Der Reporter. Jacques Berndorf

Der Reporter - Jacques Berndorf


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war da, es war ein dumpfes Nichts. Sicherlich, hier und da ein paar tastende Worte mit Angela, hier und da ein zögernder Gang nach draußen. Zuerst in den Hof, dann zweihundert Meter, dann dreihundert. Dann die Angst, den Keller nicht mehr zu erreichen. Schließlich der erste Besuch im Kinderheim. Und nun schreibe ich und kann sagen: Ich tue etwas.

      Nein: Ich habe seit sechs Monaten nicht mehr gearbeitet und nicht mehr getrunken, und trotzdem bin ich nur unendlich langsam erwacht und habe unendlich langsam die Risse und Rillen in diesem Betonloch wirklich zu sehen begonnen. Dass es hier unten kalt ist, weiß ich erst seit Kurzem! Seit ich bewusst diese Nächte über mir erlebe. Als ich sie das erste Mal schreien und stampfen hörte, habe ich sie nicht verachtet. Ich habe sie beneidet, weil sie im Warmen kreischten.

      Diese Nächte beginnen immer mit einer Explosion, die ich nicht genau lokalisieren kann. Ein Stuhl fällt um oder eine leere Flasche klatscht gegen eine Wand, und auf den Beton über mir regnen Glassplitter. Es kann auch sein, dass der bebrillte Hagere, der angeblich Philosophie studiert, »Vietnam!«, »Vietnam!«, schreit, es kann auch so beginnen. Dann gibt es noch die Explosion, die ich die »verzögerte« oder »unterschwellige« nenne. Ein Mädchen seufzt ganz laut oder es sagt: »Komm, spritz meine Brüste nass«, und es sagt das so gedehnt, als würden ihm gleich die Stimmbänder reißen.

      Es sind immer die gleichen Leute, und immer sind ihre Gesichter erst flach wie Pfannkuchen, um dann nach Alkohol oder Haschisch aufzuflammen wie kleine, fröhliche Sonnen. Ich habe sie gesehen, wenn ich gelegentlich baden durfte, aber sie kommen nie zu mir in den Keller. Wir wüssten uns wohl auch nichts zu sagen.

      Ich will nicht arrogant erscheinen. Aber sie kommen mir ein wenig so vor wie Kinder, die einen Do-it-yourself-Kursus in Geschlechtsverkehr belegt haben. Ich habe ihre Gesichter gesehen und weiß, dass sie das Klassenziel nie erreichen. Und sie sind ohne Schuld, denn die Welt hilft ihnen nicht. Ebenso wie Menschen heute nicht mehr zuhören können, können sie nicht mehr lieben. Sie brauchen Tamtam, man hat es ihnen gesagt. Tamtam reicht, hat man gesagt.

      Aber du kannst dieses Theater nicht verlassen, denn du hast keinen Eintritt bezahlt. Du bist in der Versenkung verschwunden, um dich zu verstecken. Jetzt musst du zuhören, wie diese leicht schmuddeligen Männchen und Weibchen, deren Anblick dich unwillkürlich an zu lange getragene Unterwäsche erinnert, das zu erreichen versuchen, was sie high nennen.

      Der bebrillte Hagere schreit: »Vietnam!«, während eines der Mädchen wahrscheinlich versucht, ihm die Hosen herunterzuziehen. Ein anderes Mädchen, die Dicke mit dem verfilzten roten Haar, schreit: »Joe! Komm in die Badewanne und steck ihn mir tief rein. Du hast den Besten, Joe, hörst du? Ich will ihn. O Gott, ich komme!« Und irgendjemand sagt: »Sie macht es mit einem Stück Bimsstein.« Der Hagere schreit: »Bericht über die Lage der Nation. Wir glauben an den Unterleib, das Christentum ist Zeitvertreib!« Dann sind Schritte auf der Treppe, und die Dünne, die sie die Katze nennen, sagt maulend und glucksend: »Mit dir macht es nicht richtig Spaß. Du machst es so schnell wie die Feuerwehr. Denk doch an mich! Ohhhh! Gib’s mir, gib’s mir.«

      Und du hockst da ganz verkrampft.

      Ich muss unterbrechen, im Kinderheim ist jetzt Besuchszeit. Ich habe kein Geld für die Straßenbahn, also werde ich laufen müssen. Ich habe für Ann ein altes Micky-Maus-Heft in einer Mülltonne gefunden. Ann ist eigentlich keine schöne Koseform für Annette, aber es war doch Liebe, verdammt, es war doch alles in Liebe.

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