Drogen und soziale Praxis - Teil 2: Das Drogenthema und wie es in Berufsfeldern der sozialen Arbeit auftaucht. Gundula Barsch

Drogen und soziale Praxis - Teil 2: Das Drogenthema und wie es in Berufsfeldern der sozialen Arbeit auftaucht - Gundula Barsch


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wöchentlichen Schwankungen in den konsumierten Alkoholmengen zu beobachten.

      Bei einer solchen Wochenschau können Familienmitglieder oder Freunde, die einen Einblick in das Trinkverhalten des Einzelnen haben, eine gute Hilfe sein. Gerade die Einbindung des Trinkens als Beiwerk vieler sozialer Situationen erschwert es, auch den versteckten und unabsichtlich übersehenen Trinkmengen auf die Spur zu kommen.

       Die Idee des Trinktagebuchs

      Für die nötige Buchführung eignet sich eine tabellarische Übersicht, die im Rahmen von Therapieansätzen zum „Kontrollierten Trinken“ als Trinktagebuch verwendet wird (vgl. Körkel 2007). Zur Anwendung kommt dabei ein Aufzeichnungsbogen, der nach Woche und Wochentag unterteilt ist und dazu auffordert, jedes getrunkene alkoholische Getränk zu registrieren. Gefragt wird dabei, wann, wo, was und wie viel getrunken wurde (siehe Tabelle). Durch das Abfragen erinnert das Trinktagebuch also an viele Diätempfehlungen, die zum Beispiel dazu anregen, sich einen Überblick über die verzehrten Lebensmittel und deren Kaloriengehalt zu erarbeiten.

      Für die Auswertung sind die konkreten Angaben zum Alkoholgehalt des jeweils konsumierten Getränks zu ermitteln. Dann sind alle Informationen zusammengetragen, auf deren Basis sich ermitteln lässt, wie viel Units mit jedem einzelnen Trinkakt konsumiert wurden und zu wie viel Units sich diese pro Tag summieren.

      Tabelle: Muster eines Trinktagebuches

       Merkenswert: Die Ermittlung der tatsächlich getrunkenen Menge Alkohol ist fast immer schwierig. Die Selbstverständlichkeit, mit der das Trinken in viele soziale Situationen unbedacht eingebunden ist, erschwert es, einen Überblick darüber zu erhalten und nicht versehentlich bestimmte Konsummengen zu übersehen. Das Führen eines Trinktagebuches kann helfen, bewusster darauf zu achten, in welchen Situationen und an welchen Orten welche Sorte Alkohol in welchen Mengen getrunken wird.

      Die Summation der Mengen pro Tag, pro Woche und pro Monat ermöglicht, die allgemein üblichen Schwankungen in den konsumierten Mengen festzuhalten und davon ausgehend festzustellen, wie die oft überraschenden Überschreitungen der empfohlenen Trinklimits zustande kommen.

       1.2.4Beratungsansätze zur Reduktion der Trinkmenge

      Mit dem Führen des vorgeschlagenen Trinktagebuchs entsteht eine Informationsbasis, die sich hervorragend eignet, auf den individuellen Fall bezogene Strategien zur Reduktion der Trinkmengen zu entwickeln.

      Wenn der Klient über seinen Alkoholkonsum sorgfältig Buch führt, dann lassen sich aus den tagebuchartigen Aufzeichnungen sehr unterschiedliche Informationen zu den Trinkgewohnheiten entnehmen und Empfehlungen für Veränderungen ableiten:

       Erstens ist mit Blick auf die Vermeidung von Alkoholfolgekrankheiten die wichtigste, aus dem Trinktagebuch ableitbare Information, wieweit es dem Einzelnen gelingt, die empfohlenen Trinkmengenlimits einzuhalten.

       Mit einem exakt geführten Trinktagebuch lässt sich aber zweitens auch die Aussage belegen, dass diese Trinklimits überschritten werden, in welchem Umfang und wie oft. Auf diese Aussagen wird oft spontan ungläubig reagiert. Insofern helfen die zusammengetragenen Daten mit ihren klaren und unmissverständlichen Aussagen, die zudem frei von moralischen Vorwürfen sind und ausschließlich einer Sachlogik folgen, Einsichtsfähigkeit zu entwickeln

       In einem nächsten Schritt kann die Auswertung des Trinktagebuchs drittens aber auch dazu dienen, unreflektierte Gewohnheiten in Bezug auf das Alkoholtrinken aufzudecken und deren Bedeutung für das Trinkverhalten insgesamt herauszuarbeiten. Insbesondere wenn die Trinklimits deutlich überschritten werden, kann es hilfreich sein herauszufinden, wo, wann und in welchen Trinksituationen so viel Alkohol getrunken wird, dass die Limits regelmäßig überschritten werden.

       Das Trinktagebuch ist viertens auch eine Hilfe bei der Erarbeitung von Strategien, um die Trinkmengen deutlich zu reduzieren. So kann gemeinsam mit dem Klienten darüber nachgedacht werden, welche Trinkmengen sich ohne viel Anstrengung durch Äquivalente ablösen lassen: Indem z. B nach einer sportlichen Aktivität gegen den Durst nicht mehr Bier, sondern Apfelsaftschorle oder ein Gemisch aus Bier und Sprite getrunken wird; indem statt einem großen Glas Wein ein kleines getrunken wird; indem das Feierabendbier auf die wieder verfügbaren kleinen Flaschen reduziert wird; indem hochprozentige Bier- und Weinsorten durch niedrigprozentige abgelöst werden usw.

       Schließlich kann fünftens das Trinktagebuch auch genutzt werden, um die Art und Weise der Umsetzung der erdachten Strategien zu dokumentieren. Mit einem exakt geführten Tagebuch wird nicht nur festgehalten, wo es gelungen ist, den erarbeiteten Plan einzuhalten und wo dies weniger gut gelungen ist. Es gibt auch Hinweise darauf, wie ein erneuter Versuch aussehen könnte, die empfohlenen Trinkmengenlimits einzuhalten, ohne das Gefühl enormer Verzichtsleistungen zu provozieren.

      Wenn die Debatte offen geführt werden kann, kommt bei der Arbeit mit dem Trinktagebuch in der Regel ein großer Einfallsreichtum zustande. Dieser kreist legitimer Weise darum, wie sich den empfohlenen Mengenlimits ohne einschneidenden Verzicht genähert werden kann. Eine starke Motivation und Handlungsbereitschaft kann gerade von der Tatsache ausgehen, dass in diesem Nachdenken die Berechtigung von Genuss nicht in Abrede gestellt wird und durch den Klienten Strategien für eine Trinkmengenreduktion ersonnen werden, die diesem realistisch und praktikabel erscheinen.

       Merkenswert: Auf der Basis eines sorgfältig geführten Trinktagebuches lassen sich Beratungsstrategien entwickeln, die auf sehr verschiedene Weise Hilfe und Unterstützung bei der Entwicklung eines Trinkens geben, das den empfohlenen Trinkmengen zur Vermeidung von Alkoholfolgekrankheiten entspricht. Diese Strategien beschränken sich nicht allein auf die Kontrolle der getrunkenen Alkoholmengen über den Tag, die Woche und den Monat. Trinktagebücher können zugleich eine Sensibilisierung der Wahrnehmung und eine kritische Reflexion des eigenen Trinkens fördern. Mit dem Trinktagebuch lassen sich aber auch Beratungen durchführen, die auf die Entwicklung von Strategien für erfolgversprechende Veränderungen des Trinkens und deren Umsetzung zielen. Mit einem Trinktagebuch kann auch dokumentiert werden, wieweit die erstrebten Veränderungen realisiert werden konnten, an welcher Stelle dies noch nicht gelungen ist. Schließlich ergeben sich auch Hinweise darauf, in welche Richtung die anfangs entwickelten Strategien zu korrigieren sind, damit sie erfolgreich umsetzbar werden.

      Das Potential dieser Methode erschließt sich jedoch nur, wenn es in ein passendes professionelles Handeln eingebunden wird, das sich den Grundideen der Befähigung des Klienten, des Selbstmanagements und des Empowerments verpflichtet fühlt und wegrückt von unproduktiven Kontrollbedürfnissen, paternalistischen Beweggründen und einer mangelhaften Bereitschaft, die mit dem Alkohol verbundenen positiven Gründe anzuerkennen und zu akzeptieren.

       1.3Zusammenschau

      In der Bevölkerung ist das Wissen um die Zusammenhänge zwischen regelmäßig zu hohem Alkoholkonsum und der Entwicklung gesundheitlicher Störungen wenig bekannt. Es gibt dazu einen erheblichen Informationsbedarf. Es gehört zu den Aufgaben eines jeden Sozialarbeiters, an der Information und Befähigung der Menschen zu einem gekonnten Umgang mit Alkohol mitzuwirken.

      Alkoholfolgeerkrankungen bleiben oft unerkannt, weil sozial angepasstes und damit weitgehend unauffälliges Trinken in unserer Kultur bereits das Risiko mit sich bringen kann, eine Menge an Alkohol zu konsumieren, die gesundheitliche Beeinträchtigungen auslösen kann.

      Die Trinksitten der verschiedenen sozialen Gruppen und Schichten unterscheiden sich zwar in ihrer konkreten Form, aber nicht wesentlich in Bezug auf die konsumierten Mengen. Deshalb kann in allen Bereichen Sozialer Arbeit auf Klienten getroffen werden, deren gesundheitliche Situation durch riskanten Alkoholkonsum mitgeprägt ist.

      Sozialer Arbeit kommt bei der Früherkennung und Bewältigung von Alkoholfolgekrankheiten


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