Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
Gibt Nahrung, Dach und Feuer;
Sein Säftlein auf ein müd Gelenk
Macht die Bewegung freier.
Fließ hin usw.
Was ist, fehlt ihm sein Glas, der Mann –
Das Weib, fehlt ihr die Tasse?
Doch was die Tasse, was die Kann’,
Fehlt’s an der Honigmasse?
Fließ hin usw.«
Während dieses Singsangs schlug Richard mit seiner Reitgerte, die er zwischen den Ohren seines Pferdes auf und ab bewegte, den Takt und begleitete dieses wichtige Geschäft mit entsprechenden Beugungen seines Kopfes und Körpers. Gegen das Ende des Lieds konnte er sich nicht enthalten, den Refrain mitzusummen und bei der letzten Wiederholung in das ›Fließ hin‹ usw. so lärmend einzustimmen, daß der ›Effekt‹ in Beziehung auf die ohrenzerreißende Wirkung, keineswegs aber in Betracht der Harmonie wunderbar gehoben wurde.
»Bravo!« brüllte der Sheriff in der gleichen Tonart, »ein sehr schönes Lied, Billy Kirby, und sehr schön gesungen. Wo hast du den Text her, Junge? Er hat wahrscheinlich noch mehr Verse, und du kannst mir vielleicht eine Abschrift verschaffen.«
Der Zuckersieder, der in einiger Entfernung von den Pferden auf seinem Feld beschäftigt war, wandte gleichgültig seinen Kopf um und musterte die näherkommende Gesellschaft mit einer wunderbaren Kaltblütigkeit. Da sie einzeln einer nach dem anderen hart an ihm vorbeiritten, so nickte er jedem gutmütig und vertraulich zu, ganz als wären sie seinesgleichen, – eine Begrüßungsweise, die auch den Damen zuteil wurde, ohne daß er sich herabließ, das hutartige Ding, das seine Kopfbedeckung bildete, zu berühren.
»Wie geht’s, wie geht’s, Sheriff?« sagte der Holzfäller. »Was gibt es gutes Neues im Dorf?«
»Nicht mehr als gewöhnlich, Billy«, versetzte Richard. »Aber was soll das? Wo sind deine vier Kessel, deine Tröge und deine eisernen Kühlpfannen? Machst du jetzt deinen Zucker in einer so lässigen Art? Ich meinte, du wärest einer der besten Zuckersieder im Bezirk?«
»Das bin ich auch, Squire Jones«, antwortete Billy Kirby, in seiner Beschäftigung fortfahrend, »ich stehe keinem in den Otsegobergen nach, was das Holzfällen, Zuckersieden, Ziegelbrennen, Zäune schnitzen, Pottasche machen, Welschkorn häufeln und dergleichen anbelangt, obgleich ich mich am liebsten an das erste halte; denn ich sehe, daß mir die Axt am natürlichsten geht.«
»Sie sein ein Tausendkünstler, Mister Bihl«, meinte Monsieur Le Quoi.
»Hä?« entgegnete Kirby, mit einer einfältigen Miene aufsehend, die sich im Vergleich zu seiner gigantischen Gestalt und seinem männlichen Gesicht lächerlich ausnahm. »Ja, wenn Ihr etwas einhandeln wollt, Monschür, so findet Ihr hier das ganze Jahr durch so guten Zucker wie nur irgendwo. Er ist so frei von aller Unreinlichkeit wie die Jarman-Ebenen von Baumstümpfen und hat den eigentlichen Ahorngeschmack. Solchen Stoff könnte man in York für Kandis verkaufen.«
Der Franzose näherte sich der Stelle, wo Kirby seine Zuckerkuchen unter einem Rindendach geborgen hielt, und begann die Untersuchung des Artikels mit dem Auge eines Sachverständigen. Marmaduke war gleichfalls abgestiegen und unterwarf die Werke und die Bäume einer scharfen Besichtigung, wobei er sich nicht enthalten konnte, seinen Unwillen über die Nachlässigkeit, mit der die Fabrikation betrieben wurde, auszudrücken.
»Ihr habt viel Erfahrung in solchen Dingen, Kirby«, sagte er. »Wie bereitet Ihr aber Euren Zucker? Ich sehe, daß Ihr nur zwei Kessel habt.«
»Zwei sind so gut als zweitausend, Richter. Ich bin keiner von Euren geleckten Zuckermachern, die für die großen Herren kochen; aber wenn Ihr echten süßen Ahorn wollt, so kann ich damit aufwarten. Zum ersten wähle ich mir die Bäume aus, und dann zapfe ich sie an. Es heißt, man soll dies um den letzten Februar herum oder in diesen Bergen um die Mitte des März tun, aber daran kehre ich mich nicht; denn ich fange an, wenn der Saft tüchtig zu fließen beginnt – –«
»Gut«, unterbrach ihn Marmaduke, »aber in diesem Falle werdet Ihr Euch durch äußere Zeichen leiten lassen, an denen Ihr die Qualität des Baumes erkennt?«
»Nun ja, Kenntnis kommt natürlich allen Dingen zustatten«, entgegnete Kirby, indem er den Saft in seinen Kesseln schnell umrührte. »So muß man zum Beispiel genau wissen, wann und wie man den Kessel rührt. Derartige Dinge müssen gelernt werden. Rom ist nicht an einem Tag gebaut worden, ebensowenig wie Templeton, obgleich ich nicht anders sagen kann, als daß dieses schnell genug entstanden ist. Ich setze nie meine Axt an einen verkümmerten Baum oder an einen, der nicht eine gute frische Rinde hat; denn die Bäume haben so gut ihre Krankheiten wie die Tiere: es ist ebenso unklug, einen kranken Baum anzuzapfen, wie einen müden Gaul zum Postreiten oder einen abgetriebenen Ochsen zum Holzführen zu nehmen.«
»Das ist ganz recht, aber worin bestehen die Zeichen der Krankheit? Wie könnt Ihr einen gesunden Baum von einem nicht gesunden unterscheiden?«
»Wie kann der Doktor sagen, daß einer ein Fieber hat?« fiel Richard ein. »Er untersucht natürlich die Haut und befühlt den Puls.«
»Gewiß«, fuhr Billy fort, »der Squire hat nicht weit fehlgeschossen. Das Aussehen einer Sache muß das geben. – Nun, wenn der Saft hübsch abzufließen beginnt, so hänge ich die Kessel über und treibe meine Hantierung hier oben. Meinen ersten Sud koche ich hübsch ein, bis ich die Eigenschaft des Saftes los habe; aber wenn er dann sirupartig zu werden anfängt wie dieser in dem Kessel hier, so darf man nicht mehr stark feuern, weil sonst der Zucker verbrennt, und verbrannter Zucker hat einen üblen Geschmack und wird auch nie recht süß. Dann schöpfe ich ihn aus einem Kessel in den andern, bis er so wird, daß er an dem Löffel Faden zieht, und nun muß man besonders vorsichtig mit der Behandlung sein. Es gibt eine Methode, ihn, wenn er in Körner anschießt, dadurch abzuziehen, daß man Ton in die Pfanne wirft; aber das ist nicht allenthalben üblich: einige tun’s, andere nicht. Nun Monschür, wollt Ihr keinen Handel machen?«
»Ich will Sie geben, Mister Bihl, vor ein Fund dix sous.«
»Nein, ich will Silbergeld dafür; ich nehme nie Papiergeld für meinen Zucker. – Aber weil Ihr’s seid, Monschür«, fügte Billy mit einem einschmeichelnden Lächeln bei, »so will ich mir’s gefallen lassen, eine Gallone Rum und Leinwand zu zwei Hemden dabei zu nehmen, wenn Ihr mir auch den Sirup abkauft. Er ist gewiß gut; denn ich möchte weder Euch noch sonst jemand betrügen. Ich nehme nie einen anderen zu meinem Getränk, und er ist zuverlässig der beste, der je aus einer Zuckerpflanzung kam.«
»Monsieur Le Quoi hat Euch zehn Pence angeboten«, sagte der junge Edwards.
Der Fabrikant stierte den Sprecher mit großen Augen an, ohne etwas zu erwidern.
» Oui«, sagte der Franzose, »sehn Penny. Je vous remercie, Monsieur. Ah! mon Anglais! Je l’oublie toujours.«
Der Holzfäller sah unwillkürlich einen nach dem andern an; denn er war augenscheinlich der Ansicht, daß man sich auf seine Kosten lustig machen wolle; dann ergriff er einen Löffel, welcher zur Seite des Kessels lag, und begann die Flüssigkeit mit großer Emsigkeit umzurühren, nahm sodann einen Löffel voll heraus, hob ihn in die Höhe, ließ den Saft in den Kessel zurückfließen, schwang den Löffel in der Luft, als wolle er den Überrest abkühlen, und bot denselben Monsieur Le Quoi mit den Worten an:
»Versucht das, Monschür, und Ihr werdet sagen, daß es mehr wert ist, als Ihr mir darauf schlagt. Der Sirup schon wäre so viel wert.«
Der gefällige Franzose nahm nach mehreren furchtsamen Versuchen, seine Lippen mit dem Löffel in Berührung zu bringen, einen guten Mund voll von der glühenden Flüssigkeit; dann aber schlug er seine Hände über der Brust zusammen, warf einen kläglichen Blick auf die Damen, worauf – um uns Billys eigener Worte, mit denen er nachher die Geschichte erzählte, zu bedienen – »kein Trommelschlägel je schneller ein Schaffell bearbeitete, als sich des Franzosen Beine etlichemal im Kreis herum abzappelten; dabei fluchte er auf französisch und spuckte aus, wie Ihr nie etwas gesehen habt. Aber ja, es muß ein Gescheiterer aus dem alten Lande kommen, wenn er sich