust ließ ihn sich so unglaublich leer fühlen.
Stille breitete sich im Raum aus als sich der Baron räusperte, und alle Augen richteten sich auf ihn.
„Wir sind in der Lage unsere Stadt gegen einen Angriff zu verteidigen“, sagte der Baron. „Mit unseren Fähigkeiten und der Stärke dieser Mauern, können wir sie gegen eine Armee halten, die fünfmal so groß ist wie unsere – vielleicht sogar zehnmal. Und wir haben genug Vorräte, um eine wochenlange Belagerung auszusitzen. Gegen jede normale Armee würden wir siegen.“
Er seufzte.
„Doch das Empire hat keine normale Armee“, fügte er hinzu. „Wir können uns nicht gegen eine Armee wie diese verteidigen. Es wäre aussichtslos.“
Er machte eine Pause.
„Doch Aufzugeben ist auch nicht besser. Wir alle wissen, was Andronicus mit seinen Gefangenen macht. Es scheint mir, als müssten wir so oder so sterben. Die Frage ist nur, ob wir kämpfend oder sitzend untergehen. Ich sage, wir sterben kämpfend!“
Zustimmender Jubel brach im Raum aus. Erec konnte ihm nur recht geben.
„Dann bleibt uns nichts anderes zu tun“, fuhr der Baron fort, „als Savaria zu verteidigen. Wir werden nicht kapitulieren. Wir werden wahrscheinlich sterben. Doch wir werden es Seite an Seite kämpfend tun!“
Tiefe Stille breitete sich aus und sie sahen sich ernst an. Dann nickten sie. Trotzdem schien es so, als würde jeder einzelne verzweifelt nach einer anderen Lösung suchen.
„Es gibt einen anderen Weg“, sagte Erec schließlich in die Runde.
Er konnte spüren, wie sich alle Blicke auf ihn richteten.
Der Baron nickte ihm zu und erteilte ihm damit das Wort.
„Wir können angreifen“, sagte Erec.
„Angreifen?“, riefen die Männer überrascht aus. „Wir paar hundert Mann, diese riesige Armee angreifen? Erec, ich weiß, dass du furchtlos bist, doch bist du jetzt vollkommen verrückt geworden?“
Erec schüttelte todernst den Kopf.
„Was du nicht in Betracht ziehst, ist, dass Andronicus‘ Männer nie mit einem Angriff rechnen würden. Wir hätten die Überraschung auf unserer Seite. Wie du gesagt hast, wenn wir hier bleiben und versuchen, die Stadt zu verteidigen, werden wir sterben. Wenn wir angreifen, können wir viel mehr von ihnen töten. Und was noch viel wichtiger ist, wenn wir richtig angreifen, am richtigen Ort, können wir sie vielleicht aufhalten – oder sogar besiegen.“
„Besiegen?!“, riefen sie aus und sahen ihn fassungslos an.
„Wie stellst du dir das vor?“, fragte der Baron.
„Andronicus wird erwarten, dass wir hier sind, auf ihn warten und unsere Stadt verteidigen“, erklärte Erec. „Seine Männer werden niemals erwarten, dass wir ihnen an irgendeinem Engpass außerhalb der Stadttore auflauern. Hier in der Stadt haben wir den Vorteil der dicken Mauern – doch da draußen, auf dem freien Feld, haben wir das Element der Überraschung. Und Überraschung wiegt schwerer als schiere Stärke. Wenn wir einen natürlichen Engpass halten können, können wir sie alle zu einem Punkt hin lotsen, an dem wir angreifen können.
Ich denke dabei an die östliche Bergschlucht.“
„Die östliche Bergschlucht?“, fragte einer der Krieger.
Erec nickte.
„Es ist eine enge Schlucht zwischen zwei steilen Felswänden. Sie ist der einzige Pass durch die Berge von Kavonia, einen guten Tagesritt von hier entfernt. Wenn Andronicus‘ Männer zu uns kommen, führt der direkteste Weg durch die Schlucht. Anderenfalls müssten sie über die Berge wandern. Die Straße vom Norden her ist zu eng und zu sumpfig zu dieser Jahreszeit – er würde Wochen vergeuden. Und im Süden müssten sie den Fjord überqueren.“
Der Baron sah Erec voller Bewunderung an, kratzte sich am Kopf und überlegte.
„Vielleicht hast du recht. Andronicus muss seine Männer durch die Schlucht führen. Für jede andere Armee wäre das ein Akt höchster Hybris. Doch für ihn, mit seiner riesigen Armee, kann ich mir vorstellen, dass er es tun würde.“
Erec nickte.
„Wenn