Der Bergboss und die Königskinder: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 3). Jork Steffen Negelen

Der Bergboss und die Königskinder: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 3) - Jork Steffen Negelen


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mit einer kleinen Kutsche ein. Offenbar glaubte sie, dass Kunor sie jetzt bei sich aufnehmen würde. Doch der hatte Angst um sein Reich und seine Kinder. Er flehte Irrsande an, von seinem Land fern zu bleiben und die letzte Nacht zu vergessen. Irrsande war so fassungslos, dass sie Kunor mit weit aufgerissenen Augen ansah und zunächst gar nichts sagte. Doch dann weinte sie bittere Tränen und nahm mit ihrer Kutsche einen anderen Weg. Mir tat die weiße Zauberin leid und ich wollte ihr helfen. Ich eilte ihr nach und gab ihr ein Amulett. Es verlieh ihr die Zauberkraft, aus einer kleinen hölzernen Schale eine Flugschale zu machen und mit ihr zu fliegen. Damit sollte sie bei Gefahr bösen Mächten entkommen können. An diesem Tag hatte ich alter Narr ja keine Ahnung, was diese Zauberin schon alles über die Magie wusste. Ich hätte ihr dieses Amulett nie geben dürfen.«

      Die Mine des Zauberers verfinsterte sich und er erzählte weiter. »Kunor hatte seinen Kutschern befohlen, die Pferde nicht zu schonen. Er wollte so schnell wie möglich sein Heer versammeln und Maragos zuvor kommen. Mein König wusste genau, dass er das Elfenreich und alle seine Verbündeten nur besiegen konnte, wenn er als Erster den Angriff wagte. Doch er musste den günstigsten Zeitpunkt kennen. Deshalb war er in größter Eile. Mich schickte er mit meiner Flugschale nach Banda. Dort sollte ich sein Heer zusammenrufen. Doch so ein Heer kommt nicht an einem einzigen Tag zusammen und Banda war ein großes Reich. Die Herolde brauchten vier Tage, um in jeden Winkel von Banda die Männer zu den Waffen zu rufen. Am fünften Tag nach der eiligen Rückkehr meines Herrn Kunor zogen wir mit mehreren zehntausend Soldaten zur Grenze von Illwerin. Unterwegs bekamen wir von unseren besten Spähern die Nachricht, dass sich Maragos mit seinen einstigen Todfeinden, den dunklen Elfen von der Insel Villbass verbündet hatte. Mit Gold und Edelsteinen hatte er ihrem König Vagho den Treueschwur abgekauft.«

      Bebo sprang von seinem Stuhl auf und rief sofort. »Was sagt du da?! Vagho war einst der König der Insel Villbass?! Das kann ich nicht glauben! Vagho ist doch ein Dieb, ein Mörder und vor allem ein Schattenalp!«

      Albanarius trank seinen Becher aus und schenkte sich den Wein wieder ein. Dann sah er den aufgebrachten Kobold an und nickte. »Ja, da staunst du, doch es stimmt ganz genau. Vagho war einst ein König der dunklen Elfen von Villbass. Damals war er aber noch kein Schattenalp. Er war jung und glaubte noch an die neutrale Seite seiner eigenen Magie. Doch er war schon immer gierig nach Schätzen und er ließ sich seine Kriegsdienste nur all zu gern teuer bezahlen. Mit seinem großen Heer lauerte er auf seiner Insel und er nutzte jede Gelegenheit, um mit seiner Flotte seine wilden Kriegshorden an fremde Küsten zu bringen, nur um dann schnell und sicher einen Raubzug zu unternehmen. Dafür waren die dunklen Elfen von Villbass gefürchtet.«

      Bebo trank einen Schluck Milch und Albanarius nahm einen ordentlichen Schluck von seinem Wein. Dann erzählte er weiter. »Auch Irrsande hatte von diesem Bündnis gehört und sie flog mit ihrer Flugschale zu Kunors Heerlager. Der König hatte mit seinem Heer die Grenze bereits erreicht und Irrsande wollte ihn unbedingt warnen. An diesem Tage liebte sie ihn immer noch. Doch Kunor wies sie wieder ab. Er schrie sie an, sie hätte mit ihren Verführungskünsten die Freundschaft zwischen ihm und Maragos zerstört und beide Reiche mit all ihren Verbündeten in einen verfluchten Krieg getrieben. Damit gab er ihr die Schuld und nicht dem eifersüchtigen und jähzornigen Maragos. Aber Kunor tat noch Schlimmeres.«

      Albanarius sah traurig mit in seinen Weinbecher. Er holte tief Luft und stellte den Becher krachend auf den Tisch. »Er packte sie und stieß sie nieder!«, rief der Nekromant und er spürte, wie der Zorn in ihm aufstieg.

      Etwas leiser fuhr Albaron mit seiner Erzählung fort. »Dann schrie er Irrsande wieder an. Sie sollte für immer verschwinden und auch sein Reich nie wieder betreten. Kunor hatte große Angst vor dem, was er in jener Nacht in Illwerin für diese Zauberin empfunden hatte. Mit seiner Angst vor seinen eigenen Gefühlen hatte er aber auch Irrsandes Liebe in Hass verwandelt. Sie stand auf und sah meinen Herrn mit einem eisigen Blick an. Dann bestieg sie ihre Flugschale und flog ohne ein Wort davon. Ich war dabei, als das alles geschah, und ich hatte eine schreckliche Vorahnung. Doch auf mich wollte Kunor nicht mehr anhören. Er war auf sich und seine eigene Angst so wütend, dass er mit seinem Heer sofort aufbrach und die Grenze nach Illwerin überschritt. Damit kam er allerdings Maragos zuvor und er überraschte ihn in seiner Festung. Fast die Hälfte von Maragos Heer war noch auf dem Weg zur weißen Festung und Kunors Angriff war so heftig, dass Maragos mit seinen unterlegenen Soldaten nicht standhalten konnte. Schon damals wussten die Kriegsherren mit Katapulten und Sturmleitern umzugehen. Die Soldaten meines Königs drangen schon beim ersten Sturmangriff in die Festung und alle Paläste der Elfen ein. Es war keine Schlacht, nein, es war ein grausames Gemetzel. Im großen Thronsaal trafen die beiden Könige aufeinander und fochten ihren eigenen Zweikampf aus. Keiner wagte es, sich in diesen Kampf einzumischen. Kunor war ein furchtbarer Krieger. Schon in seiner frühesten Jugend hatte sein Vater ihn gegen seine besten Soldaten kämpfen lassen. Seine Kraft und seine Erfahrung setzte er im Zweikampf gegen Maragos bedingungslos ein. Der war kleiner und schmächtiger. Seine Kräfte versagten eher und Kunor warf Maragos zu Boden. Beim Aufprall verlor Maragos sein Schwert und er sah Kunor an. Der schwang sein Schwert über seinen Kopf und wollte Maragos im nächsten Augenblick töten. Doch da kam Irrsande mit einem Bogen in ihren Händen auf dem goldenen Schild eines gefallenen Elfenkriegers angeflogen und schoss Kunor einen vergifteten Pfeil in die Brust. Mein König ließ sein Schwert fallen, und noch bevor er auf den Boden fiel, fing ich ihn auf. Irrsande sprang vom Schild und lief zu mir und Kunor. Dann sagte sie etwas zu mir und ich werde ihre Worte nie vergessen. Sie fragte mich, warum ich meinem Herrn nie beigebracht habe, dass ein König keinen anderen König töten darf.«

      Der Zauberer seufzte und goss sich seinen Becher wieder voll. »Kunors Soldaten sahen entsetzt zu mir und ihrem König und wollten schon Irrsande angreifen. Doch die Zauberin stieg auf ihren Kriegsschild und flog durch den Thronsaal. Dann rief sie uns allen etwas zu und ich höre noch heute ihre Worte.«

      Der Nekromant trank einen Schluck und die Mine des Koboldes verfinsterte sich immer mehr, als er weiter sprach. »Euer Krieg ist sinnlos, hat sie laut gerufen. Ihr habt euch selbst zerstört. Doch das ist noch nicht genug. Ich habe erfahren, was der Hass für eine mächtige Waffe ist. Mit meinem Hass habe ich neue Zauberkräfte bekommen. Damit konnte ich die Stadt Banda in Schutt und Asche legen. In den Ruinen verzieht sich gerade der letzte Rauch und die Kinder des edlen Königs Kunor ziehen einsam und verlassen durch den Wald. Irrsande flog mit ihrem Schild auf mich zu und blieb vor mir in der Luft stehen. Jetzt erst sah ich, dass sie sich verändert hatte. Sie hatte ihre weiße Schönheit aufgegeben und wurde langsam zu einer schwarzen Hexe. Ich konnte deutlich den Ruck spüren, der durch die Magie jener Zeit ging und ich sage es dir, mein Freund Bebo, das gab mir einen fürchterlichen Stich ins Herz. Irrsande stand auf ihrem Schild und lachte mit einer eisigen Kälte, die man nur selten spürt. Dann rief sie mir und dem sterbenden König etwas Furchtbares zu.«

      Albaron drehte den Becher in seinen Händen und sah zu dem Kobold. »Ihre Worte waren unheimlich und ich habe einen Augenblick gebraucht, um sie zu begreifen. Die Kinder würden durch die Wälder des Tieflandes irren und es wäre sehr gefährlich, dort im Wald. Doch nicht die Kinder seien in Gefahr. Nein, es wären alle die, die ihnen begegnen.«

      Bebo lauschte mit offenem Mund und Albaron nickte ihm zu. »Kunor, der immer noch in meinen Armen lag, sah zu Irrsande und fragte sie mit letzter Kraft, was sie den Kindern angetan hätte. Doch Irrsande lachte wieder und sprach, bevor sie mit ihrem Schild aus dem Thronsaal flog: »Ich habe ihnen etwas genommen und ich habe ihnen etwas gegeben. Jetzt sind sie Mensch, Wolf und Katze in einem. Sie sind Lumichs! Wer sie tötet, der erleidet ihr Schicksal. Doch das werdet ihr wohl kaum tun, denn der junge König Vagho kommt morgen schon mit seinem Heer hier in Illwerin an.«

      Bebo zog die Morgenluft vernehmlich durch seine Nase und sprang auf. »Du hättest ihr das Amulett nie geben dürfen!«

      Der Zauberer nickte und fuhr mit seiner Erzählung fort. »In diesem Augenblick sah ich die Zauberin zum letzten Mal als Elfe. Viele Jahre später traf ich sie als schwarze Hexe wieder. Sie flog davon und ich wünschte mir mein Amulett zurück. Seit dem habe ich nie wieder einen magischen Gegenstand einer schönen Elfenfrau geschenkt. Die zahlreichen Pfeile der Soldaten konnten ihr nichts anhaben und ich konnte meinen König Kunor nicht helfen. Das Gift fraß sein Herz auf und er starb in meinen Armen. Es wurde ganz still und ich sah zu Maragos. Dem Elfenkönig


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