Yoga leben. Christina Lobe
Praxis erlebt oder erfahren, worauf ich gerne zurückgreifen möchte und was ich mit meinen Schülern teilen möchte?
•Was ist in meinem Leben passiert, das mich bei der Planung eines Themas inspirieren kann?
•Gibt es ein universelles Ausrichtungsprinzip oder ein Asana oder Gruppe von Asanas, auf die ich mich in dieser Klasse konzentrieren möchte?
Viele der oben genannten Fragen können zu einer Idee für ein Thema führen. Sobald du eine Themenidee hast, können dir diese Fragen weiterhelfen, die Klasse zu planen:
•Wenn ich dieses Asana übe und dieses Thema erlebe, welches Gefühl entsteht dann in mir?
•Welche Qualität würde mich dabei unterstützen, das Thema beim Üben des Asanas zu erleben?
•Welches Gefühl verbinde ich mit dem Thema?
•Welcher physische Ausrichtungsaspekt könnte diese Qualität in den Körper transportieren?
•Welches Asana verkörpert dieses Thema?
•Wie verhält sich das Thema zu den wichtigsten Lehren des Yoga bzw. der Yogaphilosophie?
Zu Beginn deiner Klasse kannst du im sogenannten Dharma-Talk, der in den ersten Minuten deines Unterrichts stattfindet, das Thema vorstellen. In der Zentrierung, der kurzen Anfangsmeditation, bietet sich dir die Möglichkeit, Anweisungen für die Sitzhaltung zu geben, die Atemwahrnehmung zu schulen, Bewusstsein für den gegenwärtigen Moment zu schaffen und das Thema mit dem Atem in der Haltung zu verbinden. Damit weben wir das Thema in den Asana-Teil der Klasse ein, was bedeutet, wiederholt und in sinnvollen Abständen das Thema zu erwähnen und es über die Qualitäten während der Yogastellungen für die Schülerinnen spürbar und erfahrbar zu machen. Dabei ist es Aufgabe der Lehrerin, die Fähigkeit zu verfeinern, ein Thema prägnant zu formulieren und so zu verflechten, dass die Schülerinnen ein stimmiges Ganzes erfahren. Wenn du dabei eine physische Aktion und Ausrichtung mit einer Qualität verknüpfst, werden diese Aspekte bald synonym füreinander stehen, und du kreierst noch mehr Dichte in deiner Klasse.
Der höhere Zweck der Yogapraxis
Die höchste Absicht der Yogapraxis ist es, sich dem Fluss der göttlichen Gnade zu überlassen und sich darauf auszurichten, zu der Wahrheit zu erwachen, dass unsere essenzielle Natur Teil dieses göttlichen Flusses (Chit) ist, und schließlich diesem Fluss liebevoll und freudig zu dienen (Ananda). Es gibt also zwei grundlegende Ziele für unsere Praxis: Wir üben zum einen, uns an unsere angeborene Güte, Freude, Liebe, Würde und göttliche Kraft zu erinnern – Chit. Die Yogastellungen können ein Mittel sein, um diese Qualitäten zu erfahren, um sich zu verbinden, sich zu erinnern und in die Einheit zurückzugelangen. Die Praxis reinigt Körper und Geist und macht uns zu einem stärkeren Gefäß, einem offeneren Kanal für Prana/Shakti. Sie macht uns zunehmend fähig und effektiv in unserem Leben und auch im eigenen Sadhana, auf unserem spirituellen Weg. Die Yogini/der Yogi praktiziert zum anderen als künstlerischer Ausdruck ihres/seines Selbst (Ananda).
Wenn wir uns „erinnern“, drücken wir natürliche Dankbarkeit für die Güte des Lebens aus und feiern sie, so wie sie ist „und so wie wir sind“.
Chit bezieht sich auf jede Absicht, bei der es darum geht, sich mit seinem inneren Selbst, der Essenz des eigenen Herzens oder der Güte im eigenen Kern zu verbinden. Es bezieht sich auf die Bewegung des Bewusstseins hin zum universellen Zentrum.
Ananda ist die tiefe Freude am Leben. Sie ist der Ausdruck von innen nach außen und bezieht sich auf jede Absicht, die sich auf die Bewegung vom Herzen in das Leben hinein entfaltet. Nachdem wir das Herz und Selbst (Chit) erinnert haben und kennen, entfalten wir uns natürlich und freudig nach außen ins Leben. Das ist eine Shakti-Erfahrung oder Ananda.
Bietet unser Thema einen Bezug zu diesem höheren Zweck und dem universellen Aspekt des Yoga, wird aus der Praxis eine spirituelle Praxis. Du musst in deinem Unterricht nicht über diesen Zweck sprechen, jedoch empfehlen wir dir, diesen für dich zu bedenken und dich zu fragen, inwiefern die Praxis den höheren Zielen des Yogas dient.
Die beiden wichtigsten Möglichkeiten zur Erstellung eines Plans für eine Yogaklasse sind:
Vom Universellen zum Spezifischen:
Auf diese Weise erstellst du einen Klassenplan, bei dem du mit dem Thema beginnst und dann eine Haltungssequenz und eine Peak-Position planst, um das Thema zu unterstützen.
•Wähle ein Thema (universell).
•Halte es einfach und klar. Es sollte so einfach und klar sein, dass dir jeder und jede der Teilnehmenden nach dem Unterricht sagen können, was das Thema war.
•Wähle eine Herzqualität/Tugend als Möglichkeit, um das Thema mit der Praxis zu verbinden und es erfahrbar zu machen.
•Verbinde das Thema mit einer persönlichen Anekdote oder Erfahrung, mit der sich die Schüler und Schülerinnen identifizieren können.
•Verbinde das Thema mit einem universellen Aspekt bzw. den höchsten Absichten der Praxis. (Hier ist es wichtig für dich, die Yogaphilosophie zu kennen, um das Thema darauf beziehen und in einen Kontext stellen zu können.)
Vom Spezifischen zum Universellen:
Hier startest du mit einem Asana bzw. der Peak-Position.
•Beziehe das Thema bzw. die Herzqualität/en auf ein oder zwei Prinzipien der Ausrichtung oder Aktionen, um einen physischen Fokus zur Unterstützung des Herzthemas herzustellen.
•Entwickle eine Folge von Asanas, die das Thema unterstützt.
•Unterrichte ein oder zwei Hauptausrichtungsprinzipien.
•Unterrichte eine bestimmte Kategorie von Stellungen (z. B. Rückbeugen oder Twists).
•Verknüpfe dein Thema mit einem höheren Zweck oder Sinn im Leben, indem du geschickt artikulierst, wie das Thema sich auf einen der beiden übergeordneten Zwecke der Praxis (Chit und Ananda) bezieht.
Beispiele:
1.Sich mit der eigenen wahren Essenz zu verbinden oder sich daran zu erinnern.
Diese Art von höherem Zweck („higher purpose“) steht im Zusammenhang mit Chit, dem Bewusstsein, das mit Shiva verbunden ist, der göttlichen Kraft des Bewusstseins, die die Quelle oder das Wesen aller Dinge ist.
2.Die Freiheit des Herzens zu erkennen, zu feiern, auszudrücken oder zu genießen.
Diese Art von „higher purpose“ steht im Zusammenhang mit Ananda, der göttlichen Kraft der Glückseligkeit oder des Glücks, das mit Shakti verbunden ist, dem äußeren Strom von Energie und Bewusstsein.
Vorlagen/Templates zu verwenden ist ein hilfreiches Werkzeug für die Planung deines Unterrichts. So kannst du sicherstellen, dass deine Klasse zu einem stimmigen Ganzen wird und jedes Puzzleteil sich in das große Bild einfügt. Auf Seite 52 ff haben wir dir alle Inhalte, die wir bei der Planung für relevant halten, zusammengestellt. Du kannst dir natürlich auch deine ganz eigene Vorlage erstellen. Gerade wenn du schon erfahren bist in der Planung von Klassen, kann es sehr inspirierend sein, deine eigene Version einer Vorlage zu gestalten.
Im Folgenden lernst du die Elemente kennen, die in deiner Vorlage auftauchen sollten.
HINWEIS
Skizziere dir eine mögliche Vorlage. Diese fünf Aspekte sollen dir als Inspiration dienen, die du gerne mit weiteren, eigenen Aspekten ergänzen kannst:
•Was möchte ich heute kultivieren?
•Wie möchte ich mich