Wie die Schwalben fliegen sie aus. Ursula Lüfter
muss aber in dem und dem Hotel kochen gelernt haben und muss in den gewissen Hotels gearbeitet haben, und allerhand sonstige Ansprüche wurden gestellt. Denn damals konnten sie Ansprüche stellen, Mädchen haben sie noch und noch bekommen. Es war verlangt, eine handgeschriebene Bewerbung zu schicken. Sie wollten die Schrift sehen, wahrscheinlich um etwas über den Charakter der Mädchen herauszulesen. Die Schwester hat geschrieben, dass sie im Josefshaus in Bozen bei den Klosterfrauen kochen gelernt hat, dann war sie im Mondschein zweite Köchin, ansonsten hat sie mehr privat bei Familien gearbeitet. In Pontresina hatten sie eine Patisserie. Das hat sie alles angegeben. Sie hat auch geschrieben, sie könne nur bürgerliche Küche. Sie haben sie genommen. Die gnädige Frau hat zu Anna gesagt, 60 Mädchen hätten sich gemeldet gehabt, aber sie haben sie genommen.“ Bei Hilde Gius und Paula Wörndle aus Kaltern war sicherlich die Nähe zu Bozen ausschlaggebend, dass sie die Dienste eines Stellenvermittlungsbüros in Anspruch nahmen. Paula Wörndle erinnert sich noch an den Namen der Vermittlerin: Frau Federica Lanthaler verschaffte Paula eine Stelle als Kindermädchen bei einer Gräfin in Rom.34
Für viele in italienischen Städten lebende Familien, vor allem die deutschsprachigen, bot der Anzeigenteil der Südtiroler Zeitungen einen weiteren unmittelbaren Zugang zu den Arbeit suchenden Mädchen in Südtirol. Viele Südtiroler Haushalte bezogen die Dolomiten und den Volksboten, die faschistischen Blätter Alpenzeitung und Provincia di Bolzano fanden hingegen weniger Zuspruch.35
„Gesucht gesundes, tüchtiges Mädchen für alles in Schweizer Familie. Italienische Staatsangehörigkeit, deutsche Muttersprache und Beherrschung des Italienischen Bedingung. Angebote mit Zeugnissen an Ing. H. Conrad, MCM, Fratte di Salerno (Provinz Salerno)“ (Alpenzeitung, 8. Juli 1933).
„Zirka 20-jähriges, gut erzogenes, perfekt Deutsch sprechendes Mädchen nach Milano gesucht zur Mithilfe im Haushalt und hauptsächlich zur Überwachung eines 2-jährigen Mädchens, das die deutsche Sprache erlernen muss. Gute Behandlung.“ (Alpenzeitung, 19. September 1933).
So und ähnlich lauteten die Stellenangebote. Wer entsprach solchen Anforderungen besser als ein „Oberetscher Fräulein“ mit deutscher Muttersprache und italienischer Schulbildung, das außerdem ohne bürokratische Hürden wie Ausreise-, Einreise- und Aufenthaltsgenehmigung eingestellt werden konnte?36 Gesucht wurden Hausangestellte jeder Art: Mädchen für alles, Kindermädchen, Köchinnen, Gouvernanten, Kammerzofen, Garderobieren, Haushälterinnen für allein stehende ältere Ehepaare, für kleine und „vornehme“ Familien. Unmissverständlich waren die Erwartungen: Die Mädchen sollten gesund, tüchtig, brav, ehrlich, verlässlich, nett, selbstständig, treu, kinderliebend, gut erzogen, gebildet, distinguiert, gesetzt, sauber, reinlich, flink, anständig, perfekt, erfahren, bescheiden und katholisch sein und ein angenehmes Äußeres und beste Referenzen haben. Mit Versprechungen wie gute Behandlung, reisefrei, grobe Arbeiten ausgeschlossen, gute Bedingungen, vornehme familiäre Behandlung, gute Behandlung, bleibende angenehme Stellung, vorzügliche Behandlung, Versorgung und Familienanschluss und manchmal auch beachtlichen Lohnversprechungen warben die Inserenten um ein Südtiroler Dienstmädchen.
Eine Garantie für einen „guten“ Dienstplatz boten Zeitungsanzeigen nicht. Das Katholische Sonntagsblatt warnte seine Leserinnen sogar davor, dass sich hinter den Inserenten Mädchenhändler, „die oft jüdischer Abstammung seien“, verbergen könnten: „Sie [die Mädchenhändler A. d. V.] bedienen sich der Zeitungsinserate, mittels derer Mädchen als Kinderfräulein, als Gesellschafterinnen usw. nach auswärts mit bestem Lohne gesucht werden. (…) Auch der besten, ernstesten Zeitung kann mitunter ein solch harmloses Inserat passieren, das die übelsten Folgen mit sich bringt. (…) Wer darum in die Fremde reist, möge es nicht ohne einen sichtbaren, wegkundigen Schutzengel tun; wer dort einen Posten annimmt, möge sich zuvor verläßlich darüber erkundigen.“37 Diese Wahrnehmung ist allerdings wohl auch unter dem Aspekt der grundsätzlichen Ablehnung der Kirche gegenüber der Abwanderung der Mädchen zu interpretieren.
Einige Stellenvermittlungsbüros in Südtirol vermittelten Mädchen in italienische Städte, wie das Platzierungsbüro Ennemoser in Meran.
Stellenanzeigen aus der lokalen Tagespresse.
Professor Schick (links) fungierte in den 50er Jahren in Rom als privater Stellenvermittler für Südtirolerinnen und bot auch Freizeitgestaltung an. Hier mit einigen Mädchen aus Prad vor der Anima.
Anna Toll bemühte sich in Kaltern um eine gute Stellenvermittlung für Südtiroler Mädchen in italienischen Städten. Sie blieb mit vielen Mädchen in brieflichem Kontakt, wie hier mit Anna Morandell: „Daß es dir so gut geht freut mich, wußte ich ja daß in diesem Hause ein Mädchen gut aufgehoben ist sonst hätte ich dich auch nicht empfohlen. Eine Dame aus Mailand, es scheint es sind Bekannte von Herma’s Herrschaft schrieb mir auch um eine Köchin …“
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