Ein erlesener Todesfall. Фиона Грейс
Was für ein Volk! Ich liebe es, wie verrückt Sie sind, so optimistisch. Keine Herausforderung zu groß! Hübsche Lady, ich wünsche Ihnen alles Gute – aber Sie werden mehr brauchen als meine Wünsche.“ Noch immer vor sich hin kichernd schlängelte er sich an dem Einkaufswagen vorbei zur Kasse.
Charlotte starrte ihm fragend nach.
„Hat er dich wegen etwas gewarnt?“, fragte sie.
Olivia zuckte die Schultern. „Ich glaube, er wollte uns nur ärgern“, sagte sie. Zumindest hoffte sie das.
Als sie sich den Inhalt ihres Wagens ansah, fiel ihr auf, dass diese Last-Minute-Shopping-Tour ein teures Vergnügen werden würde. Sie hoffte, dass sie mit all dem keine desaströse Entscheidung getroffen hatte.
Nachdem sie ihre Einkäufe in den winzigen Kofferraum ihres Fiats gezwängt hatten, fuhren sie zum Farmhaus zurück. Es war Hochsommer und sie hatten daher noch etwa dreieinhalb Stunden Tageslicht übrig, aber Olivia wusste, dass sie sich ins Zeug legen mussten. Sobald sie mit der Saat fertig waren, würden sie sich in dem Restaurant unten an der Straße mit Pizza und Wein belohnen.
Sie war froh, dass sie in dem staubigen, oberen Schlafzimmer eine alte Jogginghose verstaut hatte, da sie wusste, dass sie ein paar lottrige Klamotten brauchen würde, die sie anziehen konnte, wenn sie hier arbeitete.
Sie lief die Treppe hinauf, schälte sich aus ihrem Arbeitsrock und zog die ausgewaschene Stoffhose an. Sie trug sie für all ihre Arbeiten auf dem Grundstück und im Garten. Die Hose war nicht nur fleckig und schmutzig, sondern sie hatte auch ein großes Loch am Hinterteil, das sie sich an einem Rosenbusch eingehandelt hatte.
Olivia faltete ihren schicken Rock und das Jackett und legte sie auf den Fensterrahmen, welchen sie gestern saubergewischt hatte und welcher somit die einzige staubfreie Oberfläche im ganzen Haus war.
Sie hielt einen Moment inne und starrte aus dem Fenster.
Eines Tages würde dieser leere, hallende Raum ihr Schlafzimmer sein. Hier würde sie schlafen, das Zimmer erwärmt von den abendlichen Sonnenstrahlen, und nach dem Aufwachen über die morgendlichen Hügel blicken. Die hohe Decke und die geräumige Fläche wären perfekt für ein Doppelbett und einen gemütlichen Ohrensessel, zusammen mit einem rustikalen Schreibtisch und vielleicht einem riesigen, altmodischen Kleiderschrank.
Oder wären eingebaute Schrankwände einfacher?
Die Entscheidung quälte Olivia noch immer, und sie wusste, dass sie sie bald treffen werden müsste. Aber das war eine einfache Entscheidung, denn sie wusste, dass dabei nichts schiefgehen konnte und beide Optionen letztendlich funktionieren würden. Dasselbe galt für die Zimmerwände. Sollte sie den cremegoldfarbenen Ton einfach nur auffrischen oder sich für einen helleren Weißton entscheiden? Auch hier gab es keine falsche Antwort.
Wo sie die Samen pflanzen sollte, die sie gerade gekauft hatte, war allerdings eine schwere Entscheidung, denn es bestand die Möglichkeit, dass sie es vermasselte.
Von unten hörte sie Charlotte aufgeregt quieken.
Olivia lief die Treppe hinunter, um zu sehen, was passiert war.
„Schau, sie ist wieder da! Erinnerst du dich noch an die Katze von vor ein paar Tagen? Sie ist wieder hier. Vielleicht hatten die Leute, die die Decke ausgebessert hatten, sie eine Zeitlang verschreckt.“
„Oh, wie schön, dich zu sehen.“
Olivia beugte sich vor, wackelte mit den Fingern und redete der kleinen, nervösen, schwarzweißen Katze zu, die sich dieses verlassene Farmhaus anscheinend als Heim ausgesucht hatte. Sie war zwar scheu, aber nicht mehr so sehr wie zu Anfang. Sie hoffte wahrscheinlich auf etwas zu essen. Charlotte kramte in ihrer Handtasche nach einem Beutel mit Futter.
„Ich habe nur noch eins übrig.“
Triumphierend leerte sie den Inhalt in die Plastikschale, die sie gekauft und auf der Veranda stehengelassen hatte.
Während sie neben Charlotte stand, fiel Olivia auf, dass sie beide ein identisches, liebevolles Lächeln auf den Lippen hatten, während sie zusahen, wie die Katze hungrig ihr Abendessen verschlang. Egal, wie dringend das Pflanzen war, Olivia konnte sich einfach nicht von dem belohnenden Anblick losreißen, bis die Katze endlich den letzten Brocken aus der Schüssel geleckt hatte und mit einer zufriedenen Katzenwäsche begann.
„An die Arbeit“, verkündete sie.
Sie stöberte im Kofferraum, hob einen Sack Dünger heraus und griff wahllos eine Packung Samen.
„Vermentino also“, sagte sie. „Du wirst die Spitzenreitersaat auf der Glass-Farm werden.“
Sie begutachtete das Gelände.
„Logisch gedacht würde ich vorschlagen, sie etwas abseits zu pflanzen. Am Haus wird viel gearbeitet werden, und wir wollen sie nicht dort aussähen, wo womöglich Fahrzeuge fahren müssen oder Material geliefert wird.“
„Wie wäre es, wenn wir diese Charge ganz hinten auf der Rückseite der Farm anbauen, in der Nähe dieses Lagerhauses, dass verschlossen ist?“, schlug Charlotte vor.
„Auf dieser Seite gibt es kein Wasser“, erinnerte sich Olivia, und Charlotte nickte.
„Bevorzugen die Trauben nicht trockenen Boden? Wir können sie jetzt gießen. Ein paar Touren hin und wieder zum Wässern könnten ausreichen.“
„Gute Idee“, entschloss Olivia.
„Ich bin heute der Wasserträger“, stellte sich Charlotte freiwillig zur Verfügung.
Mit dem Spaten in der Hand machte sich Olivia auf den Weg den Berg hinauf.
Nach einem kurzen, flotten Marsch kam sie an dem alten Nebengebäude an.
Wie viel Abstand sollte sie zwischen den Samen lassen? Olivia dachte hastig zurück an die Reben, die sie auf La Leggenda gesehen hatte. Zwei große Schritte zwischen jeder Pflanze würde ausreichen.
Mit der Spitze des Spatens zeichnete sie ein großes Rechteck in den sandigen Boden mit seiner Fülle an wilden Kräutern und Pflanzen. Dann begann sie, kleine Beete für die Samen anzulegen und streute eine Handvoll Dünger auf jedes davon. Sie grub jedes Beet kräftig um und verspürte jedes Mal einen Stich ins Herz, wenn die Spatenspitze gegen massiven Stein traf. Das konnte doch nicht möglich sein, oder? Der Boden war bestimmt eher einfach nur sehr fest.
Nach einer halben Stunde intensiven Grabens, war ihre erste Stätte bereit zum Besäen.
Als Charlotte erneut über die Bergkuppe gestiegen kam und sich während ihres nun dritten Trips den Schweiß von der Stirn wischte, begann Olivia gerade, die Samen in die frischgegrabenen und gewässerten Beete zu pflanzen.
Das war aufregend, anstrengend und furchterregend zugleich, stellte sie fest und versuchte, ihre Ängste zu verdrängen und mit positiver Energie zu ersetzen, während sie auf dem feuchten Boden kniete und die Erde festdrückte. Hieß es nicht, dass Pflanzen deine Gedanken und Gefühle spüren können? Sie würde diese Saat mit Hoffnung und Fröhlichkeit überschütten müssen.
„Und nun wachst, ihr Lieben!“, rief Olivia, und Charlotte blickte sie neugierig an.
Sie stellte sich wieder auf die Füße und klopfte sich den Dreck von den Knien ihrer Jogginghose.
„Wie wäre es, wenn wir uns von hier zurückarbeiten und ein kleines Feld mit Chardonnay in der Nähe der Ruine pflanzen und den Sangiovese danach hinter der großen Scheune?“
„Das klingt – naja, um ehrlich zu sein, klingt das sehr anstrengend“, lachte Charlotte. „Aber lass uns ans Werk gehen. Je eher die Babys in der Erde sind, umso eher können wir anfangen, Wein zu machen!“
Auf dem Weg zurück stellte Olivia überrascht fest, dass jeder Muskel ihres Körpers brannte. Dieser Weinanbau war harte Arbeit! Sie begann zu verstehen, wieso Antonio so schlank und fit war.
Sie nahm das Paket mit Sangiovese-Samen in die Hand. Auf diese freute sie sich besonders. Egal, wie die anderen Sorten gelangen, dieser einheimische Wein musste mit Sicherheit einen klaren Vorteil haben.
Sie stieg