PYROMANIA. DAS WELTENBRENNEN. Victor Boden

PYROMANIA. DAS WELTENBRENNEN - Victor Boden


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Doch noch immer feuerte er ununterbrochen. Dann schlug mir etwas die Füße weg. Eines seiner Projektile hatte mich getroffen. Ich stürzte, meine Waffe glitt mir aus den Händen. Meine letzten Gedanken galten euch, im sicheren Gefühl, dort auf diesem fremden Planeten zu sterben.« Obwohl die Erinnerungen ihrem Mann spürbar zusetzten, wirkte ihr Sohn gelangweilt.

      Timothy seufzte tief und schloss die Augen. »Doch ich starb nicht. Als ich wieder zu mir kam, schwebte ich über dem Boden. Um mich herum ein flammendes Inferno. Ich spürte meine Beine nicht. Verschwommene Gesichter neben der Hovercrafttrage. Ich versuchte aufzustehen, um weiter zu kämpfen. Jemand drückte mich in die Luftkissen. Zurück im Stützpunkt erfuhr ich, dass nur sechzehn Soldaten diese Hölle überlebt hatten. Dann hieß es, ein Aliengeschoss habe mich in den Rücken getroffen.« Timothy blickte seinem Sohn lange in die Augen.

      »Sie haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Herkunft des Projektils zu ermitteln.«

      Brian erwiderte den Blick, dann wandte er sich ab.

      »Nun, das ist deine Version der Geschichte. Vielleicht entspricht sie sogar den Tatsachen. Aber es ist eben nicht die offizielle Version der Geschichte. Ich muss mit deiner Schande leben. Und ich hasse dieses Leben. Ich habe mich freiwillig gemeldet und verschwinde von hier. Ihr werdet mich nicht daran hindern.«

      Seine harten Worte katapultierten Margaret mitleidlos in das Tränenmeer, an dessen Ufer sie ständig wandelte. Sie brach zusammen und weinte, doch nicht einmal ihr haltloses Schluchzen erreichte ihren Sohn noch. Er hatte sich innerlich in der Welt kalten Stahls und blitzender Waffen verschanzt und alle Luken schalldicht hinter sich verschlossen.

      Brian erhob sich abrupt, verschwand in seinem Zimmer und kehrte nur wenige Minuten später mit seinem Kleidersack zurück.

      »Brian …« Weinend zog sie ihren Sohn an sich. Er umarmte sie emotionslos und erlaubte ihr widerwillig, ihm einen Abschiedskuss auf die Wange zu drücken. Dann schob er sie von sich, schulterte sein Gepäck und schritt, ohne sich umzudrehen, aus der Tür.

      »Ihr seid mit Abstand der lausigste Haufen Rekruten, der mir je untergekommen ist!«, brüllte der hochgewachsene Offizier, der sich den Wartenden mit schneidender Stimme als Drillsergeant Cobaine vorgestellt hatte. Seine tadellose Uniform und sein kantiges Gesicht wirkten ebenso einschüchternd, wie das altehrwürdige Gussbetongebäude hinter ihnen. Diese graue Militärakademie hatte Hunderttausende Anfänger durch ihre Tore eingelassen, um sie als trainierte Friedenskämpfer zu entlassen.

      Vier Wochen würde dieses Furcht einflößende Gebäude Brians Zuhause sein. Die Ausbilder würden ihn durch das härteste Training schleifen, um ihn auf den Kampf gegen die Correlianer vorzubereiten.

      Brian war fest entschlossen, sein Bestes zu geben. Vielleicht würde sein Einsatz den Schandfleck in seiner Familiengeschichte tilgen, den sein Vater hinterlassen hatte. Er versuchte, sich auf die Worte des Drillsergeants zu konzentrieren.

      »Falls ihr gekommen seid, um Ruhm zu ernten und ein Held zu werden: Vergesst es! Wir sind einzig und allein zur Pflichterfüllung hier. Für unsere Welt, für die Menschen, für eure Familien.«

      Cobaine schritt langsam die Reihe der Neuankömmlinge ab und musterte jeden mit unverhohlener Abscheu. Direkt vor Brian blieb er stehen und fixierte ihn mit seinen stahlblauen Augen. Der sezierende Blick bohrte sich in Brians Innerstes, öffnete es mit der scharfen Schneide der Menschenkenntnis und offenbarte Geheimnisse, die verborgen bleiben sollten. Brian fühlte sich geradezu entblößt, während sein Ausbilder wissend lächelte. Dann wandte er sich dem nächsten Rekruten zu.

      »Für Einzelkämpfer ist hier kein Platz. Die erste Lektion: Einer für alle, alle für einen. Diejenigen, die ohne Kameraden auszukommen glaubten, hatten nie genug Zeit, den Nachkömmlingen zu erzählen, dass sie sich irrten. Weil sie aus Plastiksärgen keine Ratschläge mehr geben konnten.«

      Der Drillsergeant trat zurück, betrachtete die Männer, die schwitzend vor ihm standen, und schüttelte resigniert den Kopf.

      »Jetzt geht und holt eure Trainingskombis. Auf dem Weg dorthin kommt ihr an einer Vitrine vorbei. Seht euch den Inhalt gut an. Diesen Kampfanzug werdet ihr tragen, falls es euch gelingt, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Ihr werdet sie mit Stolz tragen, wenn ihr in den Kampf zieht. Aber dazu müsst ihr erst meine Ausbildung überleben.«

      Brian rannte los.

      Der Gleiter landete sanft auf dem Dach des Firmengebäudes der GunTec Corporation. Derek Colwell verließ das Fahrzeug, grüßte die schwer bewaffneten Wachen und betrat den Antigravitationslift, der ihn direkt in die Arbeitsräume seines Vaters befördern würde.

      Lautlos öffneten sich die Türen und er stand in der riesigen Empfangshalle. Die Brünette hinter dem roten Manila-Padouk-Schreibtisch war neu hier. Sie hatte ein hübsches Gesicht. Diese Auswahl sehr junger und sehr weiblicher Mitarbeiterinnen missfiel ihm. Zumindest waren sie nicht minderjährig. Obwohl … die Position seines Vaters an der Machtspitze hätte ihm Straffreiheit garantiert. Selbst wenn er es mit Kindern getrieben hätte.

      Die junge Dame erhob sich bei seinem Eintreten und musterte ihn mit unverhohlener Neugier. Wenn sie schon mit dem Vater schlief, würde sie eine Einladung des Sohnes nicht ablehnen, schoss es Derek durch den Kopf. Doch er war verheiratet und nahm die altmodische Tradition der Monogamie sehr ernst. Außerdem liebte er seine Frau.

      »Ihr Vater erwartet Sie«, erklärte die Brünette nun mit rauchiger Stimme, die älter klang, als ihr Aussehen vermuten ließ. Derek nickte ihr zu und öffnete die Flügeltüren zum Allerheiligsten.

      Sein Vater saß hinter seinem Schwarznussschreibtisch voll Aktenordnern, Papierstapeln und einem Arrangement verschiedenster Alkoholika. Vor Besuchern gab er sich den Anschein pausenloser Aktivität, doch tatsächlich galt sein Hauptaugenmerk den schönen Mädchen seiner Umgebung. Derek wusste, dass von diesem Raum eine verborgene Tür in ein angrenzendes … Spielzimmer führte, in dem er den Großteil des Tages verbrachte. Natürlich mit langbeinigem Spielzeug. Derek teilte die Leidenschaft seines Vaters für blutjunge Frauen nicht, aber er sah auch keinen Grund, seinen alten Herrn deshalb zu tadeln. Schließlich hatte er dieses gigantische Imperium aufgebaut, und so sollte er die Früchte seiner Arbeit genießen dürfen. Zumal ihm die Früchtchen willig in den Schoß fielen. Geld stellt ein unwiderstehliches Aphrodisiakum dar. Die Tatsache war fast schon ein Naturgesetz.

      Das Geld spielte in seiner Familie nie eine Rolle. Man sprach nicht darüber, man besaß es einfach. Sein Vater hatte ihn durch die Eliteuniversitäten Neuoxford, Harvard II und Yaletown geschleust, und Derek nahm diese Herausforderungen dankbar an. Mit seinem angehäuften Wissen landete er schließlich in der Waffenforschung der GunTec und war als Projektleiter maßgeblich an der Entwicklung der neuen Techno-Impulsgewehre und den Pyro-Plasmabrennern beteiligt. Seine Befreiung vom Dienst im Friedenskorps war durch diese Projekte mehr als gerechtfertigt. Aber nun war ihm und seinen Mitarbeitern ein Durchbruch gelungen, der alles in den Schatten stellte. Er konnte es kaum erwarten, seinem Vater diese frohe Botschaft zu verkünden.

      Guy Colwell besaß durch aufwendige Behandlungen das Äußere eines agilen Mittvierzigers, der beschlossen hatte, nicht zu altern. Seine inneren Organe waren durch jüngere Exemplare ausgetauscht worden, die welkende Haut wurde regelmäßig einer Frischzellenkur unterzogen und für die poröser werdenden Knochen wurde hoch dosiertes Kalzium gespritzt. Selbst die an Sehkraft verlierenden Augen waren ersetzt worden. Genau betrachtet stand Derek einem menschlichen Ersatzteillager mit dem Gehirn seines Vaters gegenüber.

      »Mein Sohn!«, rief sein Vater aufgeräumt und eilte ihm mit offenen Armen entgegen. Ein gewisser Glanz in seinen Augen verriet Derek, dass er ihn wahrscheinlich beim Beischlaf gestört hatte. Doch angesichts der Nachrichten, die er ihm brachte, würde sein alter Herr den Interruptus wohl verschmerzen.

      Er umarmte seinen Vater. Dann ließen sie sich in der Designer-Sitzecke nieder, die zwanglosen Unterredungen mit hochrangigen Gästen vorbehalten war.

      »Du siehst müde aus, Junge. Was verschafft mir die Freude deines unerwarteten Besuchs?«

      Derek schob ihm eine


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