Western Sammelband 4 Romane: Wo die Wölfe warten und andere Western. Alfred Bekker
und sie beruhigen. „Das Haus brennt wie Zunder“, berichtete er. „Wenn da jemand drin war, hatte er keine Überlebenschance. Die arme Lizzy.“
Über Garretts Aufenthalt in Lizzys Haus wusste er wohl nicht Bescheid. Grainger gab ihm ein paar Dollar für die Betreuung seines Schimmels und schwang sich in den Sattel. Er lenkte das Tier nach Südwesten, auf die Uinta-Mountains zu. Dorthin waren die Männer um den Tomahawk-Träger geritten.
Jenseits der Uinta-Mountains begann jenes unfruchtbare, sowohl im Winter als auch im Sommer gleichermaßen menschenfeindliche Land, das man den Pawnees und Crowes gelassen hatte. Und auch das nur, weil niemand sonst Verwendung für dieses kargen Gebiet hatte.
19
Der Morgen graute, die Sonne stieg als glutroter Ballon in den Himmel. Mit dem neuen Tag kam die Wärme. Wetterwechsel konnten in diesem Gebiet sehr plötzlich und sehr dramatisch sein. Temperatursprünge von mehr als zwanzig Grad nach oben oder nach unten waren keine Seltenheit.
Je heller der Tag wurde, desto leichter wurde es für Grainger, den Spuren der Bande zu folgen. Sie schienen sich gar keine Mühe zu geben, ihre Spuren zu verbergen. Grainger holte das Letzte aus dem Schimmel heraus. Er gönnte dem Tier kaum Pausen.
Vor dem Eingang einer Schlucht warteten sie auf ihn. Sie lagen hinter Felsblöcken in Deckung und empfingen ihren Verfolger mit einer Salve Gewehrschüssen.
Grainger riss das Pferd herum. Nach Indianerart klemmte er sich seitlich an den Rücken des Tieres und nutzte dessen Körper als Deckung. Es galoppierte durch das Geröll. In der Nähe eines Felsblocks ließ Grainger sich fallen und rollte sich am Boden ab. Blitzschnell sprang er auf und hechtete hinter einen der vielen Felsbrocken. Die ganze Zeit über schossen sie auf ihn. Der Schimmel stob wiehernd davon. Grainger fluchte.
Es würde es ziemlich schwierig werden, das Pferd wieder einzufangen, vor allem aber hatte er keine Gelegenheit mehr gehabt, seine Winchester zu ziehen. Sie steckte im Scubbard seines Schimmels und war dort natürlich vollkommen nutzlos. So blieb er auf den Revolver angewiesen.
Obwohl sein Remington einen langen Lauf hatte, war die Entfernung, auf die man mit dieser Waffe exakt treffen konnte, doch erheblich geringer als bei einem Karabiner. Seine Gegner waren deutlich im Vorteil.
Wieder peitschten Schüsse in seine Richtung. Gestein splitterte, Funken sprühten. Grainger zog den Colt aus dem Holster, tauchte blitzartig aus seiner Deckung hervor und feuerte. Einer der Männer schrie auf. Er hatte sich ganz in der Nähe postiert. Die anderen waren schwerer erreichbar.
Ein wahrer Bleihagel schlug jetzt rings um Grainger ein. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich in die Deckung zu ducken und abzuwarten. Den Remington hielt er in der Faust, bereit jederzeit loszuschlagen. Endlich ebbte das Feuer seiner Feinde etwas ab. Grainger sprang auf, rannte geduckt zum nächsten Felsbrocken, warf sich hinter ihn in Deckung.
Wieder deckten sie ihn mit Geschossen ein. Er duckte sich, spähte in alle Richtungen. Zwei der Kerle hatten sich von hinten an ihn herangeschlichen. Grainger bemerkte die Männer im letzten Moment. Er wirbelte herum, feuerte den Revolver ab und streckte sie beide nieder.
Blitzschnell musste der große Mann jedoch wieder in Deckung gehen als er erneut von mehreren Seiten unter Feuer genommen wurde. Der Schusslärm hallte von den Felshängen wider.
Plötzlich jaulte eine Gewehrkugel aus einer ganz anderen Richtung in die Deckung der Banditen. Von einer der oberen Felsen feuerte jemand auf sie! Und schon fiel der nächste Schuss und gleich darauf noch zwei oder drei. Grainger konnte sein Glück kaum fassen.
Der Tomahawk-Mann und seine Revolvermänner gerieten gewaltig in Bedrängnis. Gegen Schüsse von den oberen Hängen hatten sie kaum Deckung. Die ersten von ihnen starben, die anderen flohen aus ihren Stellungen, um nicht das gleiche Schicksal zu erleiden.
Grainger sprang aus seiner Deckung. Er hatte die Zeit, in der er nur kauernd hatte sitzen können, dazu genutzt, den Remington nachzuladen.
Jetzt schlug der Hahn sechsmal kurz hintereinander gegen die Patronen, die in der Trommel steckten. Todesschreie gellten. Die meisten der Banditen fielen, während sie Hals über Kopf ins Innere der Schlucht fliehen wollten, wohin sie vor dem Feuerüberfall auf Grainger ihre Pferde gebracht hatten. Einige schafften es bis zu ihnen.
Grainger musste zurück in seine Deckung und die Waffe nachladen. Als er erneut aufsprang, hockten zwei der Banditen in den Sätteln. Sie gaben den Tieren die Sporen. Ungeheuer eilig hatten sie es plötzlich, zumal sie sahen, dass drei weitere Reiter herannahten. Die feuerten im vollen Galopp ihre Gewehre auf sie ab, sprangen aus den Sätteln und gingen hinter den Felsen in Stellung.
Noch mehr Waffenbrüder? Grainger jubelte. Und dann sah er den Tomahawk-Mann. Der packte gerade eines der Pferde bei den Zügeln, um ebenfalls zu flüchten, doch das Tier bockte. Es stieg auf die Hinterbeine und wieherte. Schon war Grainger bei ihm.
„Die Waffe weg!“ Er richtete den Remington auf ihn. Der Tomahawk-Mann griff zum Revolver, riss ihn heraus. Das Pferd sprang zwischen sie, sodass weder Grainger noch sein Gegner feuern konnten. Als der Gaul aus der Schusslinie geprescht war, feuerte der Tomahawk-Mann zuerst.
Siedendheiß fuhr Grainger der Schreck in die Glieder, doch der andere verriss den Schuss, weil ihn von hinten eine Kugel an der Schulter traf. Sein Arm gehorchte ihm nicht mehr. Mit der Linken packte er den Tomahawk und schleuderte ihn auf Grainger. Der duckte sich unter der wirbelnden Waffe weg. Er hatte noch nicht geschossen, denn er wollte den Mann lebend. Doch der zweite Schuss in seinen Rücken hatte den Banditen tödlich getroffen.
Grainger blickte auf. Jetzt endlich sah er, wer ihm gegen die Mörderbande beigestanden hatte. Mondblütes grazile Gestalt stand hoch auf einem Felsen in der Morgensonne. Sie senkte das Gewehr, drehte sich um und verschwand. Wenig später hallte Hufschlag zwischen den Felswänden der Uinta Mountains.
20
Die drei Männer, die die Banditen unter Feuer genommen hatte, tauchten aus ihrer Deckung auf und kamen zu Grainger. Einer von ihnen, ein hagerer Schönling in dunkler Kleidung, schwarzem Filzhut und sehr korrekt sitzender Hemdschleife, trug einen Stern an der Brust.
Grainger steckte den Revolver weg und blickte ihnen entgegen. „Ich bin Jeff Baxter, der Town Marshal von Bear River City“, erklärte der mit dem Stern. „Die beiden Männer hier heißen Henner Loomis und Tom Cole.“
„Ihre Assistant Marshals?“, fragte Grainger.
„Korrekt.“
„Glück für mich, dass Sie gerade in der Gegend waren.“
„Wir waren natürlich nicht zufällig