SUB ZERO. Matt James

SUB ZERO - Matt James


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nun schon wieder?

      »Was denn?«, fragte Donovan gereizt.

      House schien gleichermaßen genervt zu sein und murmelte nur etwas Unverständliches. Doch was er als Nächstes sagte, brachte Donovans Blut zum Kochen.

      »Bringen Sie unseren Jungen so schnell wie möglich wieder rauf. Der Sturm steht bereits vor der Tür, leider etwas früher als vorhergesehen.«

      »Was?«, schrie Donovan und zog damit alle Blicke auf sich.

      »Sofort, Seth«, ordnete House an, »oder ich komme runter und kümmere mich selbst darum.«

      Donovan entfernte sich kurz von seinem Posten. »Das kannst du doch nicht machen, Sebastian! Nicht nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben. Nicht, wenn wir so kurz vor dem Ziel stehen. Das musst du doch einsehen.«

      »Einen Scheiß muss ich!«, erwiderte House wütend. »Dies ist mein Schiff, Seth! Wenn du meinen Matrosen nicht raufholst – und zwar augenblicklich – stelle ich dich wegen grober Fahrlässigkeit unter Arrest. Ich habe hier das alleinige Kommando, was die Sicherheit eines jeden Einzelnen auf diesem Schiff betrifft und nicht du!«

      Donovan zuckte zusammen. Er hatte gerade die alleroberste Regel gebrochen.

      Ohne dem erbosten Captain zu antworten, meldete sich Donovan ab und gab den Befehl widerwillig weiter. Er wollte die Anwesenden aber unbedingt wissen lassen, wer die Schuld daran trug.

      »Wir brechen ab«, verkündete er deshalb. »Tut mir leid, alle zusammen, Befehl vom Captain. Holt den Taucher hoch. Der Sturm kommt offenbar schnell näher.«

      »Äh, Dr. Donovan?«, rief der Pilot des Tauchroboters nun. »Wir haben jetzt Kontakt.«

      Kontakt? Er hielt das für eine sehr eigenartige Wortwahl, um eine simple Sichtung zu beschreiben.

      Donovan drehte sich um und sah auf den Hauptmonitor, der an der bugwärtigen Wand befestigt war. Drei Meter von ihrem Taucher entfernt, schwebte jetzt ein Oktopus, der nicht größer war als die, die man in Heimaquarien fand, aber es war nicht die Größe oder die Form, die hier drinnen jedermanns Interesse weckte … es waren die strahlend blauen Adern, die unter seiner tintenschwarzen Haut pulsierten.

      Normalerweise waren Lebewesen in dieser Tiefe eher lichtdurchlässig und wenig pigmentiert, da eine Pigmentierung in der Dunkelheit des Ozeans nicht von Nutzen war. Das vor ihnen schwebende Tier hatte jedoch äußerst dunkle Haut.

      »Was mache ich denn jetzt?«, fragte der Taucher.

      Bevor Donovan oder irgendjemand anderes antworten konnte, schoss das Tier plötzlich mit unglaublicher Geschwindigkeit vor und klammerte sich an dem Helm des Tauchers fest. Selbst nach jahrelangen Studien der Spezies hatte Donovan noch nie erlebt, dass ein Exemplar so aggressiv auf etwas so viel Größeres losging. Es hätte sich normalerweise versteckt und in Sicherheit gebracht, doch stattdessen machte es sich die Mühe, den Taucher zu verscheuchen.

      Es hat ihn angegriffen!, dachte Donovan mit einem Lächeln im Gesicht. Das wird aber mal eine interessante Untersuchung.

      »Feuert die Harpune ab!«, befahl Donovan.

      Es gefiel ihm, dass der Roboter-Pilot sofort reagierte und den Abzug seines Steuerknüppels betätigte, ohne dabei mit der Wimper zu zucken. Die Taste kontrollierte das Harpunengeschoss des kleinen Tiefseegefährts, das ein Netz besaß. Augenblicklich waren Taucher und Beute gleichermaßen in das ausbruchssichere Netz gehüllt.

      Inmitten der Lichtblitze, den Jubelrufen und dem ängstlichen Aufschrei des Tauchers, wandte sich Donovan an einen Techniker in seiner unmittelbaren Nähe. »Bringt sie rauf, und zwar sofort!«

      Kapitel 1

      Der Südliche Ozean, auch als Antarktischer Ozean oder Südpolarmeer bekannt, ist eines der kältesten Gewässer der Erde. Die Wassertemperaturen schwanken von kühlen zehn Grad im Hochsommer bis zu minus fünfundsechzig Grad im langen Winter. Doch nicht nur der Ozean selbst ist tödlich, auch die Winde, die ihn beherrschen. Antarktika weist die höchsten Durchschnittswindgeschwindigkeiten des gesamten Planeten auf.

      Und das Forschungsschiff Endeavor befuhr diese Gewässer nun schon seit knapp drei Monaten. Als umgerüsteter Öltanker, benannt nach dem Schiff des bekannten Entdeckers James Cook – wenn auch anders buchstabiert – war die Endeavor von zwei Fraktionen bemannt, die auf eine langwährende Zusammenarbeit innerhalb des amerikanischen Militärs zurückblickten. Die Navy und DARPA.

      DARPA war für die von jedem Zweig des Militärs genutzten neuesten und tollsten Technologien verantwortlich und mit ihrer Partnerschaft hofften sie, die Soldaten hier an vorderster Front mit einer ganz neuen Entwicklung beschenken zu können: Unempfindlichkeit gegen Schmerz.

      Ganz schön teure Schmerzmittel, dachte der Captain entnervt und verdrehte die Augen. Er hielt allein schon die Idee, Schmerzen zu verdecken, für absolut lächerlich. Wie, auf Gottes grüner Erde, sollte man denn aus seinen Fehlern lernen, wenn man keinen Schmerz empfand? Er war der Meinung, dass die Leute heutzutage schon genug verhätschelt wurden, selbst beim Militär.

      Und nun eliminierten sie nicht nur den geistigen Schmerz, sondern auch noch den körperlichen.

      Trotzdem war er hier, auf einem Schiff der Marine. Auch wenn es genau genommen DARPA gehörte, hätte er in einer Million Jahren nicht gedacht, jemals wieder mit einer amerikanischen Flagge auf See zu sein.

      Captain Sebastian House hatte Uncle Sam fünfundzwanzig Jahre lang gedient, bevor seine geliebte Frau Karen fünf Jahre zuvor bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommen war. Ihr Tod hatte ihn schwer getroffen, aber nicht so schwer wie ihr einziges Kind, ihre Tochter Gianna.

      Genau wie ihre Mutter war Gigi ein echter Hingucker. Sie war nicht nur äußerlich schön, ihr Hautton war eine Mischung der hellen und dunklen Haut ihrer Eltern, sie besaß außerdem auch einen astronomisch hohen IQ. Ebenso wie die herrische Art ihres Vaters wirkte ihr enormer Intellekt allerdings eher einschüchternd auf die meisten, vor allem auf die Männer, mit denen sie ausging. Diese fürchteten sowohl ihre Intelligenz … als auch seine Muskelkraft.

      Ein ganzes Stück schlauer als der Partner zu sein, kam selten gut an. Die ständigen Zurückweisungen in Kombination mit dem emotionalen Trauma des Todes ihrer Mutter hatten sie dazu getrieben, auf etwas ganz anderes zurückzugreifen als auf die unerschütterliche Liebe und Unterstützung ihres Vaters.

      Es hatte sie zu gewohnheitsmäßigem Drogenkonsum geführt.

      Eines Nachts hatte House den Telefonanruf erhalten, den jeder Elternteil fürchtete. Seine zweiundzwanzigjährige Tochter war wegen Diebstahls und tätlichen Angriffs verhaftet worden. Um die Sache noch schlimmer zu machen, hatte ihre Festnahme zur Beendigung ihres gut bezahlten DARPA-Jobs geführt. Sie war die jüngste Mitarbeiterin gewesen, die DARPA seit Jahrzehnten eingestellt hatte, und hatte dieses Kunststück ganz ohne jegliche Hilfe der Freunde, die ihr Vater innerhalb der Organisation hatte, vollbracht.

      Als sie damals die Zusage bekommen hatte, hätte ihr Vater kaum stolzer auf sie sein können.

      Drei Jahre und eine Entziehungskur später waren sie nun beide an Bord der Endeavor. Sie arbeitete hier als Elektronik-Spezialistin des Schiffes und House agierte als Aufpasser und Kapitän des Gefährts. Laut dem Vertrag, den er mit DARPA hatte, hatte er somit die Verantwortung für seine Tochter. Niemand, nicht einmal die einzige Person, vor der sich House verantworten musste, hatte sie an Bord haben wollen. Sie hatte einfach zu viele Brücken hinter sich abgebrochen – vor allem innerhalb des Unternehmens, das sie entlassen hatte.

      Nun schulde ich Damon eine ganze Menge an Gefallen, dachte er seufzend.

      Damon Becker war die Kontaktperson zwischen der Navy und DARPA und sorgte für die reibungslose Kommunikation zwischen den beiden Institutionen. Er erstattete pünktlich alle zwei Tage in den Staaten Bericht, um die Führungsebene über alle Einzelheiten zu informieren.

      Ich würde mich lieber erschießen, als diesen


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