MUSIK-KONZEPTE 191: Martin Smolka. Группа авторов

MUSIK-KONZEPTE 191: Martin Smolka - Группа авторов


Скачать книгу
Bestimmend ist dabei seine Absicht, traditionelle Kategorien des Musikalischen zu durchbrechen, um die Wahrnehmung sowohl für die Musikalität von Gebrauchsdingen zu öffnen als auch das Mechanische eine eigene berührende Expressivität und Poesie entfalten zu lassen.7 Rain, a window vollzieht eine Art Mimikry an die nicht-musikalische Lebenswelt. Das Resultat ist ein akustisches Stillleben aus tönenden Gegenständen, deren Monotonie, Starre und Langsamkeit melancholische Belle Tristesse verbreitet. Naturalismus dient hier der Expression. Denn eigentliches Thema sind die Gefühle und Erinnerungen angesichts der nach 1989 im Zuge von Modernisierung und Renovierung zunehmend verwestlichten tschechischen Hauptstadt. Im Werkkommentar schreibt Smolka über das Stück: »Aber letztendlich handelt es von bitterem Vergnügen und ist eine absurde Nostalgie: jetzt vermisst man, was man früher gehasst hat.«

Nonnenmann_02.tif

      Notenbeispiel 2: Martin Smolka, Rain, a window, roofs, chimneys, pigeons and so … and railway-bridges, too für Kammerensemble (1991/92), T. 502–509, © Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2003

      Smolka malt in Rain, a window ein vielfarbiges Soundscape des alten und rasch sich transformierenden Prag von großer Plastizität, räumlicher Tiefenstaffelung, situativer Assoziations- und atmosphärischer Suggestivkraft. Die Prosa des klingenden Alltags entfaltet eine ganz eigene poetische Ausdruckskraft. Zugleich lässt sich diese Musik auch nicht-programmatisch als rein artistisch-sinnliche Klangkomposition hören, deren permanent abgewandelte, gegen- und übereinander geblendete Pattern an Stücke von Feldman erinnern. Mit der Uraufführung durch das damals junge Ensemble Musikfabrik unter Leitung von Johannes Kalitzke bei den Donaueschinger Musiktagen 1992 reihte sich Smolka in den Kreis von Komponisten und Komponistinnen ein, die regelmäßig bei internationalen Konzertreihen und Musikfestivals aufgeführt werden. Seine Musik erwies sich als eigen und zugleich im Trend sowohl der westlichen ›New Simplicity‹ von Feldman, der US-amerikanischen Minimal Music, der westdeutschen sogenannten ›Neuen Einfachheit‹ als auch vieler anderer osteuropäischer Komponisten, deren Rezeption im Westen durch das Ende des Kalten Kriegs zwar nicht ausgelöst, aber befördert wurde, und die mit teils ähnlich reduzierten und betont traditionellen Materialien eine neo-tonale, häufig auch sakrale oder spirituelle Musik schrieben, wie etwa der Ungar György Kurtág, die Polen Krzysztof Penderecki und Henryk Mikołaj Górecki, der Georgier Gija Kantscheli, der Este Arvo Pärt, der Ukrainer Valentyn Silvestrov und der Lette Pēteris Vasks.

      II Neues und Altes: Remix, Redream, Reflight (2000)

Nonnenmann_03.tif

      Notenbeispiel 3: Martin Smolka, Remix, Redream, Reflight für Orchester (2000), T. 27–36, © Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2000

Nonnenmann_04.tif

      Notenbeispiel 4: Martin Smolka, Remix, Redream, Reflight für Orchester (2000), T. 127–136, nur Streicher, © Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2000


Скачать книгу