In aller Stille. Wolfgang Breuer

In aller Stille - Wolfgang Breuer


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Imbissbude von einem PKW erfasst und schwer verletzt worden. Mehr wissen wir auch nicht. Tschüß.“ Die beiden wendeten sich ihrem Dienstwagen zu und ließen Drescher verdattert stehen.

      „Mann, Mann, Mann, das ist ja ´n Ding.“ Drescher setzte den Blinker links, legte den ersten Gang ein und löste die Bremsen. Langsam zog er mit seinem Gespann hinter den abfahrenden Polizeiwagen und fuhr gesittet runter in die Laaspher Innenstadt. Um dort links auf die B 62 in Richtung Marburg einzubiegen. Die Rushhour hatte eingesetzt. Der Mist hier hatte einfach elend lange gedauert.

      Jetzt konnte er sich den geplanten Halt bei der Metzgerei Reuter in der Bahnhofstraße getrost abschminken, musste erstmal raus aus dem Schlamassel hier. ‚Vielleicht klappt´s ja bei Kalender in Sterzhausen’, überlegte er. Er wollte unbedingt noch einen Kringel Fleischwurst für unterwegs mit in seine Kühlkiste nehmen. Als Proviant. Wenn´s zu eng für Essenspausen würde. Brötchen und geschmierte Butterbrote hatte er dabei. Alleine fahren ließ einfach keine Alternativen offen. Und einen zweiten Fahrer auf dem Truck gab es schon lange nicht mehr.

      Corinna Lauber war am Ort des Geschehens in der Limburgstraße eingetroffen. Um den Tatort in Augenschein zu nehmen. Eine ganz wichtige Komponente für Ermittler, die sich von allen Abläufen ein möglichst plastisches Bild machen wollen. Nur war das nun nicht mehr so ganz möglich. Weil der Lastzug nicht mehr dort stand, wo er zur Zeit der Tat geparkt war und auch das BMW-Cabriolet jetzt auf der Seite stand. Nur Kreidemarkierungen auf der Fahrbahn ließen auf den Punkt des Aufpralls und auf den Punkt nach der Vollbremsung schließen. Dazu gab es einige Polizeifotos.

      Corinna war fassungslos. Zumindest die Endpositionen nach der Attacke des LKW-Fahrers hätten sie einhalten müssen. „Wer hat das denn veranlasst? Seid Ihr alle verrückt? Nichts am Tatort verändern, heißt es immer. Ich fasse es nicht! Wie kann man nur so“ … ‚blöd sein’, wollte sie eigentlich sagen. Aber die hübsche junge Frau verkniff es sich. Gar nicht so einfach bei einem so dicken Hals. Es war schließlich ihr erster Fall eines eventuellen Mordversuchs, den sie in Eigenverantwortung übertragen bekommen hatte.

      „Also pass mal auf, Corinna“, mischte sich mal wieder Pommesdealer Hannes ein. „Der LKW stand da hinten, hinter den beiden Trucks da.“ Er schob die verdatterte Kriminalistin in die Straßenmitte und zeigte mit seiner Linken in die angegebene Richtung. „Der Mann, der auf den BMW geflogen ist, wurde von dessen Sattelauflieger einfach heruntergeworfen und ist auf Motorhaube und Frontscheibe des Cabrios geknallt.“

      „Interessante Theorie“, sagte Corinna. „Aber Du solltest mich erst mal mit den Kollegen reden lassen. Okay!?“

      „Schon gut, schon gut“, zog der leicht beleidigte Hannes mit erhobenen Händen von dannen, hielt sich aber weiter am Straßenrand auf. Das Ding war genau so gelaufen. Das war für ihn so klar wie Kloßbrühe. Da brachte ihn niemand von ab. Anders konnte es gar nicht gewesen sein. Und spätestens, nachdem er den Fahrer gesehen und ihn mit Polizeigriff festgehalten hatte, war ihm klar, dass der auch die Kräfte dazu hatte, den dürren Polen einfach so aus dem Lastzug zu schmeißen.

      Pattrick Born kletterte gerade aus einem der Polizeibusse, in dem sie den Fahrer des Lastzugs mit Handschellen festgesetzt hatten, als Corinna auf den Wagen zusteuerte. Er grüßte freundlich und wollte an ihr vorbei. „Wo is´n der Klaiser?“

      „Nix Klaiser. Mein Fall“, lächelte die Kommissarin ein wenig unsicher und bat Born um ein kurzes aber sauberes Lagebild.

      „Ach so, wusste ich nicht, sorry“, bemühte sich Born, seinen Fehler – aus purer Gewohnheit entstanden – mit roten Ohren wieder auszubügeln. Und dann beschrieb er ein Szenario, das nahezu passgleich das Bild von Imbissstandbesitzer Hannes Schöler widerspiegelte. „Der Kollege Winter und ich haben das alles inspiziert und durchgespielt.“

      „Hatte der Curry-Hannes also doch recht“, sinnierte sie und bemühte dabei einen der fast unzähligen Spitznamen von Hannes Schöler. Den sie natürlich alle kannten. Denn es gab nur noch zwei ernst zu nehmende Pommesbuden in der Stadt. Und Polizei ohne Imbiss … Das geht gar nicht!

      „Was, meinst Du, hat sich da auf dem Lastzug abgespielt?“, wollte Corinna von Pattrick Born wissen.

      „Keine Ahnung. Wirklich. Absolut null Ahnung. Dein Part, das rauszukriegen. Der Typ da drin sagt kein Wort. Nur seinen Namen. Jegor Solowjow aus Nowosibirsk, ganz weit hinten in Russland.“

      „Na klasse. Wo ist der Verletzte? Wo ist die BMW-Fahrerin?“

      „Der Verletzte, wirklich ganz schwer Verletzte, wurde gerade da drüben beim Getränkemarkt in den Rettungshubschrauber verladen und drinnen offenbar noch versorgt. Hoffentlich überlebt er das, der arme Hund. Und die BMW-Fahrerin sitzt drüben in dem anderen Rettungswagen. Sie soll aus Sicherheitsgründen in die Klinik, sagen die Sanis, weigert sich aber noch.“

      Corinna ging rüber, klopfte kurz an die Seitentür des DRK-Fahrzeugs und öffnete. „Darf ich kurz?“, fragte sie und zeigte ihren Ausweis vor. Sie durfte. Jule Homrighausen saß aufrecht in einem gepolsterten Sitz, hatte eine Infusion im Arm und schaute zur Polizistin herüber. „Der ist mir einfach vorne auf die Haube geflogen. Aus dem Lastzug heraus. Das ist alles. Mehr kann ich nicht sagen. Es war fürchterlich.“

      „Das glaube ich Ihnen sofort. Mit so etwas rechnet man ja nicht“, antwortete Corinna und zog die Stirn kraus. „Sind Sie tatsächlich ganz sicher, dass der Mann aus dem Lastzug heraus auf Ihren Wagen geflogen ist?“

      „Absolut sicher.“

      „Haben Sie eventuell jemanden auf dem Lastzug gesehen?“

      „Nein, das ging einfach viel zu schnell. Da rechnet doch wirklich niemand mit, dass da Menschen durch die Luft fliegen. Gut, ich war vielleicht etwas sehr nahe an den parkenden LKW. Aber immer noch mitten auf der Fahrbahn. Wenn der Mann vom Lastzug gestürzt wäre, wäre der locker neben meinen Wagen gefallen.“ Plötzlich begann die Frau wieder zu zittern. Offenbar konnte sie nur schwer mit den Gedanken an diese fatalen Bruchteile von Sekunden zurechtkommen.

      „Man sieht´s an Ihrer Bremsspur. Sie müssen sich wirklich keinen Vorwurf machen“, redete Corinna beruhigend auf ihr Gegenüber ein. „Danke für das Gespräch. Sie fahren jetzt am besten mit den Herrschaften hier ins Krankenhaus und erholen sich dort erst einmal. Autofahren können Sie in dem Zustand ohnehin nicht. Außerdem brauchen wir Ihren Wagen für die Spurensicherung. Das kann einen Moment dauern. Wir sehen uns sicher in den nächsten Tagen mal wieder. Machen Sie´s gut.“

      Reichlich ermattet hob Jule Homrighausen die von Nadel und Schlauch verschonte Hand zum Gruß und ergab sich in ihr sanitäterbestimmtes Schicksal, derweil die Kommissarin wieder ausstieg. Gerade in diesem Moment liefen die Turbinen des Helikopters an. Wenig später erhob sich der „Gelbe Engel“ in die Luft und verschwand nach einer Schleife über der Limburgstraße in Richtung Westen. Mindestens nach Siegen würden sie den Mann bringen, womöglich sogar in eine der Unikliniken in Gießen oder Marburg.

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