Hexerei zur Teestunde. Софи Лав
der einige Geschäfte im Stadtzentrum bediente, war halb leer. Lex parkte problemlos und wählte einen Platz in der Mitte des Parkplatzes, einfach weil so viel Platz war. Sie stieg aus ihrem Auto aus, schaute sich um und atmete die salzige Brise ein. Das Meer war so nahe, dass sie es am Ende der Straße hinter dem Parkplatz sehen konnte, ein blauer Streifen am Horizont, der sich mit dem heute klaren blauen Himmel vermischte.
Sie lächelte, während sie sich umschaute, und hielt eine Hand über die Augen gegen die Frühsommersonne. Incanton war genauso klein und idyllisch, wie es online ausgesehen hatte. Mehrere Menschen tummelten sich auf den Straßen, gingen in Läden ein und aus, trugen Taschen voller Einkäufe nach Hause – hier auf dem Parkplatz war es ruhiger, und sie konnte die Rufe der Möwen über dem Wasser hören.
Vielleicht war es nur die Vorfreude, die sie erfasst hatte, aber hier sah alles interessanter aus – auch die Menschen. Sie zog ihre Handtasche vom Beifahrersitz und schloss das Auto ab, wobei sie umher und über ihre Schulter blickend die Fußgänger betrachtete. Ältere Damen, deren Köpfe mit Wolken aus dünnen Haarfusseln gekrönt waren, die aber immer noch kraftvoll herumspazierten und dabei lebhaft miteinander plapperten, während sie an ihr vorbeigingen. Eine Mutter mit einem tiefvioletten Kinderwagen, nach dem Design zu schließen vielleicht ein neu gepolstertes Vintage-Modell, wedelte mit einem verzückten Lächeln eine Rassel vor dem Gesicht des Babys herum, während sie es langsam vor sich herschob.
Lex beobachtete einen Mann mittleren Alters in einem hell gestreiften Strickpulli, der aus einem Laden kam, und schaute auf, um das Schild zu lesen: Ms. Teaks Antiquitäten. Es befand sich neben dem Friseursalon: Hair Today, Gone Tomorrow Jeder Laden hier schien malerisch und charmant, ein perfekter Mikrokosmos einer amerikanischen Kleinstadt. Als ob sie das Set einer Fernsehsendung betreten hätte, kein echter Ort. Sie erwartete halbwegs, dass Lorelai Gilmore um die Ecke kommen würde oder dass sie plötzlich einer Gruppe von Pilgern mit hohen Hüten und Reithosen gegenüber stehen würde.
Sie ging zuerst am Parkplatz vorbei, hinunter zur Strandpromenade. Dort standen bunte Gebäude näher am Wasser, die Holzbretter von der Sonne verblasst, aber alle in fröhlichen Farbtönen. Sie schaute zu einem Eisverkäufer auf und wurde von einer weiteren Welle des gleichen Déjà-vu getroffen, das sie zuvor empfunden hatte.
Was hatte es mit diesem Ort auf sich? Das Geschrei der Möwen, die über ihnen durch den Himmel schossen, die Sonne, das Eis, die bemalten Bretter – da war doch eine verblasste Erinnerung irgendwo?
Eine Vision ihres Vaters zerrte plötzlich an ihrem Herz, weite Shorts tragend bückte er sich, um ihr ein Eishörnchen zu übergeben, das er gerade gekauft hatte. Sie erinnerte sich an die Freude des kleinen Mädchens, die kalte Welle des Eises in ihrer Kehle, das sie mit winzigen Händen schützend abschirmte, als ihr Vater scherzte, dass die Möwen herunterstürzen könnten, um es zu stehlen.
Lex blickte erneut die Straße auf und ab und sah alles noch einmal ganz genau an. Ja, sie war schon einmal hier gewesen. Einmal, vor sehr langer Zeit, als ihr Vater noch da war. Bevor es schlimm wurde. Weil sie so jung gewesen war, hatte sie sich bis jetzt nicht daran erinnert. Die Erinnerung war schwach und verschwommen und als sie versuchte, noch tiefer hineinzutauchen, entglitt sie ihr einfach. Aber sie war da. Irgendwo.
„Papa“, hauchte Lex, Tränen stiegen ihr ohne Vorwarnung in die Augen. Es fühlte sich gut an, wieder an ihn zu denken, wenn auch bittersüß. Sie lebte jeden Tag mit seiner Erinnerung, und es war etwas Besonderes, eine neue, verlorene Erinnerung zu entdecken. Sie machte einen Schritt nach vorne und überlegte, dass sie vielleicht ein Eis kaufen sollte, um der alten Zeiten willen.
„Uff! – Wow – Entschuldigung – geht es Ihnen gut?“
Lex richtete sich auf, blinzelte. Genau in dem Moment, als sie nach vorne trat, war ihr jemand in den Weg geschossen, und sie waren zusammengestoßen. Es hatte ihr den Atem aus der Brust gehauen, doch zumindest war sie nicht umgefallen. Der braune, taillierte Anzug, den sie für das Interview trug, würde wahrscheinlich nicht so toll aussehen, wenn er mit Schmutz vom Bürgersteig bedeckt wäre.
„Mir geht es gut“, sagte sie und holte tief Luft. „Entschuldigung, es war wahrscheinlich meine Schuld. Ich habe nicht aufgepasst, wo ich hingehe.“
„Ich auch nicht.“ Der Typ, der jetzt knabenhaft grinste, tastete sich schnell ab. „Kein Schaden entstanden. Wirklich, das tut mir leid. Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht? Sie sehen ein wenig benommen aus.“
Lex lächelte flüchtig und versicherte ihm „Mir geht es gut, wirklich. Ich war nur in Gedanken versunken.“
Er war wahrscheinlich ungefähr in ihrem Alter, dachte sie, obwohl der Rucksack auf seinen Schultern ihn jünger erscheinen ließ. Seine Augen kniffen sich hinter einer zarten Brille mit goldenem Gestell zusammen und ein Lächeln erschien auf seinen Lippen, das sein ganzes Gesicht erhellte.
„Schön, das zu hören“, sagte er und drehte sich um, um weiter die Straße hinunterzugehen. „Nochmals Entschuldigung!“
Lex errötete und es war ihr etwas peinlich, weil sie so in Gedanken verloren war, dass sie direkt in jemanden hineingelaufen war. Wenigstens hatte sie es geschafft, das Rot so lange zurückzuhalten, bis er weg war. Sie schaute auf ihre Uhr und stellte fest, dass es erst zwanzig vor drei war, zu früh, um zum Kuriosen Buchladen zu gehen, da diese nur ein paar Straßen weiter lag. Sie beschloss, eine Weile über die Strandpromenade zu schlendern und sich die Läden und ihr Angebot anzusehen.
Es gefiel ihr hier, entschied sie, als sie in die erste Boutique schaute und dort Vintage-Kleidung aus allen Epochen vorfand. Sie nahm sich einen Moment Zeit, um durch die Regale zu stöbern, berührte hier ein mit Pailletten und Perlen besticktes Flapperkleid, dort einen schweren Samtmantel. Dieser muffige Geruch, der immer um gebrauchte Kleidung zu schweben schien, erfüllte die Luft und brachte sie zum Lächeln. Sie freute sich darauf, wieder mit Secondhand-Büchern zu arbeiten. Auch wenn sie versuchte, nicht zu vergessen, dass es sich zunächst nur um ein Vorstellungsgespräch handelte, konnte sie nicht umhin, eine gewisse Vorfreude zu empfinden. Die Erinnerungen an ihre Kindheit kamen sehr stark zurück.
Lex verließ den Vintage-Laden und ging ein paar Schritte auf dem Bürgersteig entlang, wobei sie das Motiv einer Meerjungfrau bewunderte, das auf die verwitterten Holztafeln des nächsten Ladens gemalt war. Ein Blick in das Fenster zeigte ihr eine Ansammlung verschiedener ausgefallener Angelköder sowie größere Netze und ein paar Ruten. Eine Frau, die auf dem Bürgersteig auf sie zukam, lächelte, als sie vorbeiging, und Lex lächelte automatisch zurück. Hier herrschte ein ruhigerer Lebensrhythmus, nicht so viel Hektik und Trubel. Die Leute drängten nicht unhöflich vorbei und keines der Geschäfte schien zu einer Kette zu gehören. Lex konnte nicht umhin, es mit der Gegend zu vergleichen, in der sie gelebt und gearbeitet hatte, und wie niemand jemals die Zeit zu haben schien, sich gegenseitig auch nur einen zweiten Blick zuzuwerfen.
Das nächste Geschäft nebenan hieß Lost and Found by the Sea; als Lex durch die Tür hineinblickte, konnte sie einem kurzen Besuch im Inneren nicht widerstehen.
Die Stände und Regale waren mit allen möglichen Kuriositäten gefüllt: Treibholz, das in seltsame Formen gebracht und dann zurechtgeschnitzt worden war, um als Stifthalter, Kleiderhaken oder Briefbeschwerer zu dienen. Da waren Felsen, die von der Flut rund gespült und mit ornamentalen Verzierungen und Inschriften versehen worden waren; Krüge, die mit Sand gefüllt waren, der in mehreren Schichten mit verschiedenen Farbstoffen gefärbt war.
Lex sah eine Glasplatte mit einer Landschaft, die aus weißem und schwarzem Sand entstanden war; daneben befand sich eine kunstvoll handgeschriebene Aufforderung „Dreh mich um.“ Fasziniert hob sie sie an und setzte sie umgedreht wieder auf ihren Ständer, während sie staunend zuschaute, wie der Sand durch eine dicke Flüssigkeit wieder nach unten rieselte, um eine weitere, ebenso schöne Sandlandschaft zu schaffen.
„Es ist wie Magie, nicht wahr?“
Lex drehte sich um und sah einen Mann, der sie mit amüsiertem Gesichtsausdruck beobachtete. Er war eher klein, etwas älter, mit dickem, borstigem Haar und Bart in einem verblassenden Kastanienbraun, das nun zu Grau tendierte. Auf seiner Nasenspitze befand sich eine dicke Brille und unter einer ordentlichen grünen Weste war eine kleine Wampe zu sehen.
„Das ist wirklich