Western Sammelband 4 Romane: Wo die Wölfe warten und andere Western. Alfred Bekker

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      Sein Blick glitt zur Seite auf einen Stapel von Fellen. Vom Biber bis zum Bären war alles dabei, was sich gut verkaufen ließ. Die Stücke waren von exzellenter Qualität, das sah Grainger auf den ersten Blick.

      „Die Pelze habe ich gerade frisch hereingekriegt“, berichtete Blackstone. „Sie scheinen sich dafür zu interessieren! Sie stammen aus den Beständen von Caleb Jackson! Der Name bürgt für Qualität. Er hatte bei mir immer einen Lagerraum angemietet, um seine Ware unterbringen zu können. Seine Tochter war heute Mittag hier und hat den gesamten Bestand an mich verkauft und sogar noch frische Ware mitgebracht.“

      „Ist Morgenblüte noch in der Stadt?“

      „Das glaube ich kaum. Sie hatte es sehr eilig.“ Blackstone zuckte mit den Schultern. „Mit dem alten Jackson scheint es auch bergab zu gehen, sonst hätte er seine Tochter sicher begleitet. Ich habe ihn noch gekannt, bevor er diese Pawnee-Frau heiratete. Ihren Tod hat er nie verwunden. Danach ist er ziemlich wunderlich geworden. Ein misstrauischer Menschenfeind.“ Blackstone seufzte. „Man kann es verstehen.“

      „Was ist passiert?“

      „Ein Betrunkener hat drüben im Saloon The Longest Branch herumgeballert, als Jackson in die Stadt kam. Dabei ist seine Frau ums Leben gekommen. Seine Tochter war noch klein. Um ein Haar hätte es auch das Kind erwischt. Und das Schlimme: Der Kerl ist nie vor Gericht gekommen, denn für den damaligen Marshal war nur ein toter Pawnee ein guter Pawnee.“

      „Böse Geschichte“, murmelte Grainger.

      Er ließ sich die Munition und die Vorräte einpacken und ritt hinüber zu dem Salon, mit dem Namen The Longest Branch. Hier sollte er die Kontaktperson finden, deretwegen er nach Bear River City gekommen war, die Hure, von der im Telegramm verschlüsselt die Rede gewesen war.

      Er befestigte die Zügel am Hitchrack, stieg auf den Sidewalk und ließ die Schwingtüren zur Seite fliegen. Im Schankraum spielte ein Mann mit einem Zylinder auf einem verstimmten Klavier. Ein paar Girls versuchten die Gäste dazu zu animieren, ihnen einen Drink auszugeben oder mit ihnen in eines der Zimmer im Obergeschoss zu gehen.

      Der Salooner war fast zwei Meter groß und breischultrig, ein Hüne von einem Mann. Seine Stirn war kahl, die Arme so muskulös, wie bei anderen Männern die Oberschenkel. Doch sein Gesicht erschien Grainger gutmütig, fast weich.

      Der Mann der U.S. Government Squad bestellte einen Whisky. Der Salooner schenkte ihm ein. „Wo finde ich eine gewisse Rossita?“, erkundigte sich der Mann der U.S. Government Squad.

      „Rossita trifft sich nur mit Gentlemen, mit denen sie sich vorher verabredet hat“, erklärte der Salooner.

      „Sagen Sie ihr, dass Grainger angekommen ist.“

      Der Salooner schickte eines der Girls hinauf ins Obergeschoss. „Einen Moment“, sagte er an Grainger gewandt. Sein abschätzender Blick taxierte den Fremden. „Allerdings sehen die meisten von Rossitas Kunden erheblich eleganter aus als Sie, Grainger!“

      „Was Sie nicht sagen.“ Grainger gab sich gleichgültig. Er schnupperte an seinem Whisky.

      Wenig später kam das Girl zurück. Sie ging zu dem Salooner und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er nickte knapp, und wandte sich dann an Grainger. „Gehen Sie rauf. Rossita erwartet Sie in Zimmer 12!“

      „Danke.“ Der Mann von der U.S. Government Squad leerte sein Glas und zahlte.

      Der Salooner ließ erst die Fingergelenke knacken und verschränkte dann die Arme so gekonnt vor der Brust, dass seine Oberarmmuskeln den Stoff seiner Hemdsärmel spannte. „Wenn Sie Ärger machen, bekommen Sie es mit mir zu tun, Grainger!“

      „Schon klar!“

      14

      Grainger klopfte an die Tür von Zimmer Nummer zwölf. „Herein!“, flötete drinnen eine Frauenstimme. Er öffnete die Tür und trat ein. Auf einem breiten Bett lag eine hinreißend schöne Frau. Sie war vollkommen nackt. Das ungebändigte rote Feuerhaar fiel ihr über die rechte Brust. Grinsend stellte Grainger fest, dass nicht nur ihr Haupthaar rot war.

      „Du bist Grainger?“ Hektisch stand sie auf, wartete seine Antwort gar nicht erst ab. „Die Beschreibung, die man mir gegeben hat, passt immerhin.“

      „Und du bist Rossita, wie ich annehme!“

      Rossita rauschte hinter einen Paravent. Dort griff sie nach irgendeinem durchsichtigen Fummel und streifte ihn über. Grainger hörte, wie sie eine Schublade öffnete. Im nächsten Moment trat sie mit einem Revolver in der Hand hinter dem Paravent hervor. Sie spannte den Hahn.

      „Nichts für ungut, Grainger, aber ich muss sicher sein, dass du wirklich der Mann ist, dessen Ankunft mir telegrafisch gemeldet worden ist!“

      „Das Losungswort heißt Minneapolis“, sagte Grainger.

      Rossita senkte den Revolver. „Du hast mich überzeugt, Hombre!“

      Grainger grinste. „So schnell? Dabei hatte ich noch gar keine Gelegenheit, unter Beweis zu stellen, was in mir steckt!“

      Ein Lächeln spielte nun um Rossitas volle, sinnliche Lippen. „So einer bist du also“, murmelte sie und legte den Revolver auf einer Kommode ab. „Keine Sorge, ich werde dich schon nach allen Regeln der Kunst fordern. Aber vorher will ich dir erst sagen, was ich dir mitzuteilen habe. Schließlich will ich sicher sein, dass du mir auch richtig zuhörst – denn später bist du dazu vielleicht nicht mehr in der Lage.“

      „Mach dir über meine Kräfte mal keine Sorgen, Rossita!“

      Sie trat näher an ihn heran. Grainger konnte ihr Parfum riechen. Rossita wusste nichts von der Existenz der U.S. Government Squad. Sie kannte eine Adresse in Minneapolis, an die sie hin und wieder Telegramme schickte – oder von der sie Telegramme erhielt; das war es schon. Da ihre Arbeit im Longest Branch Saloon ihr viele Kontakte bescherte und so mancher Gangster in ihren Armen Dinge auszusprechen bereit war, die er normalerweise niemandem anvertraute, gingen ziemlich oft Telegramme hin und her.

      „Worum geht es?“, fragte Grainger. „Das Telegramm aus Minneapolis klang irgendwie dringend.“

      Sie musterte ihn. „Irgendjemand hat dich geschickt, um diese Bande von Eisenbahnräubern zu jagen, die im Moment die Gegend unsicher macht, nicht wahr?“

      „Anscheinend hat man dich besser informiert, als gut für dich ist!“

      „Keine Sorge, mehr will und brauche ich nicht zu wissen. Ich weiß, dass die Regierung da drin steckt, und ich weiß, dass ich pünktlich und gut bezahlt werde. Alles andere interessiert mich nicht.“

      „Wenigstens bist du ehrlich.“

      Ihre Brüste drängten sich gegen seinen Oberkörper. Rossitas Hand glitt tiefer und fummelte an der Schnalle seines Revolvergurtes herum. „Ich denke, ich sollte mich kurz fassen, sonst komme ich wahrscheinlich nicht mehr zu Wort!“, hauchte sie.

      Er löste sich von ihr, was ihn allerdings eine erhebliche Willensanstrengung kostete. Den Hut warf er von sich, sodass er auf einem Ständer in der Ecke landete.

      „Eine sichere Hand, Grainger! Das gefällt mir!“

      „Jetzt raus mit der Sprache. Was weißt


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