Tagebuch eines Hilflosen. Francis Nenik

Tagebuch eines Hilflosen - Francis Nenik


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Trumps Top-Fundraiser heißt Mr. Obst. Er sorgt dafür, dass den Leuten Millionen an Dollars aus den Taschen fallen. Er braucht sie dann nur noch einzusammeln. Wie reife Früchte vom Baum der Erkenntnis. Der in diesem Fall ein Baum des Bekenntnisses ist. Wer spendet, bekennt sich zu Donald Trump. Und zu Vizepräsident Mike Pence. Ebenjenem Mike Pence, der ebenfalls fleißig am Geldsammeln ist und in privaten Fundraising-Dinners in seinem Amtssitz regelmäßig Hedgefonds-Manager, Chefs ultrakonservativer Think-Tanks, die Vorstände von Dow Chemical oder den Öl-Multi Charles Koch einlädt, damit sie ungestört speisen und spenden und sprechen …

       11.07.2017

      In New Jersey hat der dicke Gouverneur, den kaum einer mag, letzte Woche alle öffentlichen Strände sperren lassen, weil man sich in seinem Bundesstaat nicht auf einen Haushalt einigen konnte. Dann hat sich der dicke Gouverneur mit seiner Familie an einen der geschlossenen Strände gelegt und gesagt, er dürfe das. Daraufhin mochten ihn noch weniger Leute. Einige haben ihm das gestern bei einer Anruf-Show im Radio zu verstehen gegeben. Der dicke Gouverneur aber hat gesagt, dass er ihre Kritik nicht verstehe und die Anrufer als Kommunisten bezeichnet.

      Wenn er so weiter macht, fangen die Leute in Amerika noch an, die Kommunisten zu mögen.

       12.07.2017

      US-Landwirtschaftsminister Sonny Perdue hat ein zweites Amt. Seine Heimatkirche in Warner Robins, Georgia, hat ihn zum Missionar für Washington ernannt. Zu Recht, denn Perdue ist ein wirklich gläubiger Mann. Als er noch Gouverneur von Georgia war, hat er während einer langen Trockenperiode vor seinem Amtssitz ein »Prayer for Rain« abgehalten. Geregnet hat es danach zwar nicht, aber das ist auch ganz gut, denn Sonny Perdues Aufgabe ist es, den Sumpf in Washington trockenzulegen. Für morgen sind allerdings Schauer angekündigt und für Freitag Regen. Im Umkreis von Trump, so scheint’s, führt der Weg zur Moral durch den Morast.

       13.07.2017

      In Paris (Arkansas) trafen sich die Gemeindevertreter, besprachen politisches Klein-Klein und tauschten sich über die Finanzlage aus. Ergebnis: Die Stadt, so der Bürgermeister, sei »in good shape«.

      In Paris (Frankreich) trafen sich Trump und Macron, besprachen politisches Groß-Groß und tauschten sich über ihre Frauen aus. Ergebnis: Macrons Frau, so Trump, sei »in good shape«.

      Tja, das nenn ich mal ein echtes »pari«.

       14.07.2017

      Holy Shit! Notverordnung in Nevada! Weil die Nachfrage nach dem kürzlich per Gesetz legalisierten Marihuana so groß und die Zahl der Vertriebslizenzen so klein ist, wurden durch ein sogenanntes »Statement of Emergency« des Gouverneurs kurzerhand neue Lizenzen ausgestellt.

      Für den Gouverneur ist es ein simpler Verwaltungsakt, für die Potheads dagegen ein himmlisches Ereignis, die Verwirklichung ihrer heiligen Trinitätslehre: Gesetzeserweiterung – Lizenzerweiterung – Bewusstseinserweiterung.

       15.07.2017

      Trump hatte im Mai mehr Geld fürs Militär verlangt und ein Jahresbudget von 668 Milliarden Dollar gefordert. Dem Repräsentantenhaus war das allerdings noch immer zu wenig. Also hat es ihm gestern 696 Milliarden gegeben. Sogar ein Großteil der Demokraten hat dafür gestimmt.

      Und das Geld wird auch wirklich benötigt, denn in der entsprechenden Beschlussfassung wird der Klimawandel als nationales Sicherheitsrisiko bezeichnet. Mit anderen Worten: Wenn die einen viel Kohle verfeuern, dürfen die anderen noch mehr Kohle verfeuern. Ein echt kohlegiales Miteinander. Nur ist das Ergebnis leider ein – Kohllateralschaden.

       16.07.2017

      Die Welt will ins Gleichgewicht gebracht werden, und wenn einer eine Rolle rückwärts macht, muss ein anderer eine vorwärts tun … Nachdem gestern viele Demokraten dafür gesorgt haben, dass das Pentagon den Anstieg des Meeresspiegels künftig in Dollarscheinen abbilden kann, hatte heute ein Reporter von Trumps Haus-und-Hof-Sender Fox News einen lichten Moment. »Warum folgt Lüge auf Lüge auf Lüge?«, hat Shepard Smith mit Blick auf Donald Trump, dessen Sohn und Russland gefragt. Die Antwort lieferte ihm eine Sentenz aus Walter Scotts Marmion. Darin heißt es: »Oh, welch verworren Netz wir weben, wenn wir nach Trug und Täuschung streben …«

       17.07.2017

      Das Weiße Haus wird eine »Made in America«-Woche veranstalten. Ich empfehle Ivanka Trumps Klamotten, Taschen und Schuhe. Die werden zwar in Vietnam, Indonesien, China, Indien, Bangladesch und Äthiopien hergestellt, aber die Idee für das »Women who work«-Schild, das überall dranhängt, stammt von Ivanka, genau wie der Slogan, der draufsteht. Er lautet: »Handle zielstrebig.« Aber vielleicht galt der auch nur der Polizei in Bangladesch, die sehr zielstrebig gehandelt und im Dezember einen Streik von Näherinnen, die ein Ende der Ausbeutung und eine faire Bezahlung forderten, mit Gewalt aufgelöst hat. Anschließend wurden Tausende Frauen von den Fabrikbesitzern entlassen.

      Viele Firmen haben dagegen protestiert, Ivankas Firma nicht. Ivanka hat schließlich andere Sorgen. Sie muss ihr Image als Kämpferin für Frauenrechte pflegen. Außerdem arbeitet sie Vollzeit im Weißen Haus. Eine Themenwoche steht an. Es ist alles mad in America.

       18.07.2017

      Heute vor 92 Jahren erschien Hitlers Mein Kampf. Das Buch verkauft sich in den USA seit jeher ganz gut. Wobei auch die US-Regierung Kasse gemacht hat. Als die Vereinigten Staaten dem Deutschen Reich 1941 den Krieg erklärten, gingen nämlich – durch den »Trading with the Enemy Act« sowie einen Präsidialerlass von Präsident Roosevelt – die Rechte an der amerikanischen Übersetzung des Werkes vom Verlag Houghton Mifflin an die USA über. Zudem wurde der Verlag gezwungen, die 30.000 Dollar, die er bis dahin mit dem Buch verdient hatte, an eine Bundesbehörde zu überweisen. Und die Einnahmen sprudelten weiter: Allein bis Kriegsende verdiente die US-Regierung nochmal mehr als 20.000 Dollar mit Hitlers Werk. (Da Houghton Mifflin als Produzent des Buches fungierte, fielen freilich auch für den Verlag weiterhin ein paar Dollar ab, ebenso für die Literaturagentur Curtis Brown Ltd., die den Deal zwischen den deutschen und amerikanischen Verlegern eingefädelt hatte und im Laufe der Jahre Tausende Dollar dadurch verdiente.)

      Als Houghton Mifflin die Rechte an der Übersetzung des Buches 1979 von der US-Regierung zurückerwarb, waren durch Hitlers Buch insgesamt über 130.000 Dollar in die Staatskasse geflossen, wobei das Geld direkt in einen sogenannten »War Claim Fund« eingezahlt worden war, aus dem ehemalige amerikanische Kriegsgefangene Unterstützung erhielten. Damit war es ab 1979 vorbei, denn von da an flossen die Gewinne wieder in die verlagseigenen Taschen. Bis ins Jahr 2000 kamen dadurch schätzungsweise 500.000 Dollar zusammen. Zumindest war das die Größenordnung, die am 16. Oktober 2000 in einem Artikel des U.S. News & World Report genannt wurde. Titel des Beitrags: »Money from a Madman: Houghton Mifflin’s ›Mein Kampf‹ Profits.«

      Der Verlag sah sich infolge des öffentlichen Drucks gezwungen, auf die Einnahmen zu verzichten und die bisherigen ebenso wie alle künftigen Gewinne zu spenden. Das geschah lange Zeit anonym, aus Angst, die Empfänger könnten es ablehnen, wenn sie von der Herkunft des Geldes erfahren. Aber das hat sich geändert. Seit letztem Jahr geht das Geld, wie der Verlag mitgeteilt hat, an den in Boston ansässigen »Jewish Family and Children’s Service«, der sich um Überlebende des Holocaust kümmert. Und es kommt immer noch einiges zusammen. Allein 2016 wurden über 15.000 Exemplare von Hitlers Mein Kampf in den USA verkauft. Donald Trump gehört allerdings nicht zu den Lesern. Er bevorzugt, wie man aus einem Interview weiß, The Speeches of Adolf Hitler.

       19.07.2017


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