Dornröschen und der Mettsommernachts-Traum. Nina MacKay
Dornröschen und der Mettsommernachtstraum
Nina MacKay
Copyright © 2020 by
Drachenmond Verlag GmbH
Auf der Weide 6
50354 Hürth
http: www.drachenmond.de
E-Mail: [email protected]
Lektorat: Isabell Schmitt-Egner
Korrektorat: Michaela Retetzki
Layout: Michelle N. Weber
Illustrationen: Andrea Grautstück
Umschlagdesign: Marie Graßhoff
Bildmaterial: Shutterstock
ISBN 978-3-95991-988-3
Alle Rechte vorbehalten
Für alle,
die noch auf ihr
Happy End warten
Es steht bereits in den Startlöchern!
Und bis dahin:
Genießt jeden Tag, als sei es der letzte
vor einem hundertjährigen Schlaf.
Inhalt
Kapitel 1
Ich sitze am Rand von Snows Swimmingpool und betrachte meine menschlichen Hände. Vor mir zieht Jaz seine Bahnen. Seine Morgenrunde, wie er es nennt.
Wasser spritzt, als er direkt vor mir eine Wende einlegt, sich abstößt, um dann zum gegenüberliegenden Rand zu kraulen.
Ich blinzle. Zwei Tage sind es noch bis Vollmond. Mir läuft die Zeit davon. Kurz denke ich zurück an den Moment vor etwas über einer Woche, als Ever mich aus Versehen gekratzt hat. Als er und Jaz sich geprügelt haben. Meine Nasenflügel blähen sich, als ich mit einem Daumennagel über die Falte am Knöchel meines Mittelfingers kratze. An diesem Tag muss es geschehen sein. Nach der Prügelei. Wie gebannt starre ich auf meinen Unterarm und die dort verheilenden drei roten Striemen. Der Schorf der Wunde bröckelt bereits. Ein Werwolf? Ich? Irgendwie fühlt sich dieser Gedanke fremd an. Unmöglich geradezu. Ich winkle auch mein zweites Knie an und lege meine Wange darauf ab. Und Ever, mein Ever liegt immer noch tot in Snows Glassarg. Auch ihm läuft die Zeit davon. Wenn wir es nicht bald schaffen, seine Seele aus der Hölle zurückzuholen, werden wir es nie mehr tun.
Hinter mir geht die Tür auf. An den Schritten und daran, dass sich mehrere Personen gegenseitig mit Handtüchern eins überziehen, während sie sich übereinander lustig machen, kann ich ohne mich umzudrehen erkennen, dass es die Ehemänner von Snow, Rose und Rapunzel sein müssen.
»Oh, wir stören wohl.« Prinz Cedrics Stimme. Jemand verpasst ihm einen Schlag mit einem Handtuchende.
»Sorry, Red«, sagt Prinz Philip. »Wir brauchten mal eine Auszeit von den Mädels und ihrer strategischen Kriegsführung.«
Nachvollziehbar. Ich streiche mir die Haare aus der Stirn. »Schon gut. Ihr habt auch eine Pause verdient.« So wie Jaz und ich. Weil die Prinzen sich nicht bewegen und nur dumm rumstehen, seufze ich und frage: »Wie viele Stunden sind es noch bis zum Ultimatum von Charming?«
Prinz Adrian geht neben mir in die Hocke. Er riecht nach Bier und Buttercremetörtchen. »Noch dreieinhalb Stunden etwa.«
Eigentlich sind es drei Stunden und dreizehn Minuten, aber ich korrigiere ihn nicht. Immerhin stehen sie nun nicht mehr so steif hinter mir. Drei Stunden und dreizehn Minuten. Wie könnte ich das vergessen? Drei Tage ist es her, dass Cinder ihren Ex, Prinz Charming, dazu überreden konnte, uns einen Aufschub zu gewähren. Bevor er und die Dreizehnte Fee meine Großmutter töten. Charming hat zugestimmt. Unter der Bedingung, dass Cinder nach drei Tagen spätestens um zwölf Uhr mittags zu ihm zurückkehrt. Ansonsten wird er meine Großmutter ertränken. Genau wie wir es mit der Dreizehnten Fee getan haben. Noch drei Stunden und zwölf Minuten. Und wir haben immer noch keine zufriedenstellende Alternative. Entweder Cinder geht zu Charming zurück oder meine Großmutter stirbt. Uns läuft die Zeit davon.
Jaz taucht direkt vor uns aus dem Wasser auf, was Prinz Adrian zusammenschrecken lässt.
Wie in einem Werbespot stemmt er sich am Rand aus dem Becken, schüttelt seine dunklen Haare. Das Wasser läuft ihm in Strömen über den durchtrainierten Oberkörper, während ihn von hinten die Sonne anstrahlt, sodass die Wassertröpfchen in seinen Haaren wie Diamanten glitzern. Sein ganzer Körper scheint zu leuchten. Auf einmal kann ich nachvollziehen, dass den Meermädchen in Neverland der Speichel aus den Mundwinkeln läuft, sobald sie ihn ins Wasser springen sehen.
Zu spät bemerke ich, dass ich ihn anstarre, weswegen ich hastig den Kopf senke.
Irgendwo höre ich Spieglein nach Luft schnappen, was mich kein bisschen wundert. Snows Spiegel stalkt Jaz praktisch in jeder freien Minute und aus jeder sich spiegelnden Oberfläche heraus.
Jaz, wunderbarer Jaz. Schon fast ein wenig zu perfekt. Ich beiße mir auf die Unterlippe. Aber er ist nicht Ever.
Natürlich verschlucke ich mich trotzdem bei seinem Anblick. Weil ich nicht lange genug wegschauen kann. Und kurz darauf schüttelt mich ein Hickser. Schluckauf. Auch das noch.
Mit einem breiten Lächeln im Gesicht gleitet Jaz neben mich auf die Fliesen. Er mustert mich, klopft mir dann auf den Rücken, während ich erstickt huste.
»Vielleicht nicht gerade jetzt sterben, Red. Eben ist mir eine Idee gekommen.« Mit seinem