Gesicht der Angst. Блейк Пирс
nickte. „Ruhiger.“ Trotzdem empfand sie Zweifel. Die Zahlen waren da gewesen. Sie waren ihr gefolgt, sogar in diesen Raum. Was wäre, wenn sie sie nie wieder loswürde?
„Es ist ein guter Anfang. Es wird immer beruhigender, je öfter sie die Übung machen. Das ist eine großartige Sache, denn es kann ein ruhiger Ort sein, an den man immer dann zurückkehrt, wenn man sich gestresst oder überfordert fühlt.“ Dr. Monk strich ein paar Notizen aus ihrem Buch, wobei ihr Stift schnelle und krakelige Linien zog, die Zoe nicht erraten konnte.
„Was, wenn ich die Zahlen schneller aus meinem Kopf bekommen muss? Zum Beispiel in einer Notsituation?“, fragte Zoe. „Oder wenn ich der anderen Person nicht sagen kann, warum ich mich beruhigen muss?“
Dr. Monk nickte. „Versuchen sie einfach, ihre Atemzüge zu zählen, so wie sie es getan haben, um in die Meditation einzutreten. Wir müssen das in einem realen Szenario ausprobieren, aber ich glaube, dass das Zählen einer Sache, in diesem Fall ihres Atems, es ihnen erlauben könnte, die Zahlen an anderer Stelle nicht mehr zu sehen. Es ist eine Ablenkungstaktik, die Zahlenseite Ihres Gehirns beschäftigt zu halten, während sie sich auf etwas anderes konzentrieren.“
Zoe nickte und versuchte, diesen Gedanken festzuhalten. „Okay.“
„Jetzt dazu, Zoe, dass sie den Menschen nicht erklären wollen, warum sie die Zahlen ausblenden müssen, oder die Tatsache, dass sie sie überhaupt sehen können. Warum sind sie immer noch entschlossen, dieses Geschenk zu verstecken?“, fragte Dr. Monk und neigte den Kopf so, dass Zoe erkannte, dass dies einen Kurswechsel bedeutete.
Sie bemühte sich, eine passende Antwort zu finden. Wobei, eigentlich musste sie nicht wirklich suchen: Sie kannte den Grund. Es gab eine Angst, die sie seit ihrer Kindheit verfolgte, verstärkt durch die geschrienen Wörter „Teufelskind“ und die erzwungenen Gebetssitzungen, die sie die ganze Nacht auf den Knien hielten und ihr wünschten, dass die Zahlen verschwinden würden. Es war einfach schwer, das laut auszusprechen.
„Ich will einfach nicht, dass die Leute es wissen“, sagte sie und zupfte einen imaginären Fussel von ihrer Hose.
„Aber warum ist das so, Zoe?“, bohrte Dr. Monk weiter. „Sie haben da eine wunderbare Fähigkeit. Warum wollen sie sie nicht mit anderen teilen?“
Zoe kämpfte. „Ich … möchte nicht, dass sie anders über mich denken.“
„Haben sie Angst, dass ihre Kollegen sie anders wahrnehmen, als sie es jetzt tun?“
„Ja. Vielleicht …“ Zoe zögerte und zuckte mit den Schultern. „Vielleicht würden sie versuchen, es gegen mich zu benutzen. Es auf irgendeine Weise auszunutzen. Ich möchte keine Marionette sein, die von jemand anderem benutzt wird. Oder das Opfer von Streichen. Oder eine Art Theaterstück, das Leute testen können.“
Dr. Monk nickte. „Das verstehe ich. Sind sie sicher, dass das alles ist, wovor sie Angst haben?“
Zoe kannte die Antwort. Sie flüsterte sie sogar in ihren Kopf. Ich habe Angst, dass sie alle wissen werden – dass sie sehen werden, dass ich nicht normal bin. Ich gehöre nicht zu ihnen. Ich bin eine Laune der Natur. Ich habe Angst, dass sie mich dafür hassen werden. „Ja, ich bin mir sicher“, sagte sie dann laut.
Dr. Monk musterte sie einen Moment lang, und Zoe war sich sicher, dass ihr Spiel jetzt vorbei war. Dr. Monk war Therapeutin – natürlich konnte sie erkennen, wenn jemand sie anlog. Sie würde immer weiter bohren und Zoe dazu bringen, die geheime Angst auszusprechen, die sie so lange Zeit tief in sich vergraben hatte.
Aber sie schloss nur ihr Notizbuch und legte es vorsichtig auf ihren Schreibtisch, wobei sie ein strahlendes Lächeln aufsetzte. „Wir haben heute fantastische Fortschritte gemacht, Zoe. Wir sind am Ende unserer Sitzung, also bitte denken sie daran, die Meditation in ihre abendlichen Gewohnheiten einzubauen, und versuchen sie, daran festzuhalten. Ich würde gerne hören, ob sie Fortschritte gemacht haben, wenn wir uns das nächste Mal treffen.“
Zoe stand auf, bedankte sich und ging mit dem Gefühl, dass die Zeit sie noch einmal gerettet hatte.
Dann hörte sie ein Klingeln, das aus ihrer Tasche kam. Als sie durchs Wartezimmer ging, kramte sie ihr Handy aus der Tasche und sah Shelleys Namen auf dem Bildschirm.
„Special Agent Zoe Prime“, sagte sie. Es fühlte sich gut an, die richtige, offizielle Anrede zu benutzen, selbst wenn sie wusste, wer anrief.
„Z, ich bin's. Der Chef möchte, dass du sofort zum Flughafen kommst. Wir haben einen Fall in LA. Nimm eine Tasche für die Nacht mit, ich treffe dich dort.“
„Wie lange habe ich noch?“, fragte Zoe.
„45 Minuten, dann fliegen wir.“
„Bis gleich“, sagte Zoe. Sie legte auf und ging zielstrebig durch den Flur und rechnete aus, wie viel Zeit sie zum Packen hätte, wenn sie die Fahrtzeit zum Flughafen mit einkalkulierte.
Innerlich freute sie sich, nur ein wenig. Ihr letzter Fall war bereits eine Weile her, in der Zwischenzeit gab es nur Papierkram, Gerichtstermine und viel Bürokratie. Auch wenn sie nicht gerade glücklich darüber war, dass jemand gestorben war, wäre es gut, in einen schönen, einfachen Mordfall verwickelt zu werden. Mental drückte sie sich selbst die Daumen, dass sie den auch bekommen würde.
KAPITEL VIER
Zoe blickte aus dem Fenster und beobachtete die Wolken, die unter dem Flügel des Flugzeugs vorbeizogen. Eigentlich sollte sie sich dabei gut und ruhig fühlen, schließlich gab es nichts zu zählen. Aber sie mochte das Gefühl nicht, so hoch in der Luft zu sein, und das würde sie auch nie. Sie hasste den Gedanken, dass jemand anderes die volle Kontrolle über ihr Leben hatte und damit die Verantwortung trug.
„Der zuständige Special Agent Maitland ließ uns diese Akten bereits zukommen“, sagte Shelley und holte ein paar Ordner hervor, um Zoes Aufmerksamkeit zu erregen.
Zoe drehte sich vom Fenster weg und blinzelte ein paar Mal, um sich zu konzentrieren. „Okay, und was genau sehen wir uns hier an, das so dringend ist, dass es nicht bis zu einer persönlichen Einsatzbesprechung warten konnte?“ Shelleys blonde Haare waren zu einem ordentlichen Knoten an ihrem Hinterkopf zusammengesteckt, ihr Make-up war so gepflegt und präzise wie immer. Zoe fragte sich kurz, wie sie es immer schaffte, so perfekt auszusehen, sogar mit einem kleinen Kind zu Hause, und selbst dann, wenn sie schnell zum Flughafen musste.
„Es gibt zwei Opfer“, sagte Shelley. Sie breitete die Akten vor ihnen aus. „Offensichtlich hatte das Team vor Ort das Gefühl, dass sie ohne die Hilfe des FBI nichts erreichen würden. Sie übergaben den Fall freiwillig.“
„Freiwillig?“ Zoes Augenbrauen schossen hoch. „Kein Wunder, dass Maitland uns so schnell wie möglich dort haben wollte. Er dachte wohl, sie würden ihre Meinung noch ändern.“
Es kam nicht oft vor, dass sie einen Fall erhielten, der freiwillig übergeben wurde. Die Strafverfolgung neigte dazu, territorial zu sein und einen Fall von Anfang bis Ende durchziehen zu wollen. Zoe verstand das. Dennoch führte es in der Regel zu einer angespannten Atmosphäre und auch die Hilfestellungen erfolgten eher ungern. Die Beamten neigten dazu, zu vermuten, dass das FBI da war, um ihnen ihre Arbeit wegzunehmen, und sie als nicht diensttauglich zu melden, auch wenn dies in der Regel nicht der Fall war. Es könnte erfrischend sein, irgendwo tatsächlich mal willkommen zu sein.
Shelley öffnete die erste Akte und begann, aus ihr zu lesen. „Das erste Opfer, das gefunden wurde, war männlich, weiß, Anfang dreißig. Er hieß John Dowling. Die Leute vor Ort brauchten allerdings eine Weile, um ihn zu identifizieren.“
Zoe versuchte, den Namen und die Art und Weise, wie er ihr einen Stich ins Herz versetzt hatte, zu ignorieren. John war schließlich ein weit verbreiteter Name. Sie sollte sich nicht vorstellen, dass John verblutet oder erschossen oder erwürgt worden wäre.
„Warum?“
„Die Leiche war schwer verbrannt. Die Obduktion besagt, dass ihm zuerst die Kehle durchgeschnitten wurde, dann wurde er an einen anderen Ort gebracht und kurz bevor er gefunden wurde, verbrannt.“
„Wissen wir, wo das Verbrechen begangen wurde?“
Shelley