Farbgestaltung Fotografie. Albrecht Rissler

Farbgestaltung Fotografie - Albrecht Rissler


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      Für Leo und Justus

      Hinweis zum Foto auf dem Einband: Es entstand nachts auf einer Hotelterrasse auf der Insel Procida mit Blick auf den Golf von Neapel. Es ist eine Langzeitaufnahme, kurz vor der Morgendämmerung. Das gelbe Licht stammt von Lampen einer Straßenbeleuchtung. · ar

      Albrecht Rissler

Farbgestaltung Fotografie

      INHALTSVERZEICHNIS

       Teil 1

       Zu diesem Buch

       Der sechsteilige Farbenkreis

       Das neunteilige Farbdreieck

       Teil 2

       Beispiele

       Dank und Bildnachweis

       Anstelle einer Vita

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      Straßenecke Havanna, Kuba · gr

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      Venedig · ar

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      Bildbetrachtung · ar

      ZU DIESEM BUCH

      FOTOGRAFINNEN UND FOTOGRAFEN sind aufmerksame Beobachter ihrer Umwelt und stets auf der Lauer nach einem bildwerten Motiv. Was lenkt ihre Aufmerksamkeit? Was ist ihnen ein Foto wert? Wie kommt man zu dem besonderen Bild, das aus der Masse farbiger Bildwelten heraussticht? Wer nach einer Fototour und Hunderten aufgenommener Bilder feststellen muss, dass nur ein einziges wirklich brauchbares dabei ist, kennt dieses Problem.

      Viele FotokünstlerInnen sehen in der Schwarz-Weiß-Fotografie eine Alternative. Tatsächlich kommen viele Aufnahmen gut ohne Farben aus. Das funktioniert in der Regel, wenn primär formale oder narrative Aspekte das Motiv bestimmen. Schwarz-Weiß-Aufnahmen genügen jedoch diesem Anspruch nicht, wenn Farbe das bildbestimmende Element ist. Aber auch sie alleine macht noch kein gutes Bild aus! Möchte man Farbe attraktiv – auch formal – ins Bild setzen, muss man die Wirkung von Farben kennen. Wie aus diesem Wissen allmählich intuitives fotografisches Handeln werden kann, möchte ich in diesem Buch beschreiben. Es ist eine Anleitung zum aufmerksameren Sehen und Beachten von Farben und ihren Wirkungen in der Fotografie.

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      Blätterteppich · ar

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      Zimmerflucht im Goethehaus, Weimar · wd

      GRUNDSÄTZLICHES Es gibt – stark vereinfacht – zwei theoretische Ansätze zum Farbensehen, die sich offenbar schwer vereinbaren lassen. Der eine basiert auf physikalisch-mathematischen Forschungen, während der andere mit anschaulichen, rein ästhetischen oder gar mit metaphysischen Argumenten operiert. 1704 veröffentlichte Isaac Newton eine optische Theorie des Lichts. Sein Nachweis, dass sich weißes Licht im Prisma in Spektralfarben zerlegt – der auch das Phänomen Regenbogen erklärt – forderte ein Jahrhundert später Johann Wolfgang von Goethe zu einem polemischen Widerspruch heraus. Dies führte schließlich zu der berühmten 1000-seitigen Farbenlehre des Weimarer Dichterfürsten. Sein Hauptwerk, wie er es sah.

      Mit Goethes aus vielerlei Experimenten und Beobachtungen erwachsenen Thesen zur Polarität und Entstehung der Farben aus Hell und Dunkel setzten sich bald viele Maler auseinander. Philipp Otto Runge zum Beispiel, der 1810 mit der Veröffentlichung seiner »Farben-Kugel« einen eigenen, wichtigen Beitrag leistete. Teile von Goethes »Farbenlehre« interessierten auch den englischen Maler William Turner. Komplementäre Farbpaare bestimmen auch Vincent van Goghs Bilder und die des Pointillisten Georges Seurat. Wie Goethe sah auch der Maler und Farbtheoretiker Adolf Hölzel das Auge als maßgeblich für die Beurteilung der Farben an. Dieser Ansatz ist mir sehr sympathisch, weil die Betrachtung von Farbfotografien und von anderen Werken der Bildenden Kunst vor allem ein Akt der Anschauung ist.

      Albrecht Rissler im Oktober 2018

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      Rheinebene mit dem Kernkraftwerk Philippsburg · ar

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      Frachtschiff auf dem Neckar · ar

      FARBENKREIS

      ERST EINMAL RUND Die Entstehung komplementärer Farbenpaare ist grundsätzlich auf zwei Arten vorstellbar. Zunächst die physikalische Variante: Licht, das ein Prisma durchdringt, zerlegt sich in die Spektralfarben Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett. Wird eine Farbe davon aus dem regenbogenfarbenen Band ausgeblendet, z. B. Grün, und werden die übrigen Farben in einer Linse gesammelt, entsteht die Farbe Rot – das Komplementär zu Grün. So geschieht es mit der isolierten Farbe Blau, die den Partner Orange bekommt und mit Violett, wenn Gelb isoliert wird.

      Die andere Variante ist, die Sache physiologisch zu betrachten. Ein anschaulicher Test kann helfen: Schaut man eine Zeitlang auf ein rotes Feld und schließt danach die Augen, so entsteht ein grünes Nachbild, also die Mischung aus Blau und Gelb, den beiden anderen primären Farben. Bei Blau erscheint das komplementäre Orange, bei Gelb der Farbton Violett.

      Stellt man diese Beobachtungen in einem bildhaften Modell dar, entsteht ein sechsteiliger Farbenkreis. Jeder Primärfarbe (Gelb, Rot, Blau) liegt eine Sekundärfarbe (Violett, Grün, Orange) als Komplementärfarbe gegenüber – die Mischung zweier angrenzender Farben. Aber dem Farbenkreis fehlt dennoch etwas …

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      Fassade Museum Brandhorst, München · ar

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      Maler in Cefalù, Sizilien · ar

      CYAN ODER BLAU – MAGENTA ODER ROT? »Die Farbe ist das Complicierteste«, sagte der Maler, Farbforscher und Kunstpädagoge Adolf Hölzel. Recht hatte er. Die Anzahl der Farbmodelle und Farbtheorien ist unüberschaubar.

      Diesem Buch lege ich eine Variante des weit verbreiteten Farbdreiecks des Kunstmalers und Farbtheoretikers Johannes Itten zugrunde. Dass er dies als Maler, ehemaliger Schüler Hölzels und späterer Bauhauslehrer in Weimar (1919 bis 1923) durch die Mischung von Mal- bzw. Pigmentfarben entwickelt hat, ist naheliegend.

      Ein anderes Farbmodell basiert auf den Farben Magenta, Gelb und Cyan (unten rechts). Es ist ein subtraktives Farbmodell, das im modernen Vierfarbdruck zum Einsatz kommt (unten rechts). Als Kürzel nennt es sich CMYK: C = Cyan, M = Magenta,


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