Offen gesagt Band 4 - Die Verantwortung. Tassilo Wallentin

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      Titelseite

      Schweiger 3 gewidmet

      Vorwort

      Europa erfährt derzeit eine der größten Umwälzungen ­seiner Geschichte. Die Völkerwanderung aus zerfallenden afrikanischen und arabischen Staaten und die damit einhergehende Islamisierung werden diesen Kontinent wohl für immer verändern. Nachfolgende Generationen werden uns dereinst vorhalten, dass wir naiv waren und den Ernst der Lage zu spät begriffen haben. Zwei Buchtitel der letzten Jahre stehen prophetisch für die Ereignisse: „Die Unterwerfung“ von Michel Houellebecq und Samuel Huntingtons „Kampf der Kulturen“.

      Die Veränderungen sind bereits spürbar. Noch vor wenigen Jahren war es undenkbar, dass Wiens Polizeipräsident rät, „Frauen sollten nachts generell in Begleitung unterwegs sein“. Es ist zur Normalität geworden, dass Schwimmbäder Sicherheitsdienste und Weihnachtsmärkte schwerbewaff­nete Polizisten samt Betonsperren benötigen. Wir diskutieren über ein Verbot der Vollverschleierung. Vor ein paar Monaten wusste ein Großteil der Menschen nicht, was eine Burka überhaupt ist. Islamistischer Terror überzieht jetzt regelmäßig Europas Metropolen und Spitzenpolitiker erklären uns, dieser Horror gehöre ab nun zu unseren Lebens­risiken.

      Das sind erst die Vorboten. Alles läuft auf das Ende jenes Europas hinaus, wie wir es kennen. Der Unwille westeuropäischer Regierungen, dagegen etwas zu tun, hat tiefe ideologische Gründe. Das Establishment mag dieses Europa nicht mehr. Es will ein anderes. Das zeigt sich am propagierten Geschichtsbild: Das Große und Reine der Vergangenheit wird nicht wahrgenommen, das Zerstörerische und Grausame hingegen stets in den Blickpunkt gestellt. Man will daher neue gesellschaftliche Verhältnisse schaffen. Die Idee ist, die einsetzende Völker­wanderung dazu zu nutzen, eine Gesellschaft ohne kulturelle Homogenität und Identität zu bauen. Länder­namen sollen künftig nur mehr Liegenschaftsbezeichnungen sein. Es ist die Rückkehr der alten – brandgefährlichen – Utopie: einer neuen Gesellschaft eine neue Ordnung geben zu können. Es ist der Mythos von der Schaffung des „neuen Menschen,“ der stets im Straflager und Totali­tarismus geendet hat. Zudem ist es eine gewaltige Unterschätzung des Missionscharakters des Islam.

      Die Wende ist noch möglich. Das sind keine Naturkatastrophen, die über uns hereinbrechen. Diese Entwicklungen müssen wir weder hinnehmen noch sind sie „alternativlos“, wie die deutsche Kanzlerin behauptet. Das zu erkennen, ist der wichtigste Schritt. Wie sagte Franklin D. Roosevelt: „In der Politik geschieht nichts zufällig. Wenn etwas geschieht, kann man sicher sein, dass es auch auf diese Weise geplant war.“

      Wien, im Juli 2017 Tassilo Wallentin

      Freiheit – Selbstbestimmung – Wahrheit Der Autor im Interview

      Viele Menschen lesen Ihre Bücher und Kolumnen. Fast ­alles, was Sie vorausgesagt haben, ist eingetreten. Und da stellt sich die Frage: Woher wissen Sie das?

      Tassilo Wallentin: Da antworte ich mit Goethe: „Das Beste nur muss ich zuletzt verschweigen“. Ich habe ausgezeich­nete Quellen und Informanten, die ich nicht preisgeben kann, die mir aber einen Einblick eröffnen, den viele ­Menschen so nicht haben.

      Das ist aber nicht der Grund, warum Mainstream-Medien in ihrer Beurteilung und Prognose so oft falsch liegen. Es herrscht eine aufgesetzte politische Korrektheit. ­An statt unbequemen Wahrheiten ins Auge zu blicken, be­treiben ­viele Redakteure Selbst-Zensur und Erziehungs­journalismus – also die sträfliche Ver­mischung von Fakten, Wunschdenken bzw. eigener, ideologisch gefärbter ­Meinung und Überheblichkeit gegenüber den Menschen, die mit den ­Problemen tatsächlich leben müssen. Viele ­Akteure in der Journalisten-Blase wurden in ihrer Aus­bildung von Alt-68ern geprägt. Aber die ­Zeiten haben sich fundamental ­geändert. Das Rechts-Links-Schema ­existiert nicht mehr. Ihre Erklärungsmuster ver­sagen. Eine bekannte ­Politikerin, die es mit der politischen ­Korrektheit sehr genau nimmt, hat im Zuge der Flücht­lingskrise auf ­Facebook gepostet: „Für Menschen – gegen Zäune.“ Was soll man ­damit ­anfangen? Diese Sprüche sind sympto­matisch für die ­Ohnmacht und Konzeptlosigkeit veralteter Ideolo­gien.

      Daneben gibt es natürlich auch wirtschaftliche und poli­tische Abhängigkeiten, die es Redakteuren verunmöglichen, die Wahrheit zu schreiben.

      Und dann ist da auch schlichte Dummheit, die ich an einem sehr aktuellen Beispiel festmachen kann: Vor ein paar ­Wochen titelte der ORF: „Schwerer Schlag für EU-Kom­mission – EU-Länder bekommen mehr Macht!“ Fast alle österreichischen Medien verwendeten ähnliche Auf­macher – vermutlich weil sie alle voneinander abschreiben oder ­dieselbe APA-Meldung verwenden. Was war ge­schehen?

      Kommissionspräsident Juncker hatte beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein Gutachten zum EU-Singapur-Freihandelsabkommen in Auftrag gegeben. Offiziell wollte Juncker von den EuGH-Richtern wissen, welche Punkte des Abkommens die EU alleine und welche Punkte die EU nur mit ausdrücklicher Zustimmung der 28 natio-nalen ­Parlamente vereinbaren darf. Das EU-Singapur-Abkommen diente nur als Aufhänger. Es war das tro­janische Pferd. ­Juncker ging es um viel Größeres als ­Singapur. Er wollte sich vom EuGH einen „Freibrief“ ­ausstellen lassen, um das hochumstrittene Freihandels­abkommen TTIP ohne Parlamente unterschreiben zu ­können. Kein Politiker gibt ein Gutachten in Auftrag, ohne vorher zu wissen, was in dem Gutachten stehen wird. Und Juncker erhielt seinen Freibrief. Und zwar auf sehr ­geschickte Weise: Der EuGH ­erklärte medienwirksam, dass die nationalen Parlamente ein Veto-Recht hätten, wenn Konzernen die Möglichkeit eingeräumt wird, Mitgliedsstaaten vor Schiedsgerichten zu klagen. Das feierten fast alle Medien und Journalisten als großen Sieg und ­gewaltige Niederlage der EU-Kommission.

      Auch ich wollte darüber schreiben und besorgte mir das Gutachten. Ich musste es zweimal lesen, da ich es nicht glauben konnte. Von einem Sieg kann keine Rede sein. Im Gegenteil: Es war eine der größten Niederlagen für den ­Parlamentarismus überhaupt. Die EU kann Großkonzernen den ungehinderten Zugriff auf unsere Wasser- und Energieversorgung, Rohstoffe, Landwirtschaft, unser Finanz-, So­zial-, Gesundheits- und Bildungswesen verschaffen – und Österreich hat keine Mitsprache. Die EU kann In­vestoren das Recht einräumen, Österreich in Milliarden­höhe zu verklagen, weil bei uns weder Chlorhuhn noch Hormonfleisch verkauft oder zu Billigstlöhnen produzieren werden darf –und Österreich hat keine Mitsprache! Wir haben lediglich ein Mitspracherecht in der Frage, ob ein Schiedsgericht oder staatliches Gericht über Streitigkeiten aus dem Freihandelsabkommen entscheiden soll. Dabei ist es letztlich völlig egal, ob ein ausländischer Investor Österreich vor einem Schiedsgericht oder einem staatlichen ­Gericht klagt: jedes Gericht muss geltendes Recht an­wenden. Und das geltende Recht wäre in diesem Fall ein weitreichendes Frei­handelsabkommen, auf dessen Inhalt unser Parlament ­überhaupt keinen Einfluss hat. Wenn also laut Freihandelsabkommen einem Tabakkonzern Schadenersatz zusteht, weil Österreich das Rauchen in öffentlichen Gebäuden ­verbietet, dann erhält der Tabakkonzern Schadenersatz – und zwar vor einem staatlichen Gericht wie vor einem Schiedsgericht. Darüber sollte man sich nicht täuschen. Die EU braucht nur das ­Thema „Schiedsgericht“ bei den Verhandlungen auszuklammern und kann TTIP im ­Alleingang abschließen.

      Kaum ein Journalist hat dies durchschaut. Fast alle sind in die Falle getappt. Ich halte das für mehr als bestürzend, dass Journalisten nicht mehr sinnerfassend lesen können. Juncker muss sich totgelacht haben.

      Beginnen wir mit Österreich. Man hat das Gefühl, wir leben in einer Umbruchzeit. Bundeskanzler Kern spricht vom New Deal und davon, dass das Regieren ein Marathon und kein Sprint ist. Nichtsdestoweniger muss man, egal ob Sprint oder Marathon, immer ein Ziel vor Augen haben. Die Frage an Sie, wie sehen Sie im Moment die politische Situation in Österreich. Das Vertrauen der Bevölkerung ist im Moment nicht das allergrößte.

      Wallentin: Es gibt faktisch kein Vertrauen in die Politik, und das zu Recht. Wir haben keine Staatsmänner mehr, sondern nur noch Funktionäre oder bestenfalls Verwalter der herrschenden Zustände. Unsere Regierungsverantwortlichen ver­stehen die Zeichen der Zeit nicht, weil sie kein historisches Gefühl besitzen. Wir leben in einer Zeitenwende. Die Nachkriegsordnung ist vorbei. Die Welt richtet sich auf das nun kommende Zeitalter aus. Sie erlegt sich eine Neuordnung für die nächsten 100–150 Jahre auf. Der


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