1177 v. Chr.. Eric H. Cline

1177 v. Chr. - Eric H. Cline


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und einen Brustpanzer an, um ihre Brüste und andere weibliche Merkmale zu verbergen; dies kann man gut an ihren Statuen in ihrem Totentempel in Deir el-Bahari erkennen. Sie änderte sogar ihren Namen, gab ihm eine maskuline anstatt der eigentlichen femininen Endung und wurde so zu »Seiner Majestät, Hatschepsu«.34 Mit anderen Worten: Sie regierte als Mann, als männlicher Pharao, nicht bloß als Regentin. Deshalb gilt sie heute als eine der bemerkenswertesten Frauen des Alten Ägyptens, gleich neben Nofretete und Kleopatra. Hatschepsut scheint nie wieder geheiratet zu haben, nachdem Thutmosis II. gestorben war; möglicherweise hatte sie aber einen Geliebten: ihren Baumeister und Obervermögensverwalter Senenmut. Wir besitzen ein (möglicherweise heimlich angefertigtes) Bildnis von ihm in Hatschepsuts Totentempel in Deir el-Bahari, dessen Bau er leitete.35

      Diese faszinierende Herrscherin sandte friedliche Handelsexpeditionen nach Phönizien (dem heutigen Libanon), um Holz zu besorgen, und auf den Sinai, auf der Suche nach Kupfer und Türkis.36 Doch ihre berühmteste Delegation reiste, wie uns die Mauern in Deir el-Bahari verraten, während ihres Neunten Regierungsjahres in das Land Punt. Heute noch streiten sich die Gelehrten, wo dieses mysteriöse Punt eigentlich lag. Meistens wird es in der Region von Sudan, Eritrea oder Äthiopien verortet, aber es gibt auch Forscher, die es an der gegenüberliegenden Küste des Roten Meeres suchen, u.a. im heutigen Jemen.37

      Hatschepsuts Expedition war nicht die erste, die von Ägypten aus nach Punt reiste, und es sollte auch nicht die letzte sein. Während der Epoche des Mittleren Reiches hatte es mehrere solcher Gesandtschaften gegeben, und nach ihr entsandte u.a. Amenophis III. wieder eine Delegation, Mitte des 14. Jahrhunderts v. Chr. Doch nur im Rahmen des Berichts über diejenige von Hatschepsut wird die Königin von Punt dargestellt – der Begleitinschrift nach zu urteilen, hieß sie »Eti«. Die Abbildung der ausländischen Königin hat seit jeher Anlass zu zahlreichen Kommentaren gegeben: Sie ist kleinwüchsig, mit gekrümmter Wirbelsäule, Fettrollen am Bauch und einem großen Hintern – vielfach hat man sie in modernen Beschreibungen als Beispiel für die Steatopygie (»Fettsteiß«) angeführt, also für einen Menschen mit fleischigem Bauch, gewaltigen Oberschenkeln und ausladendem Gesäß. Daneben sind Palmen, exotische Tiere und andere Details dargestellt, die auf ein entfernter liegendes Reiseziel hindeuten, und auch die Schiffe sind abgebildet, mit denen die Ägypter nach Punt fuhren, komplett mit Masten und Takelage.

      Wie uns seine Annalen verraten, schickte Thutmosis III. im 33. und im 38. Jahr seiner Herrschaft (nach 1450 v. Chr.) eigene Handelsdelegationen in das Land Punt.38 Sie gehören (zusammen mit Expeditionen in den Libanon, um Zedernholz zu holen) zu den wenigen belegbaren Beispielen für einen fortbestehenden Handel zwischen Ägypten und dem Ausland während der Herrschaft Thutmosis’ III.; allerdings ist zu vermuten, dass auch ein Großteil der »Tribute« (inw) in den Szenen in Gräbern von Adeligen aus seiner Regierungszeit in Wirklichkeit Handelsgüter waren.

      Unter den fremden Ländern, mit denen Ägypten unter Thutmosis III. offenbar Handelsbeziehungen pflegte und aus denen er bei drei verschiedenen Gelegenheiten inw erhielt, gab es auch eine Region, die die Ägypter Isy nannten. Am ehesten lässt sie sich mit einem Zusammenschluss einzelner Stadtstaaten im nordwestlichen Anatolien (der heutigen Türkei) identifizieren, die wir als Aššuwa kennen, oder mit Alašija, dem bronzezeitlichen Namen von Zypern. Thutmosis’ Schriftgelehrte erwähnen Isy mindestens viermal in verschiedenen Inschriften, darunter einmal neben Keftiu im Siegeslied auf Thutmosis’ »Poetischer Stele«: »Ich bin gekommen, damit du den Westen schlägst, Keftiu und Isy erstarrten in Ehrfurcht, und ich ließ sie Ihre Majestät als einen jungen Stier sehen, fest im Herzen, mit spitzen Hörnern, denen man sich nicht nähern kann.«39

      Nach den Annalen seines neunten Feldzugs im 34. Jahr (1445 v. Chr.) soll der »Häuptling von Isy« inw gebracht haben, in Form folgender Rohstoffe: reines Kupfer, Blöcke aus Blei, Lapislazuli, Stoßzähne aus Elfenbein und Holz. Ähnlich war es in seinem 13. Feldzug in seinem 38. Regierungsjahr (1441 v. Chr.): Hier erfahren wir aus den Annalen, dass der »Prinz von Isy« inw in Form von Kupfer und Pferden brachte, und beim 15. Feldzug im 40. Jahr (1439 v. Chr.) heißt es, der »Häuptling von Isy« habe inw geliefert, die aus 40 Steinen aus Kupfer, einem Stein aus Blei und zwei Stoßzähnen aus Elfenbein bestanden. Die meisten dieser Objekte waren typische Geschenke, wie sie im bronzezeitlichen Nahen Osten auf der obersten diplomatischen Ebene gerne ausgetauscht wurden.40

      Vor ein paar Jahren hat man Hatschepsuts Mumie offenbar endlich identifiziert. Sie lag im Grab mit der Nummer KV 60 (KV für Kings’ Valley, also Tal der Könige) anstatt in ihrem eigenen Grab (KV 20), das sich ganz woanders im Tal der Könige befindet. Sie war eine der wenigen Frauen, die man hier jemals bestattet hat, denn das Tal der Könige war in der Regel männlichen ägyptischen Königen vorbehalten. Falls es sich bei der betreffenden Mumie tatsächlich um Hatschepsut handelt, dann litt sie im Alter unter Übergewicht, hatte Zahnprobleme und war an Krebs erkrankt.41 Als sie um 1480 v. Chr. starb, verlor Thutmosis III. keine Zeit: Er bestieg den Thron und führte noch im ersten Jahr seiner Regierung einen Feldzug an. Er versuchte, Hatschepsuts Namen aus der Geschichte tilgen zu lassen, ließ ihre Denkmäler schänden und ihren Namen, wo immer möglich, aus den Inschriften herausmeißeln. (Übrigens behaupten manche, er habe bei Hatschepsuts Tod seine Hand im Spiel gehabt.)

      Als Thutmosis III. seinen ersten Feldzug in Angriff nahm – den ersten von 17 in den folgenden 20 Jahren – schaffte er es sofort in die Geschichtsbücher. Und das sogar buchstäblich, denn die Route und Details des Marschs und seiner Eroberungen im Jahr 1479 v. Chr. wurden von den täglich geführten Aufzeichnungen an die Mauer des Tempels von Karnak übertragen und für die Nachwelt festgehalten. Auf diesem Feldzug kämpfte er bei der Schlacht bei Megiddo (später besser bekannt als das biblische Armageddon) gegen mehrere rebellische kanaanitische Fürsten. Es war die erste Schlacht überhaupt, deren Einzelheiten zur Erbauung derer, die nicht dabei gewesen waren, aufgeschrieben wurden.

      Der Bericht zeigt, dass Thutmosis III. mit seinen Männern von Ägypten aus zehn Tage nach Norden marschierte, bis zu einem Ort namens Jehem. Dort hielt er einen Kriegsrat ab und entschied, wie man die befestigte Stadt Megiddo und die umliegenden provisorischen Lager der örtlichen Kanaaniten-Herrscher, die nach seiner Thronbesteigung einen Aufstand gegen die ägyptische Fremdherrschaft angezettelt hatten, am besten angreifen könnte. Von Jehem aus gab es drei Möglichkeiten, nach Megiddo zu gelangen: eine nördliche Route, über die man in die Jesreel-Ebene in der Nähe von Jokneam gelangte, eine südliche Route, die in die Jesreel-Ebene in der Nähe von Ta’anach führte, und eine mittlere Route, die direkt in Megiddo endete.42

      Wie berichtet wurde, schlugen seine Generäle vor, entweder die nördliche oder die südliche Route zu nehmen – diese seien breiter und weniger geeignet für einen Hinterhalt. Thutmosis antwortete, eine solche Taktik sei genau das, was die Kanaaniter von ihnen erwarteten; niemals würden sie annehmen, die Ägypter seien so dumm, sich für die mittlere Route zu entscheiden, eben weil der Weg so schmal sei, dass man hier hervorragend aus dem Hinterhalt angreifen könne. Und genauso kam es: Der Pharao marschierte mit seiner Armee komplett unbehelligt über die mittlere Route auf Megiddo. Die Ägypter benötigten zwar beinahe zwölf Stunden, um vom ersten bis zum letzten Mann den zentralen Pass zu durchqueren (der im Laufe der Zeit mal Wadi Ara, mal Nahal ’Iron, mal Musmus-Pass hieß), doch schließlich kamen sie völlig unversehrt an, und was noch besser war: Weder Megiddo noch die umliegenden feindlichen Zeltlager wurden von irgendjemandem bewacht. Die kanaanitischen Streitkräfte hatten sich komplett auf Jokneam im Norden und Ta’anach im Süden verteilt – genau wie Thutmosis III. es vorausgesagt hatte. Der einzige Fehler, den der Pharao beging, war, seinen Soldaten vor Einnahme der Stadt zu erlauben, anzuhalten und die feindlichen Lager zu plündern. Dadurch hatten die wenigen Verteidiger von Megiddo – hauptsächlich alte Männer, Frauen und Kinder – genügend Zeit, um die Stadttore zu schließen. So belagerten die Ägypter Megiddo schließlich ganze sieben Monate, bevor es ihnen gelang, die Stadt zu erobern.

      Im Ersten Weltkrieg, fast 3400 Jahre später, bediente sich der britische General Edmund Allenby der gleichen Taktik wie Thutmosis III. Er war ähnlich erfolgreich wie der Pharao, gewann


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