¡PARAGUAY, MI AMOR!. Wiebke Groth

¡PARAGUAY, MI AMOR! - Wiebke Groth


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der Pubertät wurde es noch schlimmer. Hinzu kamen unzählige Mädchengeschichten – ich kann dir gar nicht sagen, wie oft wütende Väter vor unserer Tür standen.

      Ramón war und ist völlig bindungsunfähig. Es liegt wohl viel am frühen Verlust seines Vaters.

      Isa und ich haben uns oft gefragt, was wir falsch gemacht haben…“

      „Was macht er denn jetzt? Er musss nun schon Anfang 20 sein. Arbeitet er auf der Estancia?“

      „Ramón?“, lacht Jost. „Nein, nur während der Semesterferien. Er studiert seit drei Jahren Medizin an der Uni in Asunción!“

      „Wow, das ist ja großartig! Dann müsst ihr doch stolz auf ihn sein?“

      „Ja, das sind wir auch. In letzter Zeit hat er auch keinen Ärger mehr gemacht. Wir denken, er wird langsam erwachsen. Er wird übrigens auch bald zu Besuch kommen.

      Die Uni schließt für vier Wochen und wir erwarten ihn heute Abend oder morgen. Genaueres hat er nicht gesagt.“

      „Schön. Dann erzähl doch bitte auch vom Rest der Familie: von Isabella, Juanita und Jorge.“

      „Ja – Isabella ging mit der Zeit auf meine Avancen ein. Später sagte sie, es habe ihr gefallen, wie schüchtern und vorsichtig ich ihr den Hof gemacht hätte. Wir konnten uns stundenlang unterhalten, ich lud sie ins Kino und zum Essen in Restaurants ein.

      Eines Tages, als wir allein waren, fasste ich mir ein Herz und küsste sie …

      Schnell wurden wir ein Paar. Juan und Leticia kam diese Entwicklung mehr als gelegen.

      Hatten sie nicht nur einen geeigneten Nachfolger, sondern auch einen neuen Mann für ihr einziges Kind Isabella gefunden.

      1983 heirateten wir groß, es war ein rauschendes Fest – deine Großeltern waren übrigens auch da, auch wenn sie nicht viel verstanden.

      Sie haben uns auch danach mehrere Male besucht. Wenn sie für euch für vier Wochen an der See oder im Allgäu waren, waren sie in Wahrheit oft in Paraguay, um ihre ‚exotischen Enkel‘ zu besuchen.“

      „Das glaube ich jetzt nicht! So viel Gerissenheit hätte ich meinen lieben Großeltern nie zugetraut.“

      „Doch, so war es“, nickt Jost.

      „Anfang 1984 wurde Juanita geboren. Sie ist mein Goldstück und ich habe sie bestimmt sehr verwöhnt. Aber so machen es Väter nun mal mit ihren Töchtern.“

      Er unterbricht sich verlegen, als er merkt, dass er das gerade ausgerechnet zu seiner anderen Tochter sagt, die er vor 19 Jahren verließ.

      „Entschuldige bitte“, sagt er leise.

      „Schon gut, Jan-Hugo hat mich genauso verwöhnt und behütet. So sind die Königs nun mal“, entgegne ich milde.

      „Nun ja, Juanita ist auch sehr aufgeweckt, schulisch hat sie uns nie Kummer bereitet.

      Sie kann aber manchmal sehr anstrengend sein, gerade weil sie seit vier Jahren in der Pubertät ist.

      Das Schlimme ist, dass sie sich seit Kurzem enorm für Jungs interessiert. Du musst wissen, sie ist sehr gutaussehend und so sind die Jungs auch nicht abgeneigt. Zum Glück passt Ramón sehr gut auf sie auf, wenn er mit ihr unterwegs ist. Allein darf sie natürlich nicht weg. Aber er nimmt sie manchmal in eine Disco oder in einen Klub mit, wenn sie in Asunción ist.

      Dann ist da unser Jüngster – Jorge. Er ist gerade aufs Gymnasium gekommen. Er und Juanita fahren jeden Morgen gemeinsam mit dem Bus in die nächste Stadt- es sind 20 Minuten Fahrt.

      Jorge ist noch ein liebenswertes Kind, er liebt die Natur und reitet genauso gerne wie seine Geschwister. Er ist allerdings ein kleiner Träumer und die Dinge fallen ihm nicht so leicht zu wie Juanita. Er muss sich anstrengen. Er ist aber sehr ehrgeizig und ich könnte mir vorstellen, dass er eines Tages die Estancia übernehmen wird.

      Ramón will Arzt werden und Juanita hat schon mal deutlich gesagt, dass sie hier nicht alt werden will.“

      Unser Gespräch plätschert noch eine Weile dahin.

      Jost will von mir auch vieles wissen und ich antworte ihm ausführlich. Irgendwann gähne ich.

      Er bemerkt es und meint: „Schlaf ruhig, wir haben noch anderthalb Stunden Fahrt vor uns. Also schließe ich die Augen und bekomme von der weiteren Fahrt nichts mehr mit.

      ***

      „Valeska“, weckt mich Josts angenehme Stimme, „wach auf, wir sind da!“

      Verschlafen öffne ich die Augen.

      „Wow“, murmele ich, als ich das prächtige Anwesen erblicke.

      Ein weiß gekalktes, zweistöckiges Haupthaus mit wunderschönen farbigen Mustern verziert, daneben Stallgebäude- für die Pferde, wie ich vermute - und ein Nebengebäude für die Angestellten.

      Ein riesiger Garten umgibt das Haus – kunstvoll angelegt und sehr gepflegt.

      „Wow, macht ihr das alles allein?“ Ich deute auf den Garten.

      „I wo, wir haben einen Gärtner, ein sehr fähiger Mann, der schon für die Schwiegereltern arbeitete.

      Und für die Haushaltsführung beschäftigen wir Carmen, die auch eine Freundin von Isabella ist. Carmen ist ein absoluter Glücksfall. Ohne sie und Felipe könnten wir die Estancia gar nicht führen.“

      „Ihr lebt aber ziemlich dekadent“, merke ich kritisch an.

      „Ach nein, hier in Paraguay ist das normal und viele können sich Hausangestellte leisten“, antwortet Jost schulterzuckend.

      Währenddessen sind wir ausgestiegen und ich komme nicht zu einer Erwiderung, da die Haustür aufgeht und ein Mädchen mit schulterlangem, dunklem Haar und ein kleiner Junge mit Lockenkopf in derselben Farbe mir entgegenstürzen und laut „Hallo Schwester“ brüllen.

      „Hey“, antworte ich verlegen, als sie bei uns angelangt sind.

      „Schön euch zu sehen! Ihr seid also Juanita und Jorge.“ Sie nicken und lachen und fangen an, mich mit Fragen zu bestürmen. „Wie ist der Sommer in Deutschland? War der Flug aufregend? Wie findest du Paraguay?“

      Die Unterhaltung geht reibungslos auf Deutsch vonstatten. Beide beherrschen die Sprache fließend.

      Dann erscheint eine hochgewachsene Frau etwas größer als Jost, im Türrahmen und schreitet würdevoll auf uns zu.

      „¡Bienvenida, Valeska! ¿Como estaba el viaje?“

      „Gracias, estaba muy bien“, stottere ich.

      Ich habe versucht, vor meiner Abreise etwas Spanisch zu lernen, aber die Zeit war zu kurz.

      In der Schule habe ich kein Spanisch gelernt und so konnte ich in den letzten vier Wochen nur einen Sprachkurs am Computer machen.

      Wir gehen rein und Jost führt mich kurz durch die wichtigsten Räume, dann zeigt er mir mein Zimmer. Es liegt im ersten Stock, am Anfang des Ganges.

      „Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass es genau neben Ramóns Raum liegt“, mein Jost.

      „Aber nein, warum sollte es mich stören?“

      „Dann ist ja gut.“

      „Jost meinst du, ich könnte ein Bad nehmen?

      Du meintest ja, wir essen erst um 19:00 Uhr, da muss ich mich dringend frisch machen! Ich werde sonst zu müde.“

      „Aber natürlich Liebes! Warum habe ich es dir nicht schon längst angeboten?“ Er führt mich in ein großzügig geschnittenes Bad mit einer luxuriösen Badewanne und einer komfortablen Dusche.

      Dort reicht er mir ein Handtuch und ein Fußhandtuch.

      Ich hole mir schnell meinen Bademantel und er lässt mich allein – nicht ohne den Hinweis ich könnte gerne den Badeschaum und das Shampoo von Juanita


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