Unternehmenskommunikation und PR konzipieren. Nanette Besson

Unternehmenskommunikation und PR konzipieren - Nanette Besson


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Menschen aus der allgemeinen Bevölkerung sich für das Unternehmen interessieren.

      Wenn die Stakeholdergruppen erkannt und beschrieben wurden, kann die Recherche diese intensiv beleuchten. Je wichtiger die Gruppe, umso mehr Informationen sollten über sie in Erfahrung gebracht werden. Das beginnt vom speziellen Verhalten bezüglich Informationssuche, Medienverhalten, Ausdrucks- und Kommunikationsverhalten über Vorlieben im Bereich Konsum, Freizeit, Arbeit. Meinungsforschungsunternehmen (z.B. das Institut für Demoskopie Allensbach oder die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse) erheben standardmäßig detaillierte Informationen zu Familie, Freizeit und Beruf, zu Werten und Meinungen und zur Lebensführung. Dort sind auch digitale Zugänge möglich, um genaue Profile von Stakeholdern zu erstellen.

      Manche Stakeholder werden im Zusammenhang mit der geplanten Kampagne zur anvisierten Zielgruppe. Dafür sind detaillierte Informationen wertvoll, um anschließend Persönlichkeitsprofile wie „Personas“ zu entwickeln. Diese helfen später bei der Planung der passenden Inhalte und Maßnahmen. Die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen wird in Kapitel 7.1 erläutert.

      Abb. 6:

      Der Nahbereich der Recherche

      Das thematische Umfeld

      Der dritte Recherchekreis geht auf die Themen im Zusammenhang mit dem Unternehmen ein. Ausgehend vom Thema des Auftrags, wie er im Briefing formuliert wurde, sind hier auch Themen von Interesse, mit denen das Unternehmen in anderen Beziehungen in Berührung kommt. Das kann ein historisches Thema sein (z.B. Zwangsarbeitervergangenheit im Zweiten Weltkrieg) oder ein aktuelles Thema (z.B. Umweltverträglichkeit von aktuellen Produkten). Ein saisonales Thema kann von Interesse sein (z.B. Sommertrockenheit und deren Auswirkung auf die Weinernte) oder aber auch ein allgemein gesellschaftliches Thema, mit dem das Unternehmen bisher in der ÖffentlichkeitÖffentlichkeit noch nicht in Verbindung gebracht wurde, das jedoch durchaus Verbindungen aufweist. Aus Themen können in der Unternehmenskommunikation Geschichten geschrieben werden. Sie bieten die Inhalte, mit denen die Aufmerksamkeit der Zielgruppe erregt und gebunden werden kann. Daher ist es bei der Themenrecherche von Vorteil, wenn nicht nur im Altbekannten recherchiert wird, sondern auch „über den Zaun“ geschaut wird und eventuell auch ein Transfer von völlig anderen Bereichen gewagt wird. Um diese kreative Öffnung für neue Themen zu erleichtern, bieten sich Kreativmethoden an, die im Team durchgespielt werden. Kapitel 12.3 geht auf Kreativitätstechniken ein, die in verschiedenen Abschnitten der Konzeptionstechnik zum Einsatz gebracht werden können.

      Eine weitere Vorgehensweise, um Themen zu identifizieren, ist, zu untersuchen, welche Themen von Wettbewerbern oder Partnern des Unternehmens besetzt werden. Wie werden die Themen genutzt? Wie ist die gesellschaftliche Relevanz einzuschätzen und wie fällt die allgemeine Bewertung des Themas aus? Welche weiteren Akteure bewegen sich auf dem „Meinungsmarkt“ zu dem Thema?

      Wenn Themen identifiziert wurden, dann geht es darum, zu erfahren, wie das Thema in der Öffentlichkeit bewertet wird und wie damit umgegangen wird. Vielleicht können auch schon Meinungsbildner identifiziert werden, die dem Thema bereits ein „Gesicht“ geben und die eventuell als Testimonial oder Influencer für die Kampagne zu nutzen wären.

      Diese Themenbeobachtung und -analyse wird auch unter dem Fachbegriff Issues-Monitoring und -Management thematisiert. Im besten Fall wird dies kontinuierlich im Unternehmen betrieben, damit immer ein „Frühwarnsystem“ besteht, das auf relevante Themen hinweist. Dies dient auch dazu, frühzeitig Risiken und Krisenpotenziale zu erkennen, auf die dann präventiv reagiert werden kann. Mehr zum Issues-Monitoring im Kapitel 9.2.6.

      Abb. 7:

      Der Themenkreis in der Recherche

      Das gesellschaftliche Umfeld

      Das gesellschaftliche Umfeld stellt den äußersten Recherchekreis dar. Dieser untersucht allgemeine, gesellschaftliche Trends und die öffentliche Meinungöffentliche Meinung. Dafür können repräsentative Meinungsumfragen genutzt werden oder in Trend-Magazinen nach den neuesten Entwicklungen gesucht werden. Trendscouts verfolgen professionell die neuesten Entwicklungen für Unternehmen. Die öffentliche Meinung kann im veröffentlichten Meinungsbild der Medien gespiegelt werden. Die aktuellen, gesellschaftlichen Rahmenbedingungen werden z.B. in der neuesten Rechtsprechung oder der Verabschiedung neuer Gesetze und Regeln deutlich. So werden z.B. Elektroroller zurzeit vermehrt überwacht, weil sie gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringen (Unfälle, Ärger).

      Meist entstehen neue Trends zunächst ohne Regulierung, bis gesellschaftlich die Notwendigkeit entsteht, dass dieser neue Trend im Sinne der Allgemeinverträglichkeit reguliert werden muss (z.B. Rauchen in der Öffentlichkeit – dort hat die Regulierung Jahrzehnte gebraucht). Auf diese Weise entstehen zunächst WerteWerte, die dann in gesellschaftliche NormenNormen (Verhaltensregeln) umgesetzt werden. Je nach Dringlichkeit wird der Ruf nach gesetzlicher Regulierung laut, der das Gesetzgebungsverfahren aktiviert. Diese Entstehung neuer Werte und Regeln kann für Unternehmen sehr wichtig zu beobachten sein. Je nach Situation wird eine Einflussnahme auf diesen Prozess anzuvisieren sein (Lobbying).

      Das gesellschaftliche Umfeld kann systematisch anhand von Indikatoren beschrieben werden. Für die Unternehmenskommunikation ist dies der „Nährboden“ der Kommunikation.

      Abb. 8:

      Das gesellschaftliche Umfeld

      4.2 Arten der Recherche

      Für die Recherche müssen Daten analysiert werden. Diese können selbst erhoben werden oder es können bereits vorhandene Daten oder auch Analysen genutzt werden. Die selbst erhobenen Daten fließen in die Primärrecherche, die Analyse verfügbarer Daten stellt die Sekundärrecherche dar.

      Die PrimärrecherchePrimärrecherche setzt empirische Methoden ein, um maßgeschneiderte Antworten zu bekommen. Naturgemäß ist das primäre Recherchieren zeit- und ressourcenaufwändig. Daher ist es ratsam, sich als Erstes darüber klar zu werden, welche Ressourcen (Personal, Zeit, Geld, Wissen und Erfahrung) für die Recherche zur Verfügung stehen. Meist ist der Zeitrahmen klar definiert, da der Termin für die Fertigstellung und Präsentation der Konzeption feststeht.

      Die Primärrecherche im Rahmen der Konzeptionstechnik sollte wissenschaftlichen Standards genügen, auch wenn sie nicht gesellschaftlich repräsentativ oder theorieweisend sein muss. Die Basis einer Befragung, Beobachtung oder Inhaltsanalyse sollte sich jedoch an quantitativen oder an qualitativen Gütekriterien orientieren. Auf diese Weise bieten die Ergebnisse der Kampagnenplanung – und damit vor allem der abschließenden Präsentation – eindrucksvolle Erkenntnisse, die die Argumentation für das geplante Kommunikationsprogramm stärkt. Wie eigene Datenerhebungen dargestellt werden können, findet sich in Kapitel 5.

      Nicht alle Daten müssen neu erhoben werden. Die SekundärrechercheSekundärrecherche sucht und analysiert alle Daten, die bereits durch Beobachtung, Befragung oder Inhaltsanalyse erhoben wurden. Dabei handelt es sich um Studien, Meinungs- und Marktforschung, Trendanalysen und Ähnliches. Die Quellen für diese Daten sind z.B. alle internen Analysen zu Unternehmen, Kommunikation und Vertrieb. Meinungsforschungsdaten sind bei Instituten wie dem Allensbacher Institut zu bekommen. Der ALLBUS ist ein frei zugängliches, statistisches Datenkompendium, das für Forschungszwecke genutzt werden kann. Marktforschungsdaten liegen jedem Unternehmen über die eigene Mediaabteilung oder -agentur vor. Verbände sind eine wertvolle Quelle für themenbezogenes Fachwissen. Statista entwickelt sich zu einem Portal für umfangreiche Analysen und Daten – dabei ist jedoch immer zu beachten, dass diese Daten von Statista nur zusammengetragen werden und aus unterschiedlichsten Quellen stammen.

      Daten aus Sekundärquellen sind immer nach ihrer Qualität und Wertigkeit zu beurteilen. Es stellt sich die Frage, ob diese Daten für die aktuellen Fragestellungen die passenden Antworten und Informationen liefern. Die statische Qualität ist


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