Yasemins Kiosk - Eine bunte Tüte voller Lügen. Christiane Antons

Yasemins Kiosk - Eine bunte Tüte voller Lügen - Christiane Antons


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muss ich nicht lange überlegen. Ich habe morgen einen Termin mit der Bewährungshilfe und würde das mit denen besprechen«, entgegnete Nina.

      Er nickte. »Wenn das klargeht, erwarte ich dich nächste Woche hier. Und dann heißt’s für dich FFZ.«

      »FFZ?«

      »Erfährste dann.« Er führte zum Abschied seine Hand zu seiner Kappe und deutete zur Eingangspforte am Ende des Weges. »Du findest selbst raus, nicht?«

      Sie mochte Carl.

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      »Und wenn sie den Obstbrei wieder nicht isst, kannste ihr ein halbes Brot schmieren. Wenn sie doch Obst isst, kannste ihr auch so ’ne Hirsestange dazugeben oder …«

      »Yasemin, ich mache das nicht zum ersten Mal. Ela und ich werden einen schönen Nachmittag miteinander verbringen und ihr fahrt jetzt bitte. Dein Kind wird nicht verhungern. Ihr seid höchstens zwei Stündchen weg.«

      »So lange habe ich Ela noch nie allein gelassen«, jammerte Yasemin.

      Doro deutete mit einer Kopfbewegung Richtung Ausgang und formte lautlos an Nina gerichtet die Worte: »Geht jetzt!«

      Die legte Yasemin, die Ela noch auf dem Arm hielt, ihre Hand auf die Schulter. »Kommst du? Ich habe heute Abend noch ein Date mit Tim, zu dem ich gerne pünktlich erscheinen würde.«

      Yasemin drehte sich erstaunt um. »Echt?«

      »Echt.« Nina nahm Yasemin Ela ab und übergab sie an ihre Vermieterin. »Tschüss, Doro, bis später!«

      Beim Hinausgehen hielt Nina einer jungen Frau die Tür auf und grüßte freundlich. Die antwortete mit einem Nicken und betrat zögerlich den Kiosk.

      »Komm, wir nehmen meinen Wagen«, störte Yasemin Ninas Beobachtung.

      Die beiden steuerten auf den Innenhof zu. Hinter dem mittleren Garagentor verbarg sich ein wunderschön restaurierter alter Mercedes in einem knalligen Rot, den einst Doro besessen hatte. Sie hatte ihn Yasemin geschenkt, nachdem die junge Kioskbesitzerin beschlossen hatte, ihre Prüfungsangst zu überwinden und ihren Führerschein zu machen.

      »Schließt du eigentlich das Garagentor nie ab?«, fragte Nina skeptisch, als Yasemin es einfach hochschob.

      »Wer soll denn hier was klauen? Erika oder Heinz?«

      Nina war versucht zu antworten, dass im Hinterhof auch schon mal eine Leiche abgelegt worden war, verkniff es sich aber, um nicht alte Geschichten aufzuwühlen. Ehe sie sich in das Prachtstück setzte, schob sie im Fußraum eine Colaflasche und leere Weingummitüten zur Seite.

      »Ich habe eben Mittag gegessen, mein Magen ist voll, also halte dich bitte etwas zurück«, mahnte sie. Yasemin fuhr wahnsinnig gerne Auto. Und oft fuhr sie wahnsinnig Auto. Mal zu zügig, mal zu langsam, je nachdem, was sie gerade zu erzählen hatte. Pro Fahrt begegneten ihnen mindestens ein göt herif, also Arschloch, und mehrere aptallar, Idioten. Das war auch der Grund, warum Yasemin nie mit Ela Auto, sondern immer nur Bus und Bahn fuhr: »Weil einfach zu viele Idioten einen Führerschein besitzen.«

      Nach einer Viertelstunde hielten sie vor einem schicken Einfamilienhaus in einer Neubausiedlung und Nina schickte ein kurzes Dankesgebet in den Himmel, dass die Fahrt so harmlos verlaufen war.

      Wider Erwarten öffnete ihnen nicht Pascal Neumann die Tür, sondern eine sympathisch wirkende Frau, die Nina um einige Jahre jünger schätzte, als sie selbst es war. Vielleicht hatte sie auch einfach nur einen gesünderen Lebensstil – was zugegebenermaßen keine große Kunst wäre.

      »Guten Tag, mein Name ist Nina Gruber und das ist Yasemin Nowak, wir haben einen Termin mit Pascal Neumann.«

      Die Frau lächelte sie freundlich an. »Hi, ich bin Lena.« Die blonde Schönheit reichte ihnen die Hand und führte sie ins Wohnzimmer. Ihr khakifarbener Jumpsuit schmiegte sich an ihren scheinbar makellosen Körper. »Pascal ist gerade im Bad, er kommt sofort. Kaffee?«

      »Immer«, antwortete Nina und Yasemin ergänzte: »Wir sind kaffeesüchtig.«

      Sie setzten sich auf das cremefarbene Ledersofa. Das Wohnzimmer war modern mit hellen Möbeln im skandinavischen Stil eingerichtet.

      »Ich dachte, Pascal und seine Frau sind getrennt?«, flüsterte Yasemin, als Lena in die Küche verschwunden war.

      »Ja, seine Frau heißt ja auch nicht Lena, sondern Barbara«, erinnerte Nina Yasemin, bevor Pascal Neumann aus dem Flur getreten kam.

      »Ah, die Privatermittlerinnen, die meine Tante in den höchsten Tönen gelobt hat. Danke für Ihr Kommen.« Auch er schüttelte Nina und Yasemin zur Begrüßung die Hand. »Meine Freundin Lena Sanders haben Sie ja bereits kennengelernt. Schatz, bringst du mir auch einen Kaffee?«, fragte er Richtung Küche.

      »Schon in Arbeit«, rief Lena über den Lärm hinweg, den die bohnenmahlende Kaffeemaschine produzierte.

      Er setzte sich ihnen gegenüber und lehnte sich zurück. Optisch passte das Paar hervorragend zusammen. Sein weißes Anzugshemd saß wie eine zweite Haut an seinem Oberkörper. Ein Asket, dachte Nina. Auch wenn Pascal Neumann in Sachen Feinkost und Catering unterwegs war, schien er selbst keinen Bissen zu viel zu sich zu nehmen.

      »Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich bereit erklärt haben, mir zu helfen. Allerdings drückte sich Erika etwas, sagen wir, schwammig aus, was Ihre Qualifikationen angeht. Sie erzählte mir, Sie«, er wandte sich an Nina, »sind Polizistin im Ruhestand? Dafür scheinen Sie mir etwas jung zu sein.«

      Nina lachte. »Das beruhigt mich. Sabbatjahr, kein Ruhestand«, griff sie auf ihre alte Notlüge zurück.

      »Ah, in Ordnung.« Sein Blick wanderte zu Yasemin, die getrocknete Breireste von ihrem Ärmelsaum knibbelte und nicht merkte, dass er sie stirnrunzelnd beobachtete. »Und Sie sind … Kioskbesitzerin?«

      Yasemin ließ zunächst nicht von ihrem Ärmel ab, sondern nickte nur. »Ja, auch. Und anne. Und jemand, der bereits undercover in einer Kanzlei ermittelt hat, weil ich das Arschloch finden wollte, das meinen Bekannten getötet und in meinem Altpapiercontainer wie eine alte Zeitung abgelegt hat. Ach, und einen Stalker hatte ich auch noch an den Hacken, den haben wir aber ebenfalls aussm Verkehr gezogen. Reicht das als Qualifikation oder wollen Sie ’nen schriftlichen Lebenslauf?« Nun blickte sie von ihrem Ärmel hoch und Pascal Neumann direkt in die Augen.

      Nina räusperte sich. »Yasemin, ich bin mir sicher, Herr Neumann wollte lediglich wissen, woran er ist und …«

      Doch sein Lachen unterbrach ihren Versuch, aufkommende Wogen zu glätten.

      »Frau Nowak, Sie gefallen mir! Schon mal über eine Karriere in der Küche nachgedacht? Mit diesem Ton könnten Sie es weit bringen. Mich haben Sie überzeugt. Ich bin auch gerne bereit, für Ihre Dienste zu zahlen.«

      Nun schenkte auch Yasemin ihrem neuen Klienten ein Lächeln. »Lassen Sie mal gut sein. Erika hat uns um einen Gefallen gebeten. Dafür nehmen wir kein Geld, das ist ein Freundschaftsdienst.«

      In dem Moment betrat Lena Sanders mit einem Tablett den Raum. »So, bitte schön. Vier Latte macchiato und ein paar unfassbar gute Kekse aus Pascals Geschäft. Die müsst ihr probieren.«

      »Danke schön.« Nina nahm ihr Glas in die Hand. »Wir arbeiten übrigens nicht zu zweit, sondern zu dritt«, führte sie aus, als auch Lena Sanders sich zu ihnen gesetzt hatte. »Erika hat bestimmt unsere Vermieterin und Freundin Dorothee Klasbrummel erwähnt. Sie kümmert sich vor allem um Internetrecherchen und passt auf Yasemins Nachwuchs auf, wenn wir unterwegs sind.«

      »Erika sagte, Sie haben selbst eine Tochter? Wie alt isse denn?«, nahm Yasemin den Faden auf.

      Pascal Neumanns Blick wurde weich. »Emma ist fünf und mein ein und alles.«

      »Jau, versteh ich«, entgegnete Yasemin.

      »Und Ihre Frau soll auf keinen Fall von Ihren Problemen etwas mitbekommen, wir sind auch da bereits im Bilde. Können Sie denn ausschließen, dass


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