Tagebuch eines Hilflosen. Francis Nenik

Tagebuch eines Hilflosen - Francis Nenik


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hat im Wahlkampf Donald Trump unterstützt und zwischendurch immer mal wieder Leute verhaftet, deren Gesicht oder Hautfarbe ihm nicht gefielen. Weil er nicht damit aufgehört hat und auch nicht mit den Gerichten, die gegen ihn ermittelt haben, kooperieren wollte, ist Arpaio Ende Juli zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verdonnert worden, die er im Oktober antreten sollte. Aber so weit ist es gar nicht gekommen, denn Trump hat gestern einen vollständigen und bedingungslosen Straferlass unterschrieben – und damit ist Arpaio raus, bevor er drin ist.

      Ein altes Sprichwort sagt, man solle Gnade vor Recht ergehen lassen. Sheriff Arpaio handelte während seiner Amtszeit allerdings nach einem anderen Sprichwort. Es lautete: Knarre vor Recht.

       27.08.2017

      Donald Trump, Amerikas oberster Lektürekostverächter, macht Werbung für das Buch des afroamerikanischen Sheriffs David A. Clarke, der Afroamerikaner als »ungebildet, faul und moralisch verkommen« bezeichnet, mit der amerikanischen Waffenlobby nach Moskau reist, um die dortigen Waffennarren zu unterstützen, sich sonst aber als Superamerikaner inszeniert, der im Amt Cowboyhut trägt und Trumps Politik der Rückführung illegaler Einwanderer gern mit Polizeigewalt unterstützen würde. Bei Wahlen tritt Clarke übrigens für die Demokraten an. Ein Widerspruch? Ach was, Amerika!

       28.08.2017

      In den USA arbeiten immer mehr Lehrer als Markenbotschafter, und die dazugehörigen Firmen sponsern die Kurse. Klassenzimmer werden im Starbucks-Style eingerichtet, damit die Kinder wissen, wie man unterm Sternenbanner am besten seine bucks verdient, Amazon verschenkt Gutscheine an Lehrer, die sich in Blogeinträgen positiv zur Firma äußern, und Apple finanziert Angebote zur Lehrerfortbildung, damit in Zukunft noch mehr Kinder und Jugendliche in den sauren Apfel technologisch erzeugter Abhängigkeit beißen. Es ist alles nur noch Rendite und Deal-Macherei, und der Segen kommt von ganz oben. Bildungsministerin Betsy DeVos ist die irdische Prophetin der Privatisierung.

       29.08.2017

      Präsident Trump im Katastropheneinsatz. Texas. Alles nass. Genau sein Gebiet.

      Finanzminister Mnuchin im Steuereinsatz. Taxes. Trockene Materie. Genau sein Gebiet.

       30.08.2017

      Der Wasserstand im Flutgebiet sinkt, der Stand der rechtlichen Regelungen in Flutgebieten ist schon gesunken. Am 15. August hat Donald Trump ein Dekret erlassen, in dem er die von der Obama-Regierung beschlossenen baulichen Mindeststandards für mit Bundesgeldern geförderte Gebäude und Infrastrukturprojekte in Flutgebieten wieder aufgehoben hat. Der Effekt: Die Baukosten werden leicht sinken, die Wiederaufbaukosten werden stark steigen. Man könnte es aber auch so sagen: Erst wird gebaut, dann kommt die Flut, und wenn sie wieder weg ist, gehen die verbauten Dollars den Bach runter.

       31.08.2017

      Dieses Tagebuch zu schreiben bedeutet, sich den Kopf jeden Tag mit Nachrichten zuzuschütten, sie durch sämtliche Hirnwindungen trumpeln zu lassen und sich den Schädel anschließend durch die Finger wieder leer zu saugen.

       01.09.2017

      Weltfriedenstag – und die amerikanische Polizei rüstet sich erneut hoch zur Armee. Nachdem Obama die zunehmende Militarisierung der Dienststellen beendet und die Nutzung von Armeetechnik und schweren Gerätschaften 2015 eingeschränkt hatte, sind jetzt bald wieder Granatwerfer, Tarnuniformen, Panzerfahrzeuge und großkalibrige Waffen erlaubt. Trump hat die neue Gewaltspirale gestern durch ein Dekret in Gang gesetzt. Schneller, höher und weiter wird sie sich drehen. Aber sie wird auch tiefer gehen und eine Doppelhelix bilden, in der sich Gewalt und Gegengewalt gegenseitig bis ins Innerste verschrauben. Es ist die DNA eines Landes im Krieg mit sich selbst.

       02.09.2017

      Donald Trump Jr. erhält 100.000 Dollar von der University of North Texas für seine Teilnahme an einer »Speaker Series« im Oktober. Die ersten 50.000 Dollar bekommt er für eine 30-minütige Rede, die anderen 50.000 gibt’s für eine halbe Stunde Diskussion mit dem Publikum. Die Publikumsfragen bekommt Trump Jr. allerdings Wochen vorher zugeschickt. Das ist wichtig, sonst kann er sich keine 50.000 Dollar teuren Antworten ausdenken. Es ist zu erwarten, dass einige der ältesten Menschheitsrätsel an diesem Tag ihre definitive Antwort erhalten werden.

       03.09.2017

      Trump zurück im Flutgebiet. Diesmal läuft’s besser. Statt des überall herum strömenden Wassers stromern diesmal nur ein paar Kinder umher. Sie werden von Trumps Leuten mit leichter Hand gefangen und von Trump artgerecht umarmt. »Trump shows empathy«, titeln daraufhin die Nachrichtenseiten. »Keine Treffer«, titelt das Trump-Twitter-Archiv, nachdem ich »empathy« dort eingegeben habe. Trump hat das Wort in seinen über 35.000 Tweets nicht einmal verwendet.

       04.09.2017

      Habe gerade einen Blick auf die nationale Schuldenuhr der USA geworfen. Amerika steht tief in den roten Zahlen. 19.897.500.000.000 Dollar, um genau zu sein. Die gesetzlich erlaubte Schuldenobergrenze liegt allerdings bei 19.900.000.000.000. Fehlen also noch zweieinhalb Milliarden bis zum Knall. Seltsamerweise scheint die Doomsday-Clock ähnlich zu ticken. Ihr zufolge sind es noch genau zweieinhalb Minuten bis der Atomkrieg beginnt. Damit auch alles glatt geht wenn’s so weit ist, haben die üblichen Zweieinhalbkäsehochs in Nord- und Südkorea in den vergangenen Tagen mit amerikanischer, russischer und chinesischer Hilfe geübt, wie man sich in zweieinhalb Minuten gegenseitig zweieinhalb Mal vernichten kann.

      Sieht aus, als wäre heute der beste Zeitpunkt, mir mal wieder Die nackte Kanone 21/2 anzuschauen. Da wird am Ende nicht der Erde, sondern der Bombe der Stecker gezogen.

       05.09.2017

      Die Körperschaftsteuer muss sinken! Zahle seit Jahren für Melania und schaffe es trotzdem nicht, dass sie meinen Körper mit ihrem ansteuert. Wenn das so weitergeht, kann ich für meinen Schaft statt Ausfuhr- bald Einfuhrsteuer berechnen. Ungereckt!

      (Aus: Donald Trump, Tagebuch, unveröffentlicht.)

       06.09.2017

      Schulen in Colorado, die in der Nähe von offiziellen Marihuana-Verkaufsstellen liegen, bekommen 9,2 Millionen Dollar, um mithilfe eigens dafür eingestellter Sozialarbeiter Jugendliche davon abzuhalten, Marihuana zu konsumieren. Das Geld stammt aus einem ganz besonderen Topf, um nicht zu sagen aus einem großen, grünen Pott. Der Staat Colorado hat es durch Steuern und Abgaben von den offiziellen Marihuana-Verkaufsstellen eingenommen. Ein echtes Joint Venture.

       07.09.2017

      Die fetten Jahre waren vorbei, jetzt kommen sie wieder. Nachdem die Obama-Regierung festgelegt hatte, dass bestimmte Milchsorten bei der Schulspeisung fettfrei sein müssen, ist jetzt wieder 1 % Fett erlaubt. Dagegen wurde der Vollkornrückerstattungsanteil gesenkt. Er gibt an, ab wie viel % Vollkornanteil in einem Schulessen (z. B. Nudeln) die Bundesstaaten Vergütungen aus Washington bekommen. Bisher waren es 50 %, jetzt gibt’s dagegen schon bei einem geringeren Vollkornanteil Geld aus den Futtertöpfen der Trump-Administration. Der Grund ist einfach: Die meisten Kinder mögen nämlich den Gesundheitsfraß nicht, und es macht sich politisch nicht gut, wenn ein Bundesstaat in finanzielle Schwierigkeiten gerät, nur weil sich irgendwelche Rotzlöffel keine Vollkornnudeln auf die Gabel spießen wollen.

       08.09.2017

      Die


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