Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

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daß diese Veränderung nicht das geringste Geräusch verursachte. Heyward fühlte, daß jetzt gehandelt werden mußte. Er warf sein Bein über den Sattel und stieg ab, entschlossen sich seines verrätherischen Begleiters zu bemächtigen indem er sich auf seine Mannesstärke verließ. Um jedoch unnöthigen Lärm zu verhüten, behielt er immer noch den Anschein der Ruhe und Vertraulichkeit. Le Renard Subtil ißt nicht,« sprach er, indem er sich des Namens bediente, welcher der Eitelkeit des Indianers am meisten zu schmeicheln schien. »Sein Korn ist nicht gut geröstet, es scheint zu trocken. Ich will sehen, vielleicht findet sich etwas unter meinem eigenen Vorrath, was ihm besser mundet.«

      Magua hielt die Reisetasche hin, um ihm zuvorzukommen. Er litt es selbst, daß ihre Hände sich berührten, ohne die geringste Aufregung zu zeigen, oder die Stellung der Aufmerksamkeit zu verändern. Kaum fühlte er aber, daß Heyward’s Finger sich leicht über seinen nackten Arm hinbewegten, so schlug er die Hand des jungen Mannes zurück, stieß, unter ihr wegspringend, einen durchdringenden Schrei aus und tauchte mit einem einzigen Sprung in das entgegengesetzte Dickicht. Im nächsten Augenblicke erschien die Gestalt Chingachgook’s vor den Gebüschen, der mit seiner Gesichtsbemalung wie ein Gespenst aussah, und glitt über den Pfad hin, um ihn eiligst zu verfolgen. Einen Augenblick später folgte Uncas’ Ruf, und die Wälder wurden durch einen plötzlichen Strahl erleuchtet, den ein scharfer Knall von des Jägers Büchse begleitete.

       Inhaltsverzeichnis

      – – In einer solchen Nacht

       Hüpft’ Thisbe furchtsam über’n Thau dahin

       Und sah des Leuen Schatten vor dem Leuen.

      Der Kaufmann von Venedig.

      Die plötzliche Flucht seines Führers und das wilde Geschrei der Verfolger versetzten Heyward auf einige Augenblicke in ein unthätiges Erstaunen. Bald aber bedachte er, wie wichtig es sey, sich des Flüchtlings zu versichern, stürzte auf die nahen Gebüsche und drang eilig vor, um sie bei der Jagd zu unterstützen. Er hatte aber noch keine zweihundert Schritte zurückgelegt, als er die drei Waldbewohner bereits von ihrer fruchtlosen Verfolgung zurückkehren sah.

      »Warum so bald den Muth verloren?« rief er; »der Schurke muß sich hinter einem dieser Bäume verborgen haben, wir können seiner noch habhaft werden. Wir sind nicht sicher, so lang er auf freiem Fuße ist.«

      »Wollt ihr den Wind mit einer Wolke jagen?« fragte der Kundschafter ärgerlich; »ich hörte den Teufelskerl über das trockne Laub hinschlüpfen, wie eine schwarze Natter, bekam gerade über jener dicken Fichte einen schwachen, flüchtigen Schein von ihm, spannte, als wäre ich ihm auf der Fährte, ‘s war aber Nichts! und doch hieße ich’s, wenn ein Anderer als ich den Drücker berührte, meisterlich gezielt, und man sollte meinen, ich habe Erfahrung in diesen Dingen, und könne es wissen. Da seht ‘mal diesen Summach an, seine Blätter sind roth, und doch weiß Jedermann, daß er im Monat July in gelber Blüte steht.«

      »‘s ist Blut von le Subtil! er ist verwundet und fällt vielleicht noch!«

      »Nein, nein,« entgegnete der Kundschafter, diese Vermuthung entschieden verwerfend, »ich streifte wohl nur die Rinde von einem Gliede ab, und der Bursche hüpft dafür um so länger. Eine Büchsenkugel thut einem Jagdthier, wenn sie’s streift, just denselben Dienst wie euer Sporn dem Rosse, sie beeilt nur seinen Lauf, und bringt Leben in das Fleisch, statt es zu rauben. Aber wenn’s ein tüchtiges Loch bohrt, so ist’s nach ein paar Sprüngen gemeiniglich am Ende mit dem Laufen, sei’s nun Indianer oder Wild!«

      »Wir sind aber vier kräftige Kerls gegen einen Verwundeten!«

      »Ist’s Leben euch verleidet?« unterbrach ihn der Kundschafter. »Der rothe Teufel dort würd’ euch in’s Bereich der Tomahawks seiner Gesellen bringen, bevor ihr euch noch von der Jagd erhitzt hättet. Es war ein unbesonnener Streich von einem Mann, der so oft geschlafen hat, während der Schlachtruf durch die Luft ertönte, seine Flinte in der Hörweite eines Hinterhalts abzufeuern. Aber die Versuchung war zu groß! Kommt, Freunde, verändern wir unsern Standort auf eine Weise, welche den listigen Mingo auf eine falsche Fährte bringt, sonst trocknen morgen um diese Stunde unsre Skalpe vor Montcalm’s Lager im Winde!«

      Diese schauderhafte Erklärung, welche der Kundschafter mit der kaltblütigen Zuversicht eines Mannes gab, der die volle Gefahr begriff, während er nicht fürchtete, ihr die Stirne zu bieten, erinnerte Heyward an die Wichtigkeit des Amtes, das er freiwillig übernommen hatte. Während er seine Augen umherwarf und vergeblich sich anstrengte, die Finsterniß zu durchdringen, welche unter dem Blätterbogen des Waldes immer mehr sich verdichtete, war es ihm, als ob seine wehrlosen Begleiterinnen, von menschlicher Hülfe abgeschnitten, bald der gänzlichen Willkühr dieser barbarischen Feinde hingegeben wären, die, gleich Raubthieren, nur warteten, bis die Finsterniß ihre Streiche noch sicherer und verderblicher machte. Seine aufgeregte Einbildungskraft, getäuscht durch das trügerische Licht, verwandelte jedes sich bewegende Gebüsch, jeden Stamm eines gefallenen Baumes in menschliche Gestalten, und zu wiederholten Malen glaubte er die greulichen Gesichter seiner lauernden Feinde unterscheiden zu können, wie sie, in rastloser Wachsamkeit, auf die Bewegungen seiner Begleiter aus ihren Verstecken hervorschauten. Aufblickend fand er, daß die dünnen, stockigen Wölkchen, welche der Abend an dem blauen Himmel geröthet hatte, bereits die schwächsten Tinten ihrer Rosenfarbe verloren, während der eingebettete Strom, der an dem Orte, wo er stand, vorbeifloß, nur noch an dem dunkeln Streifen seiner bewaldeten Ufer erkennbar war.

      »Was ist zu thun?« fragte er, die äußerste Hilflosigkeit seiner peinlichen Lage empfindend; »verlaßt mich nicht um Gottes Willen! Bleibt, um die zu vertheidigen, die unter meinem Geleite stehen, und bestimmt frei, womit ich euch belohnen soll!«

      Seine Begleiter, welche auf der Seite in der Sprache ihres Stammes sich beriethen, achteten nicht auf diese plötzliche, ernstliche Aufforderung. Obgleich ihre Unterredung in leisem und vorsichtigem Tone gehalten wurde, und nicht vielmehr als Geflüster war, konnte doch Heyward, welcher jetzt hinzutrat, leicht den ernstlichen Nachdruck des jungen Kriegers von den bedächtlicheren Reden der Aelteren unterscheiden. Offenbar stritten sie über die Zweckmäßigkeit einer Maßregel, welche das Wohl der Reisenden betraf. Von der Dringlichkeit seines Gegenstandes bewältigt und ungeduldig über einen Verzug, der ihm mit so viel Gefahr verbunden schien, trat Heyward näher zu der düstern Gruppe heran, um sein Anerbieten in Betreff der Belohnung noch bestimmter auszudrücken, als der Weiße, mit der Hand eine Bewegung machend, als gäbe er den bestrittenen Punkt zu, sich abwandte und in einer Art Selbstgespräch in englischer Sprache sagte:

      »Uncas hat Recht! Es wäre unmenschlich, so harmlose Geschöpfe ihrem Schicksal zu überlassen, selbst wenn dadurch unser Zufluchtsort für immer aufs Spiel gesetzt würde. Wenn Ihr diese zarten Blumen aus der Gewalt der schlimmsten aller Schlangen retten wollt, Herr, so habt ihr keine Zeit zu verlieren, und müßt zu einem Entschlusse kommen!«

      »Wie könnt Ihr an einem solchen Wunsche zweifeln! habe ich mich nicht bereits erboten –«

      »Richtet euer Gebet an den Himmel, der kann uns allein Weisheit geben, die Arglist der Teufel, die diese Wälder füllen, zu Schanden zu machen,« unterbrach ihn ruhig der Kundschafter: »aber verschont uns mit euern Geldanerbietungen, der Ihr vielleicht nicht so lange lebt, um sie zu erfüllen, noch ich, um sie zu benützen. Diese Mohikaner und ich wollen thun, was Menschengedanken ersinnen können, um liebliche Blumen, welche nicht für die Wildniß geschaffen sind, vor Schaden zu bewahren, und zwar ohne Hoffnung auf andere Belohnung, als solche, welche Gott immer rechtschaffenem Handeln zu Theil werden läßt. Zuerst müßt Ihr zweierlei versprechen, sowohl in eurem Namen, als für eure Freunde, oder wir werden uns, ohne euch einen Dienst leisten zu können, nur selbst Schaden bringen!«

      »Redet!«

      »Das Erste ist, euch stiller zu verhalten, als die ruhenden Wälder hier, mag auch geschehen, was da will; das Zweite den Ort, wohin wir euch bringen, vor jedem Sterblichen geheim zu halten.«

      »Ich


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