Karamell - Ein Pferdekrimi. Ariane Gilgenberg

Karamell - Ein Pferdekrimi - Ariane Gilgenberg


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länger, aber Luisas Mutter verdrehte jedes Mal die Augen.

      „Wollen die mich alle für blöd verkaufen?“, entrüstete sie sich. „Ich habe zwar nicht allzu viel Pferdeverstand, aber das ist wahrlich abenteuerlich. Was die Leute einem alles aufzuschwatzen versuchen! Entweder ist das Pferd zu teuer, zu alt, zu jung oder es ist so billig, dass man schon fühlen kann, dass hier etwas nicht stimmt.“

      „Wundert mich nicht“, konterte Luisa.

      „Und stell dir vor, bei dem letzten Telefonat wollte mir einer ein Pferd anbieten, das wahre Häuser springen soll, natürlich für ganz wenig Geld. Purer Unsinn ist das. So ein Pferd würde niemand verkaufen.“

      „Mama, wer sich ein neues Pferd kaufen wollte, der hat das bereits im Winter getan.“

      „Warum?“

      „Dann ist genug Zeit, um sich auf die Turniere vorzubereiten.“

      „Ja, du hast recht. Ich muss zugeben, dass ich mir die Pferdesuche einfacher vorgestellt habe. In mir wächst das Gefühl, dass immer mehr Leute einen hereinlegen wollen.“ Sie seufzte und setzte sich Teewasser auf.

      Luisa marschierte mit ihrem Kakao und der Reiterzeitung auf die Terrasse vors Haus und setzte sich auf einen Gartenstuhl. In dem angrenzenden Steingarten blühten die ersten Frühjahrsblumen in einem kräftigen Gelb. Ihr zarter Duft betörte Luisas Sinne. Der Wind strich ihr sanft über das Gesicht. Luisa dachte über die Telefonate nach. Es gab so viele Pferde. Es musste doch möglich sein, wenigstens zwei oder drei zu finden, die eventuell infrage kamen. Auch um diese Jahreszeit.

      Der Wind zupfte an den Seiten der Reiterzeitung. Plötzlich kroch Veilchen, der Kater der Falkenbergs, aus dem Blumenbeet hervor. Er schaute mit großen, runden Augen zu Luisa hoch und hüpfte auf ihren Schoß.

      „Veilchen, du kleiner Moppel, du zeigst mir jetzt die richtige Telefonnummer.“ Sie hielt ihm die Anzeigen vor die Nase. Er rieb inbrünstig seinen Kopf an den Blattseiten und war damit höchst zufrieden. „Also das Lesen hat auch schon einmal besser geklappt.“ Luisa gab ihm einen Kuss. Dann wanderten ihre Augen wieder zum Magazin.

      Plötzlich entdeckte sie die schmale, unscheinbare Anzeige Sportpferde Langen. „Sportpferde Langen?“, überlegte sie. „Da könnten wir auch anrufen. Die Pferde werden hübsch teuer sein, wenn da Sportpferde steht.“

      „Aber nachfragen könnte Mama mal“, klärte sie Veilchen auf.

      „Was könnte ich“, rief ihre Mutter von drinnen.

      „Ich glaube, ich habe etwas gefunden.“ Luisa setzte Veilchen auf den Boden, der beleidigt von dannen zog, und ging zurück ins Haus. Sie setzte sich an den Esstisch in der Küche. „Mama, hast du diese Anzeige schon gesehen? Veilchen hat sie gefunden.“

      Ihre Mutter stellte die heiße Teetasse beiseite und schaute neugierig auf die Annonce. „Nein, die habe ich übersehen. Gib her, wir rufen gleich dort an.“ Luisas Mutter wählte die Telefonnummer des Pferdehofs Langen. Luisa hielt ihr Ohr mit an den Hörer. Am anderen Ende der Leitung meldete sich die Stallbesitzerin. Sie hatte eine freundliche Stimme, wirkte gar nicht eingebildet und so fasste Luisas Mutter Mut, nach einem Jugendpferd zu fragen.

      „Guten Tag Frau Langen, hier spricht Anna Falkenberg. Ich rufe an, um nach einem Pferd für unsere Tochter zu fragen. Sie reitet jetzt seit vier Jahren und ist zwölf Jahre alt.“

      „Aha, das hört sich gut an. Suchen Sie ein Dressurpferd oder ein Springpferd?“, fragte Frau Langen.

      „Ein Springpferd soll es sein, das A bis L Parcours bewältigen kann. Das Pferd sollte auf jeden Fall über einen Meter kommen können. Es kann auch noch ein jüngeres Pferd sein, das noch etwas lernen will. Nur ganz roh sollte der Vierbeiner nicht sein.“

      „Ja, ich verstehe. Es ist immer wichtig, dass der Käufer uns detaillierte Angaben zu seinen Wünschen machen kann. Umso besser können wir das richtige Pferd für ihn finden. Kommen Sie zu uns, vielleicht am nächsten Wochenende. Wir haben einige Pferde zur Auswahl.“

      „Tatsächlich?“ Luisas Mutter war überrascht.

      Luisa bekam glühende Wangen. Das hatte Veilchen prima gemacht.

      „Sie hätten wirklich ein passendes Pferd für uns?“, fragte Frau Falkenberg. „Was kosten die Pferde bei Ihnen?“

      „Ach, kommen Sie zuerst einmal her und schauen Sie sich unsere Verkaufspferde an. Über den Preis werden wir uns schon einig werden.“

      Solche Antworten liebte sie gar nicht. Ob man sich wirklich über den Preis einig würde, dachte Luisas Mutter. Aber die Aussicht, gleich mehrere Jugendpferde zur Auswahl zu haben, klang vielversprechend. Und so fuhr die ganze Familie Falkenberg am darauffolgenden Wochenende zum Reiterhof Langen.

      ***

      Das letzte Wegstück schlängelte sich durch Felder, Wiesen und Wälder. Fast hatten sie den Eindruck, im Niemandsland angekommen zu sein. Doch dann öffnete sich der Wald und gab den Blick frei auf eine großartige herrschaftliche Anlage aus mehreren alten Fachwerkgebäuden.

      Herr Falkenberg fuhr im Schritttempo in den gepflegten Innenhof. Überall standen hübsch arrangierte Blumentöpfe herum, aus denen die bunten Frühjahrsblumen üppig hervorquollen. Luisa hielt vor Staunen den Atem an. So prachtvoll und schön hatte sie sich einen Reiterhof immer vorgestellt, aber noch nie einen in Wirklichkeit gesehen. Hier konnten nur die besten Pferde stehen, da war sie sich sicher.

      Die Falkenbergs wurden gleich freundlich von zwei schwarzen Kätzchen mit weißen Pfoten begrüßt. Sie saßen adrett auf einer Holzbank vor der Haustür und genossen die spärlichen Sonnenstrahlen. Neele und Luisa strichen ihnen zärtlich über das Fell. Sie antworteten mit einem behaglichen Schnurren.

      Aus dem Haus tönte lautes Hundegebell. Kurz darauf erschienen Vater und Sohn Langen in Begleitung ihrer Labradorhündin, die die Katzen umgehend von ihrer Sonnenbank verjagte. Vater Langen war ein sympathischer, etwas untersetzter, mittelgroßer Mann um die Fünfzig. Sein Sohn Tim war Mitte zwanzig. Er überragte seinen Vater um mindestens einen Kopf.

      Herr Langen reichte Luisa die Hand. „Du bist also die Springreiterin?“

      „Ja, nein“, antwortete Luisa verlegen. „Ich möchte einmal eine gute Springreiterin werden.“

      „Das ist sehr schön. Und wer so große Pläne hat, der braucht ein gutes Springpferd, nicht wahr?“

      Luisa nickte schüchtern. „Mmh.“

      „Dann werden wir gleich im Stall schauen, was wir für dich haben“, sagte Herr Langen freundlich. „Und du bist die kleine Schwester“, wollte er von Neele wissen. „Reitest du auch?“

      „Ja, ich reite ein Pony.“

      „Und was machst du damit? Gehst du auch auf Turniere?“

      „Ja, Topsi ist ein Dressurpony. Springen kann er auch. Aber er traut sich manchmal nicht richtig, besonders wenn er über Planken springen soll.“

      „Na, da habe ich ja zwei ganz erfahrene Reiterinnen hier“, lobte der Stallbesitzer.

      Nachdem Herr Langen auch die Eltern Falkenberg begrüßt hatte, ging er voran in den Stall, ein altes Bruchsteingebäude, und hielt vor der dritten Box auf der linken Seite an.

      „Hier, Luisa“, lächelte er und schob die Boxentür auf, „diesen Fuchswallach kann ich mir ausgesprochen gut für dich vorstellen. Er ist ein richtiges Jugendpferd. Nicht zu groß und nicht zu klein. Sehr umgänglich und freundlich.“

      Luisa war sofort hingerissen. „Ist der süß!“ Mit großen Augen und gespitzten Ohren sah der Fuchs neugierig zu ihr herunter. Er tauchte seine weiche Nase ganz zärtlich in ihre Haare und schnüffelte auch an der Jacke herum. Besonders an den Jackentaschen versuchte er zu ergründen, ob sich da nicht vielleicht ein Leckerli versteckt hielt.

      „Ja, den möchte ich gerne einmal reiten.“ Luisas Augen glänzten


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