Maritime Erzählungen - Wahrheit und Dichtung. Detlev Sakautzky

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des Kapitäns an den Maschinenfahrstand.

      „Hiev up“, befahl der Kapitän, nachdem das Schiff keine Vorausfahrt mehr machte.

      Der Bestmann hievte langsam die letzten fünfzig Meter der Kurrleinen.

      „Achter Brett kommt“, rief Sörn, der mit seinem Zwillingsbruder Björn das Abfangen des Seitenscherbrettes vorbereitete.

      Der Bestmann hievte die achtere Kurrleine ganz langsam bis das aus Wirbel, Quetschglied und Schäkel bestehende Element in der oberen Galgenrolle sichtbar wurde.

      Björn warf die Abfangkette durch den kleinen und großen Bügel des Seitenscherbrettes und befestigte diese in den Abfanghaken, der am oberen Teil des Galgens angeschäkelt war.

      Der Bestmann fierte die achtere Kurrleine auf Sörns Handzeichen ein. Das Scherbrett hing jetzt fest in der Abfangkette. Es kam „Lose“ auf die Kurrleine. Björn und Sörn lösten das Quetschglied aus dem G-Haken und die Sicherungskette für den Zwischenstander.

      „Achtern klar zum Hieven“, rief Björn.

      Der Bestmann kuppelte die Steuerbordwindentrommel aus.

      Jetzt wurde das vordere Seitenscherbrett mit der Backbordwindentrommel vorgehievt.

      Chris und Hans Kubutat fingen das vordere Seitenscherbrett mit der Abfangkette ab, Chris gab das Zeichen zum Einfieren.

      Es kam „Lose“ auf die Kurrleine. Hans nahm den G-Haken aus dem Quetschglied. Chris löste die Sicherungskette für den Zwischenstander.

      „Kurrleine klar zum Hieven!“, rief Chris.

      Der Bestmann kuppelte die Steuerbordwindentrommel ein und hievte ganz langsam beide Kurrleinen.

      Die durch das Hieven entlasteten Brettstander beider Seitenscherbretter wurden abgeschäkelt. Vorher wurden sie, vorn und achtern, mit dem Bootshaken griffbereit durch Chris und Björn, herangezogen.

      Die Fünfzig Fuß-Stander wurden gehievt, die anschließenden „Ponnybretter“, Spreizmittel für die Flügel, vorn und achtern, abgefangen und abgeschäkelt. Beim Weiterhieven kam das Rollengeschirr aus dem Wasser. Es wurde in Höhe des Schanzkleides, unter Berücksichtigung der durch den Seegang verursachten Krängung des Schiffes nach Steuerbord, eingefiert und binnenbords abgelegt.

      Die gut gefetteten Klauen der Kurrleinenwinde wurden ausgekuppelt, die mechanischen Bandbremsen fest angezogen.

      Die Decksleute holten die vorderen und achteren Netzstander und Flügel mit der Hand unter Mitwirkung der Krängung des Schiffes ein.

      Zügig wurde eingeholt, sobald das Schiff nach Steuerbord überholte. „Hol weg“, rief Martin. Die Decksleute zogen gleichmäßig die „Lose“ weg. Chris hievte das Höhenscherbrett und Oberblatt des Netzes, mithilfe des „Pferdes“, einer Leine aus Sisal, über den „Toten Mann“, einer Decksstütze mit Leitrolle, bis in die Höhe des Schanzkleides. Martin pickte den Flitzerhaken in die Mitte der oberen Randleine, der Haedleine, ein. Der „Flitzer“ wurde über den schnell laufenden kleinen Spillkopf durch Chris gehievt. Es kam „Lose“ in das Oberblatt. Das Vornetz wurde durch die Decksleute mit der Hand weiter eingeholt, bis das Trichterstück erreicht war.

      Martin legte mit dem Netzmacher einen kurzen Herkulesstropp zweimal um das Trichterstück.

      „Pick den Flitzerhaken ein!“, rief Martin.

      Der Netzmacher pickte den Flitzerhaken in die Augen des Stropps ein.

      „Hiev up!“, rief Martin.

      Chris legte drei Törns um den Spillkopf und hievte den „Flitzer“. Das Trichterstück und der Tunnel kamen nach oben, der Fisch rutschte im Tunnel nach unten in den Steert.

      Martin legte mit dem Netzmacher einen neuen Stropp um den Tunnel, sobald dieser bis zum Block des „Flitzerstags“ hoch genug gehievt war.

      „Lets go!“, rief Martin und schaute nach Chris.

      Chris warf den „Flitzer“ vom Spillkopf. Das gehievte Netzteil fiel nach unten. Nach dem Loswerfen des Flitzers klemmte Martin mit dem Gewicht seines Oberkörpers das Netz am Schanzkleid fest, um ein Herausgleiten des Tunnels zu verhindern. Der Netzmacher löste den Flitzerhaken und pickte diesen in die beiden Augen des neu umgelegten Stropps ein.

      Es wurde weiter gehievt, bis der volle Steert sichtbar wurde. Der Kapitän, der aus dem offenen Brückenfenster das Einholen des Fanggeschirrs überwachte, schätzte sechzig Korb, sehr großen Kabeljau. Martin legte zusammen mit dem Netzmacher den dicken Hievstropp, aus sechskardeeligem Herkules, dreimal um das obere Ende des vollen Steertes und hakte den „Bobbyhaken“ in die Augen des Stropps ein.

      „Hiev up, Bobby!“, rief Martin.

      „Hiev up, Bobby“, wiederholte laut der Backbordwindenmann, legte vier Törns des Bobbyläufers um den großen Spillkopf auf der Backbordseite der Kurrleinenwinde und begann mit dem Hieven des vollen Steertes.

      „Alles unter raus“, rief Martin. Die Decksleute begaben sich eilig in den Bereich des „Toten Mannes“, ein scheinbar sicherer Platz im Fall des Bruchs des Steertblocks oder Läufers.

      Hans hatte vorher das Fangtau am Schanzkleid, in einen Bauchschäkel, einer dort angebrachten starken, steglosen Kette, eingehakt.

      Der Steert wurde mit Gefühl über das Schanzkleid gehievt, als der Trawler nach Steuerbord überholte. Dadurch wurde die hohe Belastung des Steertblocks und Läufers beim Überhieven des vollen Stertes etwas vermindert. Das Abfangen des vollen, vertikal hängenden Steertes im eingehängten Fangtau führte immer zu einer besonders starken Belastung des Auges des Steertblockes. In dem Moment des Abfangens des Steertes brach unerwartet das Auge des Blocks.

      Block und Läufer schleuderten in Richtung des „Toten Mannes“ und trafen den dort stehenden Chris am Kopf und Hals. Alle Decksleute sahen erschrocken den fürchterlichen Unfall.

      „Holt die Krankentrage und das Verbandsmaterial!“, schrie Martin aufgeregt.

      Björn und Sörn holten beides sofort aus der Krankenkammer.

      Vorsichtig wurde der schwer verletzte Chris durch Martin und zwei Decksleuten waagerecht auf der Krankentrage abgelegt, gesichert und von Deck getragen. Im trockenen, warmen Vorraum hinter der Kurrleinenwinde wurde mit den Erste-Hilfe-Maßnahmen begonnen.

      Der Kapitän, der den Unfall aus dem vorderen Brückenfenster wahrnahm, ließ unverzüglich den Ersten Steuermann wecken, der wachfrei hatte.

       Abgefangener Stert

      Er informierte über UKW-Sprechfunk die Wachhabenden der fischenden Fahrzeuge über den schweren Unfall und bat diese um ärztliche Hilfe.

      „Kein Arzt an Bord“, bedauerten die angesprochenen Wachhabenden der anwesenden Fischtrawler und boten andere mögliche Hilfen an.

      Nach der Wachübergabe an den Ersten Steuermann eilte der Kapitän an Deck und unterstützte Martin bei der „Ersten Hilfe“. Chris hatte das Bewusstsein verloren. Sichtbar waren am Kopf Riss- und Platzwunden, Schädelverformungen, Austritt von Blut aus Nase, Mund, Ohren und Hals. Durch Martin wurden schnell keimfreie Kompressen vorgelegt und durch breite Binden festgehalten. Die stark blutenden Verletzungen im Halsbereich wurden durch Pressverbände verbunden. Der Kapitän und Martin unterstützten sich bei den „Ersten Hilfe“-Maßnahmen. Der Puls von Chris war sehr schwach, setzte aus, es wurde kein Atem und Herzschlag mehr festgestellt. Beide führten unverzüglich die Herzdruckmassage durch. Bering legte den Ballen der rechten Hand auf die Mitte der Brust, den Ballen der linken Hand darüber, drückte mit gestreckten Armen und geradem Rücken den Brustkorb fünf bis sechs Zentimeter tief ein. Nach jedem Druck entlastete er den Brustkorb vollständig. Nach häufigen Drücken, überstreckte er den Kopf, um die Atemwege freizumachen. Martin beatmete gleichmäßig die Nase. Nach einigen Beatmungen setzte der Kapitän die Herzdruckmassage fort. Sie wechselten sich ab. Die Körperwärme von Chris wurde durch Decken, die Martin


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