Farbgestaltung Fotografie. Albrecht Rissler
ist ein Bildthema, für das sich Fotografen und neuerdings auch wieder vermehrt Maler und Zeichner begeistern können. In diesen beiden Aufnahmen dominiert das vielfältige Spektrum erdiger Töne. Deren Verwandtschaft zu den tertiären Farben im Farbdreieck ist gut zu erkennen.
Die Wildgutach in Simonswald, Schwarzwald · ar
An der Bibliothèque nationale de France, Paris · ar
LICHTTHEATER Gleißendes Gegenlicht im Eingangsbereich der Pariser Bibliothèque nationale de France. Ich stand im Schatten einer der vier Türme und war fasziniert von der Zentralperspektive, die den Blick entlang der Bürohäuser und Holzplanken in die Tiefe zog. Im Zickzack aufgereiht, wirken die Personen wie Teile einer Inszenierung. Vergleicht man beide Aufnahmen, so demonstriert das Foto auf der rechten Seite, wie wichtig deren Position und Größe für die Raumwirkung sind. Wie anders wäre die Aufnahme ohne Sonneneinstrahlung und Schatten!
Eine zusätzliche Bildspannung erhält das Foto durch die diagonalen Schatten auf der horizontalen Ebene und durch die zum zentralen Punkt strahlenden Diagonalen der Architekturen.
Obwohl die tertiären Nuancen in der Aufnahme dominieren, verlangen die geringen Anteile gesättigter Farben die Aufmerksamkeit des Auges. Sie stehen zu dem kaltfarbenen, nahezu monochromen Bild in einem feinen komplementären Kontrast.
Sassi di Matera · ar
TON STEINE ERDE Die »Sassi« in Matera in der süditalienischen Basilikata ist ein touristischer Hotspot und wurde 1993 von der UNESCO zum Erbe der Menschheit erklärt. Der Arzt, Schriftsteller und Maler Carlo Levi schrieb 1945 in der Verbannung in seinem autobiografischen Bericht »Christus kam nur bis Eboli«, dass er noch nie ein solches Elend erblickt habe. Das ist heute noch nachvollziehbar, wenn man in das steingraue Gewirr der Häuser eintaucht. Unterschiede zwischen Höhlenwohnungen, Ruinen und restaurierten Häusern sind nur bei näherem Hinsehen zu erkennen.
Die Lage und die Atmosphäre des magischen Ortes übt auf Fotografen und Filmemacher eine immense Anziehungskraft aus. Auch viele Spielfilme sind in Matera entstanden. Pasolini drehte in Matera Teile seines »Evangelium nach Matthäus«. Mel Gibson und Richard Gere fanden hier passende Kulissen für biblische Szenen. Aber wofür soll man sich entscheiden? Für den Reiz der kaum wahrnehmbaren Kontraste unter einem schönen tiefblauen Himmel? Oder für eine Konvertierung in Graustufen? Letzteres rückt dasselbe Foto in die Nähe eines Dokuments aus der Zeit, in der Carlo Levi gelebt hat. Um aber zu demonstrieren, wie man diese erdig ausgebleichte Stadt heute erleben kann, zeige ich hier rechts eine Nahaufnahme in Farbe.
An der Schwabenheimer Schleuse · ar
NEUN TÖNE, DIE ES IN SICH HABEN Auf der rechten Seite sehen Sie eine Zusammenstellung von Farbakkorden, die das neunteilige Farbdreieck anbietet. Die obere Reihe beginnt mit den Primärfarben Gelb, Karminrot* und Ultramarinblau*. Es sind Farben, die sich aus anderen Tönen nicht erzeugen lassen. Mischt man zwei von ihnen, ergeben sich die Sekundärfarben Orange, Violett oder Grün.
Das komplette Farbdreieck zeigt, dass die Tertiärfarben (Dreiecke rechts außen) aus je einer Primärfarbe und zwei Sekundärfarben gemischt sind.
In der zweiten Reihe steht eine Primärfarbe einer Sekundärfarbe direkt gegenüber. Das sind die komplementären Farbpaare Rot/Grün, Blau/Orange und Gelb/Violett. Dritte Reihe: Zwischen komplementäre Farbpaare gestellt, können die Tertiärfarben deren direkte Konfrontation mildern, aber auch ihre Leuchtkraft steigern.
Die untere Reihe zeigt drei Beispiele einer Vielzahl von Farbakkorden, die das neunteilige Farbdreick ermöglicht. Alle Kombinationen sind als helle oder dunkle Varianten vorstellbar und werden im Fortgang des Buches immer wieder erwähnt.
Die Natur schult das Farbensehen. In ihr finden sich zahllose Beispiele, wie Farben auf unterschiedlichste Weise kommunizieren. Die Fotografie links demonstriert dies.
1: Primärfarben Gelb, Blau und Rot 2: Sekundärfarben Grün, Orange und Violett 4 bis 6: komplementäre Farbpaare RotIGrün, Blau/Orange und Gelb/Violett 7 bis 9: komplementäre Farbpaare in Kombination mit je einer Tertiärfarbe 10 bis 12: Auswahl aus einer Vielzahl möglicher Farbakkorde, die aus den Farben des neunteiligen Farbdreiecks zusammengestellt werden können.
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