Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von Kleist

Die bekanntesten Theaterstücke - Heinrich von Kleist


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Nun im Sarge,

       Ausgelitten,

       Faltet blutige Händlein er,

       Gnade betend

       Seinem Feinde.

       Trotzig stehet der Feind und schweigt.

      CHOR DER JÜNGLINGE (wie oben):

      (Während die Musik zu Ende geht, nähert sich die Familie und ihr Gefolge dem Altar.)

      RUPERT:

       Ich schwöre Rache! Rache! auf die Hostie,

       Dem Haus Sylvesters, Grafen Schroffenstein.

       (Er empfängt das Abendmahl.)

       Die Reihe ist an dir, mein Sohn.

      OTTOKAR: Mein Herz

       Trägt wie mit Schwingen deinen Fluch zu Gott.

       Ich schwöre Rache, so wie du.

      RUPERT: Den Namen,

       Mein Sohn, den Namen nenne.

      OTTOKAR: Rache schwör ich,

       Sylvestern Schroffenstein!

      RUPERT: Nein irre nicht:

       Ein Fluch, wie unsrer, kömmt vor Gottes Ohr

       Und jedes Wort bewaffnet er mit Blitzen.

       Drum wäge sie gewissenhaft. - Sprich nicht

       Sylvester, sprich sein ganzes Haus, so hast

       Dus sichrer.

      OTTOKAR: Rache! schwör ich, Rache!

       Dem Mörderhaus Sylvesters.

       (Er empfängt das Abendmahl.)

      RUPERT: Eustache,

       Die Reihe ist an dir.

      EUSTACHE: Verschone mich,

       Ich bin ein Weib –

      RUPERT: Und Mutter auch des Toten.

      EUSTACHE:

       O Gott! Wie soll ein Weib sich rächen?

      RUPERT: In

       Gedanken. Würge

       Sie betend. (Sie empfängt das Abendmahl.)

      (Rupert führt Eustache in den Vordergrund. Alle folgen.)

      RUPERT:

       Ich weiß, Eustache, Männer sind die Rächer –

       Ihr seid die Klageweiber der Natur.

       Doch nichts mehr von Natur.

       Ein hold ergötzend Märchen ists der Kindheit,

       Der Menschheit von den Dichtern, ihren Ammen,

       Erzählt. Vertrauen, Unschuld, Treue, Liebe,

       Religion, der Götter Furcht sind wie

       Die Tiere, welche reden. – Selbst das Band,

       Das heilige, der Blutsverwandtschaft riß,

       Und Vettern, Kinder eines Vaters, zielen,

       Mit Dolchen zielen sie auf ihre Brüste.

       Ja sieh, die letzte Menschenregung für

       Das Wesen in der Wiege ist erloschen.

       Man spricht von Wölfen, welche Kinder säugten,

       Von Löwen, die das Einzige der Mutter

       Verschonten. – Ich erwarte, daß ein Bär

       An Oheims Stelle tritt für Ottokar.

       Und weil doch alles sich gewandelt, Menschen

       Mit Tieren die Natur gewechselt, wechsle

       Denn auch das Weib die ihrige – verdränge

       Das Kleinod Liebe, das nicht üblich ist,

       Aus ihrem Herzen, um die Folie,

       Den Haß, hineinzusetzen.

       Wir

       Indessen tuns in unsrer Art. Ich biete

       Euch, meine Lehensmänner, auf, mir schnell

       Von Mann und Weib und Kind, und was nur irgend

       Sein Leben lieb hat, eine Schar zu bilden.

       Denn nicht ein ehrlich offner Krieg, ich denke,

       Nur eine Jagd wirds werden, wie nach Schlangen.

       Wir wollen bloß das Felsenloch verkeilen,

       Mit Dampfe sie in ihrem Nest ersticken,

       – Die Leichen liegen lassen, daß von fernher

       Gestank die Gattung schreckt, und keine wieder

       In einem Erdenalter dort ein Ei legt.

      EUSTACHE:

       O Rupert, mäßge dich! Es hat der frech

       Beleidigte den Nachteil, daß die Tat

       Ihm die Besinnung selbst der Rache raubt,

       Und daß in seiner eignen Brust ein Freund

       Des Feindes aufsteht wider ihn, die Wut –

       Wenn dir ein Garn Sylvester stellt, du läufst

       In deiner Wunde blindem Schmerzgefühl

       Hinein. – Könntst du nicht prüfen mindestens

       Vorher, aufschieben noch die Fehde. – Ich

       Will nicht den Arm der Rache binden, leiten

       Nur will ich ihn, daß er so sichrer treffe.

      RUPERT:

       So, meinst du, soll ich warten, Peters Tod

       Nicht rächen, bis ich Ottokars, bis ich

       Auch deinen noch zu rächen hab – Aldöbern!

       Geh hin nach Warwand, kündge ihm den Frieden auf.

       – Doch sags ihm nicht so sanft, wie ich, hörst du?

       Nicht mit so dürren Worten – Sag daß ich

       Gesonnen sei, an seines Schlosses Stelle

       Ein Hochgericht zu bauen. – Nein, ich bitte,

       Du mußt so matt nicht reden – Sag ich dürste

       Nach sein und seines Kindes Blute, hörst du?

       Und seines Kindes Blute.

      (Er bedeckt sich das Gesicht; ab, mit Gefolge, außer Ottokar und Jeronimus.)

      JERONIMUS:

       Ein Wort, Graf Ottokar.

      OTTOKAR: Bist dus, Jerome?

       Willkommen! Wie du siehst, sind wir geschäftig,

       Und kaum wird mir die Zeit noch bleiben, mir

       Die Rüstung anzupassen. – Nun, was gibts?

      JERONIMUS:

       Ich komm aus Warwand.

      OTTOKAR: So? Aus Warwand? Nun?

      JERONIMUS:

       Bei meinem Eid, ich nehme ihre Sache.

      OTTOKAR:

       Sylvesters? Du?

      JERONIMUS: Denn nie ward eine Fehde

       So tollkühn rasch, so frevelhaft leichtsinnig

       Beschlossen, als die eur'.

      OTTOKAR: Erkläre dich.

      JERONIMUS:

       Ich denke, das Erklären ist an dir.

       Ich habe hier in diesen Bänken wie

       Ein Narr gestanden,

       Dem ein Schwarzkünstler Faxen vormacht.

      OTTOKAR: Wie?

       Du wüßtest nichts?

      JERONIMUS: Du hörst, ich sage dir,

      


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