Heimat?. Группа авторов
wie damals zu Hause. Sie waren Heimatvertriebene, politisch/religiöse Flüchtlinge, haben die Heimat einfach mitgenommen und sich nicht integriert. So geht das nicht! Sie verweigern den „American Way of Life“, und das soll ja eine Heimat sein … Immerhin sind sie weiß und lassen niemand Fremden in ihre Siedlungen; Donald Trump wird sie wohl deshalb nicht ausweisen.
Was macht ein Mensch, wenn er sich in seiner „Heimat“ nicht wohlfühlt? Falsche Frage? Heimat muss Mensch auch aushalten können? Nein: Heimat ist gleich: heimelig, wohlfühlen, geborgen sein, unter sich sein. Auf die Dauer langweilig. Also: Er/Sie macht es wie weiland Freddy Quinn oder eben die Hutterer, die Hugenotten und viele andere. Er/Sie muss dann eben weg und woanders suchen.
„Heimatvertriebene“, ein treffenderes Wort als „Flüchtlinge“. „Ich bin auch ein Vertriebener, nirgendwo Gebliebener, zu Hause ist, wo man mich hört“ hat Heinz Rudolf Kunze einst verkündet. Wenn das stimmt, dann sinkt die Rate der Rückkehrer natürlich erheblich, vorausgesetzt irgendwo hört jemand zu. Das kann laut HRK auch im Nirgendwo sein. Kennern der westdeutschen Schlagerszene fällt sofort Christian Anders ein: „Es fährt ein Zug, nach nirgendwo …“ kulminierend im: „Maria, Maria, ich hab’ dich lieb!“
Religion, Mutter und geliebte Frau – ist das Heimat? Riecht etwas nach Inzest, aber: Home is where the heart is? Home is lost control, home is where they miss us, home is: I forgot: It’s what they all miss.“ Es war wohl Patty Smith, auf jeden Fall ein Punksong. Was wir alle vermissen? Gibt es das überhaupt und wir kommen einfach nur nie an? Hatte Johnny Cash recht in seinem einzigen auf Deutsch gesungenen Lied: „Wo ist zu Hause, Mama? Hinter blauen Bergen. Wo ist zu Hause, Papa? Vielleicht hinter diesen Bergen.“ Auch wenn sich Papa anscheinend sicher war, schon wieder da, wo wir nicht sind. Und der Weg ist weit und schwer. Bob Dylan macht es sich leichter und scheint mir der Einzige zu sein, der eine Heimat hat, behauptet er doch immer „I am not here“ bzw. „I was not there“ – aber wo ist er denn dann, wenn er nie irgendwo ist, und wo ist dann diese, seine Heimat?
Die Sinnsucher und Selbstverwirklicher haben ja immer eine Antwort. In diesem Fall natürlich auch. Du kannst dich nur in dir selber finden – und da ist dann wohl zu Hause, die Heimat, oder was? Gehe in dich und du wirst dich finden.
Beim Nasebohren zu Beispiel? Das soll ein Witz sein.
Nee, klappt nicht mit dem „Ich bin mir selbst meine Heimat“. Bertolt Brecht, auch keiner Dummer, hat gesagt: „Die kleinste gesellschaftliche Einheit sind zwei Menschen“ – also wie soll das denn gehen, wenn ich in mir zu Hause bin und der andere bei sich. Parallelexistenz. Interessengemeinschaft. Klingt nicht schön. Wie „Lebensabschnittsgefährten“. „Wenn schon nicht für immer, dann wenigstens für ewig“, singt Ulla Meinecke.
Wo sind wir denn zusammen zu Hause? Haben wir eine gemeinsame Heimat? Vielleicht gibt es ja Schnittmengen? Ich habe Mengenlehre in der Schule nie gemocht. Allein das Wort „Schnitt“: Da wurde doch etwas abgetrennt und das geht mit Heimat gar nicht – außer für Heimatvertriebene, die wissen genau, wo ihre Heimat ist, und das ist nicht da, wo sie jetzt sind. Was bleibt da eigentlich übrig: Heimat zu haben nur dann, wenn wir nicht dort sind? Also Verlust? Was denken eigentlich die wenigen Verbliebenen in den ländlichen Gebieten unserer blühenden Landschaften? Wohl fühlen sie sich nicht und bleiben doch dort. Sie gehen nicht in die weit entfernte Stadt und träumen dort, im Single-appartment, von zu Hause. Nein, sie bleiben und lassen keine Heimatvertriebenen auf ihre langsam braun werdende Scholle. Dabei scheinen sie die Einzigen zu sein, die dort, wo sie sind, ihre Heimat haben. Haben sie einen Erfahrungsvorsprung? Was ist die Wahrheit über Heimat?
War Freddy Quinn der Philosoph der Weltoffenheit und des Lebens mit dem Widerspruch oder hat, und jetzt wird’s heimelig, Heinz Rühmann im Schlusswort zur Feuerzangenbowle recht: „Wahr sind nur die Erinnerungen, die wir mit uns tragen, die Träume, die wir spinnen, und die Sehnsüchte, die uns treiben. Damit wollen wir uns bescheiden.“
Lieber Mutterzunge als Vaterland
von Sybil Volks
Heimat ist für mich Sprache
Lieber Mutterzunge als Vaterland
Meine Muttersprache ist Deutsch
Doch viele Deutsche
verstehe ich in letzter Zeit gar nicht gut
„Die können ja kein Wort Deutsch“,
bemängeln Vielflieger aus Düsseldorf
an geflüchteten Sudanesen
während sie in Palma „zwei Bier!“ befehlen
„Sollen die erst mal Deutsch lernen“,
meinen Landsleute aus Leipzig
die in 30 Jahren kein Englisch lernten
„Integriert erst mal uns“, fordern sie,
als säßen sie noch immer im Aufnahmelager
des 21. Jahrhunderts
„Man wird doch noch sagen dürfen“,
wird stündlich gesagt
„man darf ja nicht mehr sagen“,
im Dauerloop geklagt
„Es gibt keine freie Presse“,
wissen Leute, die niemals Zeitung lesen
„die Staatsmedien lügen“,
rufen Facebooker aus Echokammern
„Mordsgefährlich ist’s in der U-Bahn“,
warnen Autofahrer im SUV
„Man wird doch noch sagen dürfen.“
„Ich habe nichts gegen Flüchtlinge“,
aber die meisten sind junge Männer
„Wir haben nichts gegen Moslems“,
aber die Kopftuchmädchen
aber die Machomänner
aber der Ramadan
und der Islam
„Ich persönlich kenne keinen“,
aber der Nachbar
die Kollegin der Tochter
heute Morgen auf WhatsApp
was man alles so hört
„aber man darf ja nichts mehr sagen.“
„Uns persönlich geht es gut“,
nur man fühlt sich halt nicht mehr sicher
„Noch hab ich meine Arbeit“,
doch es könnten welche kommen
„Also wir haben keine Sorgen“,
aber alles wird immer schlimmer.
Deutschland, uneinig Vaterland
Muttersprache mit gespaltenen Zungen
Mauern, von besorgten Bürgern errichtet. Jägerzäune
kreuz und quer durch „das Volk“, den geteilten Himmel,
das Netz aus dessen Deckung man digital Gift schießt
uralten Hass in den Wind sät
USERNAME JEDERMANN
Verdammt, jetzt ist es so weit. Auch ich stimme ein:
„Mir persönlich geht es zwar gut“,