Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper


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einer Art von Tragbahre deutend, die, aus rohen Aesten verfertigt und mit Weiden zusammengebunden, als unnütz jetzt nachlässig bei Seite geworfen schien.

      »Jetzt haben wir’s!« rief der entzückte Hawk-eye. »Wenn die Schelme den Weg in einer Minute zurückgelegt haben, so waren Stunden nöthig, ihrer Fährte ein Lügen-Ende zu zimmern. Nun ich weiß, daß sie mit so geringfügiger Arbeit schon Tage zugebracht haben. Hier haben wir drei Paar Moccasins, und zwei von kleinen Füßen. Es ist erstaunlich, daß menschliche Wesen auf so kleinen Gliedern gehen können! Uncas, gib mir den bockledernen Riemen, daß ich die Länge dieses Fußes messe. Bei Gott, ‘s ist der eines Kindes, und doch sind die Mädchen schlank und stattlich. Der Himmel ist parteiisch mit seinen Gaben, wiewohl er seine weisen Gründe dazu haben mag: das müssen die Besten und Zufriedensten von uns zugeben.«

      »Die zarten Glieder meiner Töchter sind diesen Mühseligkeiten nicht gewachsen,« sagte Munro, die leichten Fußtritte seiner Kinder mit väterlicher Zärtlichkeit betrachtend; »wir werden ihre verschmachteten Gestalten in dieser Wüste finden.«

      »Das habt ihr eigentlich nicht zu besorgen,« versetzte der Kundschafter langsam den Kopf schüttelnd! »das ist ein fester und gerader Schritt, wenn auch kurz und leicht. Seht, die Ferse berührte kaum den Boden, und hier hat die mit dem dunkeln Haar einen kleinen Sprung über Wurzeln gemacht. Nein, nein; wie ich die Sache verstehe, so war hier keine von ihnen dem Verschmachten nahe. Der Sänger fängt aber nun an wunde Füße und müde Beine zu kriegen, das sieht man an der Fährte da. Hier, seht ihr, ist er ausgegleitet. Er hat ein weites und sicheres Geleise; da ist es, wie wenn er auf Schneeschuhen gegangen wäre. Ja, ja. Einer, der immer nur seine Kehle schult, kann seine Beine nicht recht ziehen.«

      Durch solch untrügliche Zeugnisse errieth der geübte Waidmann die Wahrheit so sicher und treffend, als ob er bei allen den Vorfällen, die sein Scharfsinn so leicht erklärte, gegenwärtig gewesen wäre. Erfreut über diese Resultate, und beruhigt durch seine so schlagende, einfache Schlußfolge, setzte die Gesellschaft ihren Marsch fort, nachdem sie eine Weile gehalten, um ein eiliges Mal einzunehmen.

      Nach beendigtem Essen, warf der Kundschafter einen Blick auf die untergehende Sonne und eilte mit einer Schnelligkeit dahin, daß Heyward und der immer noch kräftige Munro alle Muskeln anstrengen mußten, um gleichen Schritt zu halten. Ihr Weg ging immer längs der schon erwähnten Niederung. Da die Huronen keine weitere Vorsicht gebraucht hatten, ihre Fährte zu verbergen, so hielt keine Ungewißheit die Verfolger mehr auf. Ehe jedoch eine Stunde verging, ließ die Eile Hawk-eye’s merklich nach, und sein Haupt wandte sich, statt die frühere gerade Richtung nach vorne beizubehalten, vorsichtig bald auf diese, bald auf jene Seite, als ob er eine nahende Gefahr ahne. Endlich hielt er an und wartete, bis die ganze Gesellschaft zu ihm herangekommen war. »Ich wittere die Huronen,« sagte er zu den Mohikanern: »dort zwischen den Baumgipfeln wird es Licht, wir kommen am Ende ihrem Lager zu nahe. Sagamore, nimm du den Hügel hier zur Rechten und Uncas geht links den Bach entlang, indeß ich die Spur Verfolge. Wenn es was gibt, so wird dreimal wie ‘ne Krähe gekrächzt. Ich sah so eben einen dieser Vögel durch die Luft streichen, gerade über jener abgestorbenen Eiche – auch ein Zeichen, daß wir an ein Lager kommen,«

      Die Indianer entfernten sich, ohne ein Wort zu erwiedern, Jeder nach seiner Seite hin, während Hawk-eye mit den beiden Offizieren weiter vorschritt. Heyward drängte sich bald an die Seite ihres Führers heran, begierig, der Feinde, die er mit solcher Mühe und Angst verfolgte, ansichtig zu werden. Sein Begleiter wies ihn an, nach dem Rande des Waldes zu schleichen, der wie gewöhnlich mit einem Dickicht umgeben war, und zu warten bis er komme: denn er wollte einige verdächtige Zeichen, die sich zur Seite darboten, untersuchen. Duncan gehorchte, und fand sich bald an einem Punkte, wo er eine Aussicht beherrschte, die ihm so außerordentlich, als neu erschien.

      Die Bäume waren viele Morgen weit gefällt und die Glut eines milden Sommerabends lag auf der Lichtung, in schönem Kontrast mit der dunkleren Färbung der Wälder. In geringer Entfernung von der Stelle, wo Duncan stand, hatte sich der Bach in einen kleinen See erweitert, der den größten Theil der Niederung zwischen den Bergen einnahm und aus diesem weiten Becken in einem so regelmäßigen und sanften Wasserfalle abfloß, daß man mehr das Werk von Menschenhänden, als ein Gebilde der Natur zu erblicken glaubte. Hunderte von Wohnungen aus Erde standen an dem Rande des Sees und selbst noch in dem Wasser, als ob die Flut über ihr gewöhnliches Ufer getreten wäre. Die eigenthümlichen Dächer, zum Schutze gegen das Unwetter wundersam gerundet, zeugten von mehr Sorgfalt und Umsicht, als die Eingebornen ihren gewöhnlichen Hütten zu widmen pflegten, und waren denen am wenigsten zu vergleichen, die nur zu zeitigem Gebrauche während der Jagd und des Kriegs dienten. Kurz das ganze Dorf oder die kleine Stadt, wie man es nennen konnte, war niedlicher und mit mehr Kunstaufwand gebaut, als die Weißen bei den Indianern gewöhnlich vorauszusetzen pflegten. Der Ort schien jedoch verlassen; wenigstens war Duncan eine Weile dieser Meinung: endlich aber glaubte er mehrere menschliche Gestalten zu erblicken, die auf allen Vieren herankamen, und etwas Schweres, wie er schließen wollte, vielleicht eine furchtbare Kriegsmaschine, hinter sich schleppten. Eben jetzt schauten mehrere schwarze Köpfe aus den Wohnungen hervor und der Platz schien plötzlich von Wesen belebt, die so schnell von Versteck zu Versteck eilten, das es ihm unmöglich war ihre Stimmung oder Absicht zu unterscheiden. Beunruhigt durch diese verdächtigen und unerklärlichen Bewegungen, war er im Begriff, das Krähensignal zu geben, als ein nahes Rauschen der Blätter seine Augen nach einer andern Seite zog.

      Der junge Mann fuhr auf und prallte einige Schritte instinktmäßig zurück, als er einige hundert Schritte vor sich einen fremden Indianer erblickte. Er ermannte sich jedoch augenblicklich wieder, und blieb, statt Lärm zu machen, der ihm selbst hätte verderblich werden können, unbeweglich stehen, ein aufmerksamer Beobachter des neuen Ankömmlings.

      Ein Augenblick ruhiger Betrachtung überzeugte Duncan, daß er noch unentdeckt sey. Der Eingeborne schien, wie er, beschäftigt, die niedrigen Hütten des Dorfes und die eiligen Bewegungen seiner Bewohner zu beschauen. Unter der Maske einer grotesken Malerei waren seine Gesichtszüge unmöglich zu erkennen: doch war es Duncan, als ob sie eher Schwermuth als Wildheit ausdrückten. Sein Kopf war, wie gewöhnlich, geschoren bis auf den Scheitel, von dessen Schopf drei oder vier verwitterte Falkenfedern lose herabwehten. Ein zerrissener Calicomantel umgab seinen Leib zur Hälfte, während der untere Theil seiner Bekleidung aus einem schlichten Hemde bestand, dessen Aermel einen Dienst versahen, der sonst durch eine weit bequemere Vorrichtung geleistet wird. Seine Beine waren nackt und von Dornen kläglich zerrissen, seine Füße aber trugen ein paar Moccasins von gutem Hirschleder. Kurz das Aussehen des Individuums war verwahrlost und elend.

      Duncan war immer noch mit neugieriger Betrachtung seines Nachbars beschäftigt, als der Kundschafter still und vorsichtig an seine Seite schlich.

      »Ihr seht, wir haben eine ihrer Niederlassungen oder ein Lager erreicht,« flüsterte ihm der junge Mann zu, »und hier ist einer der Wilden selbst, der unsere ferneren Bewegungen sehr störend hemmt.«

      Hawk-eye fuhr auf und ließ seine Büchse sinken, als er, dem Finger seines Begleiters folgend, den Fremden gewahrte. Doch senkte er die gefährliche Mündung wieder und streckte seinen langen Nacken vor, als sollte dieser eine so mißliche Untersuchung noch weiter unterstützen.

      »Der Schelm ist kein Hurone« sprach er, »auch keiner aus den Canadastämmen, und doch seht Ihr an seinen Kleidern, daß er einen Weißen geplündert hat. Ja, Montcalm hat die Wälder für seinen Einfall gebrandschatzt und eine lärmende, mörderische Rotte um sich versammelt. Könnt Ihr sehen, wo er seine Büchse oder seinen Bogen abgelegt hat?«

      »Er scheint unbewaffnet, und überhaupt keine schlimmen Absichten zu hegen. Wenn er nicht seine Gefährten, die dort unten am Wasser sich ducken, in Allarm bringt, so haben wir nur wenig von ihm zu fürchten.«

      Der Kundschafter wandte sich gegen Heyward und sah ihn einen Augenblick mit unverholenem Erstaunen an: dann öffnete er den Mund weit und brach in ein volles und herzliches Lachen aus, aber immer in jener schweigsamen Weise, die ihn häufige Gefahr gelehrt hatte.

      »Gefährten, die am Wasser herumschleichen!« wiederholte er: »das hat man davon, daß man seine Jugend in der Schule und innerhalb der Niederlassungen verbringt! Der Schelm


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