Der kleine Hui Buh (Bd. 2). Ulrike Rogler

Der kleine Hui Buh (Bd. 2) - Ulrike Rogler


Скачать книгу
er sich um.

image

      „Verspukt noch eins! Das Dach sieht ja aus wie ein löchriger Käse.“ Neugierig steckt das Gespenst seinen Kopf mit dem glänzenden Ritterhelm durch eines der Löcher. Zitternd tanzt der Lichtschein unter ihm hin und her.

      „Da brat mir doch einer einen Schmetterling! Ob das ein Glühwürmchen ist?“, überlegt Hui Buh laut. „Na warte, diesem Geheimnis gehe ich auf den Grund!“

image

      Schon zwängt Hui Buh sich durch das Loch im Dach. Doch je weiter er auf das Licht zuspukt, desto größer und heller wird es!

      „Huch?“ Hui Buh stutzt. „Das ist aber ganz schön viel Licht für ein kleines Würmchen.“

      Schnell versteckt er sich hinter einem Holzbalken und hält den Atem an.

      „Natürlich hat ein Spitzenspuker von meiner Zitterklasse … äh, von meiner Güteklasse keinen verspukten Schimmer von Zähneklappern und Bibbern“, versucht Hui Buh sich selbst zu beruhigen, „aber mit Hedda zusammen wäre mir doch weniger schaurig zumute.“

      Ein Scharren ist zu hören, ein Murmeln und Kratzen.

      „Was in allen Gespensternamen macht das Glühwürmchen da?“, wundert sich Hui Buh. Er wagt einen Blick um den Balken und bekommt einen mächtigen Schreck: Das vor ihm ist gar kein Glühwürmchen, eher ein ausgewachsener Glühwurm! Mit Armen und Beinen, einem Kopf und einem hell strahlenden Auge!

      „Zu Hiiiilfe!“, ruft Hui Buh entsetzt. „Ein gespenstischer Glühriese!“ Flehend hält er beide Hände in die Höhe. „Bitte tu mir nichts, verehrter Glühriese!“

       Ein Glühriese namens Anton

      Noch immer hält Hui Buh die Hände in die Höhe, kneift die Augen zusammen und wagt es kaum zu atmen. Da hört er eine helle Stimme: „Ein Glühriese?“, fragt sie erstaunt. „Wo denn? Ich sehe keinen!“

      Das kleine Gespenst blinzelt überrascht. „Kein Wunder, dass du ihn nicht siehst“, erwidert es ängstlich, „du bist ja auch selbst der glühhafte Schauderriese … ich meine der schauderhafte Glühriese!“

      Das Ungeheuer schüttelt den Kopf. „Ich bin nicht schauderhaft!“, widerspricht es. „Ich bin Anton. Und wer bist du?“

      Vorsichtig schwebt Hui Buh näher heran. So Auge in Auge sieht Anton tatsächlich gar nicht mehr ganz so riesig aus. Und auch nicht besonders schauderhaft. Eher so wie ein Menschenjunge mit einem leuchtenden Auge mitten auf der Stirn.

      „Hallo, Anton Glühriese. Ich bin Hui Buh, das Gespenst“, stellt er sich vor.

      „Ein richtig echtes Gespenst?“ Anton klatscht in die Hände. „Ha, ich wusste doch, dass es Gespenster gibt!“

      Nun ist Hui Buh aber ein bisschen empört. „Natürlich gibt es die! Und ich bin das allergespenstischste grünlichste, äh, gräulichste … Das heißt, ich werde es sein. Sobald ich mit der Schule fertig bin. Ich bin das allergespenstischste Gespenst in Ausbildung. Und mein Motto ist: Spuken, schrecken, Grusel wecken.“

      „Hm“, macht Anton und sieht etwas besorgt aus. „Und jetzt willst du hier spuken?“

      „Das könnte ich natürlich. Und wie ich das könnte!“, gibt Hui Buh an. „Ich könnte spuken, dass sich die Balken biegen!“ Dann zupft er sich nachdenklich am Ohrläppchen und fügt an: „Aber das tue ich jetzt nicht. Weil … Ich muss nach Hause. Außerdem gibt es hier ja schon dich, Anton Glühriese. Und für uns zwei Gruseligkeiten wäre der zugige Dachboden doch etwas zu klein.“

      Anton lacht. „Aber, Hui Buh, ich bin doch kein Glühriese, ich bin ein ganz normaler Junge.“

      So recht glaubt Hui Buh das noch nicht. „Und weshalb hast du dann ein glühendes Auge mitten auf der Stirn?“

      „Kein Auge, das ist eine Lampe!“, ruft Anton. „Die habe ich mit einem Stirnband festgemacht, damit ich die Hände frei habe. Schau … hier.“ Und schon zieht er die Lampe ab. Hui Buh nickt beeindruckt.

      „Ich mache eine Zeichnung von allen Löchern im Dach“, erklärt Anton und hebt ein Stück Papier, auf dem viele Striche und einige Kreuze zu sehen sind. „Damit Mama und Papa wissen, wo sie was reparieren müssen.“

      Dann lässt Anton den Kopf hängen. „Nur wie wir die Bretter dafür aufs Dach bekommen“, seufzt er, „weiß ich nicht.“

      „Na, das ist einfach“, erwidert Hui Buh. „Du musst sie nur schweben lassen!“

      Anton nickt. „Ja, deshalb hat Mama auch einen Kran gemietet. Aber der kommt einfach nicht.“

      Hui Buh winkt ab. „Pah, wer ein angehendes Schlossgespenst hat, braucht keinen Kran! Wo ist denn das bisschen Holz, Anton? Ich lasse es im Spukkommanix aufs Dach schweben.“

      „Wirklich?“, fragt Anton begeistert und läuft zur baufälligen Scheunentreppe. „Dann komm mit, ich zeige es dir!“

image

       Spuken nicht ganz leicht gemacht

      Nur wenig später stehen Hui Buh und Anton nebeneinander auf dem Hof. Das Gespenst zupft sich unsicher erst an dem einen, dann sogar an beiden Ohrläppchen gleichzeitig. Denn der Holzstapel ist rieeeeeeesig! Damit hat Hui Buh nicht gerechnet. Kein Wunder, dass Antons Mutter einen Kran mieten wollte.

      „Ähm“, macht Hui Buh, „vielleicht könnten wir das Holz durchsägen – mehrmals. Am besten wär’s, wir zerhäckseln es und füllen es in Säcke.“

      Anton schüttelt lachend den Kopf. „Aber, Hui Buh, mit Häcksel kann man doch kein Dach reparieren.“ Damit hat Anton natürlich recht. Also atmet Hui Buh tief ein. „Nun gut“, sagt er, „ich habe zwar bis jetzt nur mich selbst und ein paar Kleinigkeiten schweben lassen, aber schließlich bin ich kein Dünnbrettspuker! Also los!“

      Konzentriert richtet das kleine Gespenst den Blick auf den Holzstapel. Dann wirft es beide Arme in die Höhe wie ein Dirigent und schwebt blitzschnell ein Stück näher. Dabei rutscht ihm beinahe der Ritterhelm vor die Augen. Hui Buh schiebt ihn aus dem Gesicht und blickt den Holzstapel streng an. „Nach oben“, befiehlt er, wackelt nachdrücklich mit den Fingern und senkt spukig die Stimme. „Schwebt, ihr Bretter, schweeeeebt!“ Doch außer einem kleinen Knarzen tut sich nichts. Hui Buh runzelt die Stirn. Vielleicht sollte er nicht gleich den ganzen Stapel auf einmal bewegen. Brett für Brett geht ja sicher auch. Seine Hände malen beschwörende Kreise in der Luft, während er seine ganze Aufmerksamkeit auf das oberste Brett richtet … Ganz langsam beginnt es, sich zu bewegen. Erst steigt es ein paar Zentimeter in die Luft – dann fängt es an, sich um sich selbst zu drehen.

      „Nicht kreiseln, du dummer Balken“, schnauft Hui Buh, „du sollst nach oben schweben!“ Der Balken hört aber nicht auf ihn. Immer schneller wirbelt er im Kreis herum!

      „Spukstopp!“, ruft Hui Buh verzweifelt. „Hör auf damit, du sollst aufs Dach!“ Um dem Befehl Nachdruck zu verleihen, fuchtelt er wild mit den Armen. Doch statt endlich nach oben zu schweben, kracht das Brett mit viel Karacho wieder zurück auf die restlichen Bretter und alles purzelt durcheinander. Gerade noch rechtzeitig zieht Hui Buh Anton zurück zum Scheunentor.

      „Verspukt und umgeworfen“, seufzt er, „vielleicht ist so ein Kran doch keine schlechte Idee.“

      Anton macht ein trauriges Gesicht. „Bis der kommt, hat uns der Wind auch noch die restlichen Bretter abgedeckt!“

      Da wird die Haustür aufgerissen und Antons Eltern erscheinen. Besonders glücklich sehen die beiden nicht aus!


Скачать книгу