Baobab - Die heilsame Frucht des Apothekerbaums. Kompakt-Ratgeber. Barbara Simonsohn
der australische Affenbrotbaum Adansonia gibbosa von Nachtfaltern bestäubt wird. Vermutlich kannten schon die alten Ägypter afrikanische Affenbrotbäume, und auch die Phönizier. In Ägypten fand man in Berendike am Roten Meer vor einigen Jahren Baobab-Samen aus dem 4. oder 5. Jahrhundert vor Christi Geburt. Der spanische Naturforscher Al-Bakri beschrieb in seinem Werk »Buch der Straßen und Königreiche« im Jahr 1068 den Baobab-Baum und seine Früchte. Er nannte schon die fiebersenkende Wirkung des Fruchtfleisches. Auch der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama beschrieb diesen Baum. Charles Darwin bewunderte Baobab-Bäume auf den Kapverdischen Inseln und schrieb 1832 über ihre beeindruckende Größe und Langlebigkeit. Dr. David Living-stone, ein berühmter Forscher, beschrieb 1857 einen Baobab-Baum in der Nähe der Viktoriafälle. Im Louvre in Paris findet man in der ägyptischen Abteilung unter der Nummer 1403 eine Baobab-Frucht, die dort schon vor der Katalogisierung im Jahr 1852 ausgestellt war.
Baobab auf Madagaskar, 1861
Der afrikanische Affenbrotbaum wächst in 32 Ländern Afrikas. Nur in Liberia, Uganda, Dschibuti und Burundi gibt es die schönen Riesen nicht wild. Arabische Händler brachten Samen vermutlich schon im 11. Jahrhundert in den Jemen, nach Ägypten, in den Oman, auf die Insel Sansibar und auch nach Indien und Sri Lanka. Heute findet man verschiedene Baobab-Arten in allen Ländern der Tropen.
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DIE NAMEN DES BAOBABS
Der Name »Baobab« kommt usprünglich aus dem Arabischen: »Baoho-Bab« heißt »viele Samen«. Auf Madagaskar nennt man ihn »Renala«, was »die Mutter des Waldes« bedeutet, im Englischen »Lemonade tree«, weil sich mit Wasser, Pulpe und Honig/Zucker eine leckere Brause zubereiten lässt. Der Name »Upside-down-Tree« weist auf die skurrile Baumform hin. Im Französischen wird Baobab »Arbre de mille ans« genannt, »Baum von tausend Jahren«. In afrikanischen Sprachen wird für den Baobab oft »um«, »ma« oder »mu« benützt – für »Mutter«.
Ein botanisches Wunder
Kein anderer Baum wächst in so unterschiedlichen Klimazonen mit einer Niederschlagsmenge von 200 bis 2000 Millilitern pro Jahr. Kein anderer Baum kommt mit so unterschiedlichen Böden zurecht, von salzig über sandig bis felsig. Der afrikanische Adansonia digitata wächst in semiariden Gegenden südlich der Sahara. Als größter Sukkulent der Welt kommt er einzigartig mit Trockenheit und Hitze zurecht. Die Wege der Befruchtung und Verbreitung der Samen sind spektakulär.
Baobabs gehören zur Familie der Malvengewächse und der Unterfamilie der Wollbaumgewächse oder Bombacoideae. Die Stämme der Bäume sind entweder konisch geformt, zylindrisch oder flaschenförmig, und ihre Kronen sind kompakt.
Blätter trägt der Baum nur rund vier Monate im Jahr, er kann sogar 15 Monate blattlos bleiben. Ähnlich wie bei der Kirsche sind die Blätter einfach gegliedert und zweipaarig angeordnet. Die Blätter der erwachsenen Bäume sind meist gefiedert und sehen aus wie die Finger einer Hand, ähnlich wie beim Kastanienbaum. Die Laubblätter sind oft ledrig und behaart. In Mali werden Baobabs wegen ihrer nährstoffreichen Blätter gesät, die erste Ernte erfolgt bei guter Pflege schon nach vier Wochen. Zwischen acht (Westafrika) und 23 Jahren braucht ein Affenbrotbaum bis zur ersten Blüte. Die Blüten sind eine Besonderheit. Sie sind glänzend und cremeweiß und tragen in ihrer Mitte viele purpurne Staubblätter. Die bis zu 1100 Staubblätter sehen aus wie ein weichhaariger Rasierpinsel. Die Blüten öffnen sich nur für eine Nacht, genau für 18 Stunden, und die Bestäubung findet vor allem durch Buschbabys, das sind kleine Affen, statt und durch nachtaktive Ägyptische Flughunde. Die großen Fledermäuse lieben Aasgeruch, die Blüten stinken entfernt nach Schweißfüßen, Aas und Schwefel.
Die Früchte sind ebenfalls spektakulär. Ein Baum kann bis zu 300 Stück tragen, die mehr als 30 Kilo Fruchtfleisch enthalten. Große Früchte können bis zu 50 Zentimeter lang werden mit mehr als 400 Samen. Die Früchte sehen aus wie Kürbisse, von der Form her oft wie ein gigantisches Komma oder ein menschlicher Fötus. Die Fruchtkapsel ist hart wie die einer Kokosnuss, bedeckt mit samtigen Haaren. Die Hülle ist so fest, dass man sie nur mit einer kleinen Handsäge aufbekommt. Eingebettet sind die kleinen herzförmigen Samen in cremefarbenes trockenes Fruchtfleisch mit der Konsistenz von Tafelkreide; es ist durchzogen von rötlichen Fruchtfasern.
Am meisten tragen zur Verbreitung der Samen die Paviane bei, der Affenkot bietet einen guten Dünger für den Start. Sie »überfallen« Baobab-Bäume und sind beim Plündern ganz still, obwohl sie sonst so viel Lärm machen. Man hört nur das Runterfallen der harten Schalen – wie Regentropfen gegen eine Fensterscheibe. Mit ihren starken Zähnen fällt es ihnen leicht, die harte Fruchtschale zu knacken. Da sie Nahrungskonkurrenten für den Menschen darstellen, werden viele Paviane in der Nähe von Plantagen erschossen. Damit entfällt diese Möglichkeit der Verteilung von Samen. Auf Madagaskar wurden Elefantenvögel und Riesenlemuren ausgerottet, das waren die Hauptverbreiter der Baobab-Samen. Seither stehen alle Affenbrot-Arten dort auf der Roten Liste. Der Baum selbst ist als Schössling schlank und kaum als Baobabab-Baum erkennbar. Von 30 000 Samen, die ein großer Baobab-Baum jährlich produziert, entstehen bestenfalls 75 neue Bäume. Einer davon muss überleben, um das Fortbestehen der Art zu sichern. Baobabs haben viele Fressfeinde wie Ziegen und Antilopen. Wenn die Bäume sich behaupten, können sie nach zwei Jahren schon einen Meter hoch sein.
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MYTHOS BAUM
Um Bäume ranken sich Mythen und Legenden. Der Banyanbaum, unter dem Buddha Erleuchtung erlangte, wird in Indien für heilig gehalten. Die Sumerer verehrten die Phönixpalme, die den Phöniziern ihren Namen gab und als heilig und Quelle allen Reichtums betrachtet wurde. Die alten Ägypter verehrten den Feigenbaum, um das Brot und das Wasser der Ewigkeit an die Seelen der Toten zu verteilen. Der Feigenbaum gilt als Geburtsstätte des alten Roms. Hier blieb das Körbchen mit Romulus und Remus an den Wurzeln einer wilden Feige hängen, und unter diesem Baum säugte die Wölfin ihre Adoptivkinder. Der Olivenbaum wird in vielen alten Kulturen verehrt und ist der Gründungsbaum Athens, von der Göttin Athene selbst gepflanzt. Druiden glaubten, die Eibe sei unsterblich. Die Linde galt den Germanen als Baum der Göttin Freya, ihre herzförmigen Blätter symbolisieren Liebe und Weiblichkeit. Der Tannenbaum, der im 18. Jahrhundert als Symbol für ewiges Leben in Mode kam, erobert die Welt und damit auch viele nichtchristliche Kulturen.
Die Farbe der Rinde eines erwachsenen Baumes variiert von rosa bis grau oder bräunlich. Die Rinde ist meist glänzend, kann aber auch matt sein wie Stein oder eine Elefantenhaut. In Westafrika kann ein Baobab schon nach acht Jahren blühen und fruchten, im Rest Afrikas erst nach 20 bis 23 Jahren.
Die große Baobab-Blüte
Die meiste Zeit des Jahres ist der Baum kahl, um kostbares Nass zu sparen und die Verdunstung einzuschränken. Unter der äußeren Rinde befindet sich eine hellgrüne Rindenschicht, in der die Photosynthese stattfindet. Affenbrotbäume sind Flachwurzler und haben nur als junge Bäume eine Pfahlwurzel. Maximal 1,80 Meter reichen die Wurzeln in die Tiefe, dafür erstreckt sich das Wurzelgeflecht oft über einige Hundert Quadratmeter. Mit 15 Metern Höhe ist ein Baobab ein großer Baum, mit 20 Metern ungewöhnlich groß, und sehr selten erreicht er eine Höhe von mehr als 25 Metern. Dafür ist sein Stammumfang oft gewaltig: bis zu 32 Meter. Der Baobab ist also eher breit als hoch.
In seinem Stamm speichert der Baum ungeheure Wassermengen, bis zu 140 000 Liter. Bis zu 2000 Jahre wird dieser Savannenriese alt. Wenn der Baum altert, kann er anfällig für Pilzerkrankungen werden, oder das Wurzelsystem gibt nicht mehr genügend Halt, und der Baum fällt um. Wenn der Baum