Energiepolitik und Elektrizitätswirtschaft in Österreich und Europa. Axel Kassegger
Verabschiedung der energie- und klimapolitischen Ziele und Rechtsakte der Union für die Dekade 2020 bis 2030 gegeben.
Nach Konsultationen und Diskussionen über mehrere Monate folgte am 22. Januar 2014 die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „Ein Rahmen für die Klima- und Energiepolitik im Zeitraum 2020–2030“64 und am 23. Juli 2014 die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „Energieeffizienz und ihr Beitrag zur Energieversorgungssicherheit und zum Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030“65.
Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs beschloss am 22. Oktober 2014 den Klima- und Energierahmen bis 2030 und legte die 3 Kernziele bis zum Jahr 2030 fest:
• Das Ziel, die Treibhausgasemissionen in der EU um 40 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken,
• das Ziel, in der EU 27 % des Energieverbrauchs durch erneuerbare Energien zu decken, wobei für die Mitgliedstaaten Einzelziele gelten,
• das Ziel, 27 % des prognostizierten Energieverbrauchs einzusparen, also die Energieeffizienz um 27 % zu verbessern.
Damit war der politische Auftrag für eine legislative Umsetzung der im Klima- und Energierahmen bis 2030 festgelegten Ziele erteilt, die letztlich mit dem „Clean Energy Package“ 2018 erfolgte, wobei im nächsten Kapitel neben der in der Mitteilung der Kommission vom 25. Februar 2015 entwickelten „Rahmenstrategie für eine krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie“66 auch auf die Mitteilung der Kommission „Saubere Energie für alle Europäer“ vom 30. November 2016 näher eingegangen werden soll.
Auf globaler Ebene wurde von der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen am 12. Dezember 2015 in Paris das so genannte „Pariser Abkommen“ als Vereinbarung der Vertragsparteien der UN-Klimakonvention mit dem Ziel des Klimaschutzes in Nachfolge des Kyoto-Protokolls verabschiedet und in weiterer Folge im April 2016 von 175 Staaten unterzeichnet.
EUROPÄISCHE KOMMISSION 2016 – SAUBERE ENERGIE FÜR ALLE EUROPÄER
Im November 2016 veröffentlichte die Europäische Kommission unter dem Namen „Saubere Energie für alle Europäer“ ein umfangreiches Paket mit klima- und energiepolitischen Zielen, die bis 2030 erreicht werden sollen.67 Mit diesem Legislativpaket sollten einerseits europaweite rechtliche Rahmenbedingungen für die Einhaltung der europäischen Klimaziele definiert werden und andererseits die Europäische Union eine zentrale Rolle bei der Energiewende einnehmen. Darüber hinaus sollten neue Rahmenbedingungen für den europäischen Strommarkt unter Berücksichtigung der Verbraucherinteressen geschaffen werden.
Die Europäische Kommission stellte damit drei energiepolitische Hauptziele in den Mittelpunkt zukünftiger Anstrengungen:
• Vorrang für Energieeffizienz
• Erreichen einer globalen Führungsrolle bei den erneuerbaren Energien
• Ein faires Angebot für die Verbraucher
Hinsichtlich der zu ergreifenden Einzelmaßnahmen nennt die Europäische Kommission unter anderem folgende „Initiativen zur Beschleunigung der Innovation im Bereich saubere Energie und zur Renovierung des Gebäudebestandes in Europa sowie Maßnahmen mit folgenden Zielen: Stimulierung öffentlicher und privater Investitionen und optimale Nutzung des verfügbaren EU-Budgets, Förderung von Initiativen, die von der Industrie geleitet werden, zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Abfederung der sozialen Auswirkung des Übergangs zu sauberer Energie, Einbeziehung verschiedener Akteure, z. B. Behörden der Mitgliedstaaten, lokale und städtische Behörden, und andererseits Unternehmen, Sozialpartner und Investoren, sowie Maximierung der Führungsposition Europas bei den Technologien und Dienstleistungen für saubere Energie zur Unterstützung von Drittländern bei der Erreichung ihrer politischen Ziele“68.
Zum strategischen Selbstverständnis will die Kommission, dass die Europäische Union „eine Führungsrolle auf dem Weg zu intelligenterer und sauberer Energie für alle übernimmt, um das Übereinkommen von Paris umzusetzen, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, mehr Investitionen und technologische Führungsinitiativen zu gewährleisten, neue Arbeitsplätze zu schaffen und das Wohlergehen der Bürger zu verbessern“69.
In Bezug auf die Erreichung der Klima- und Energieziele der EU für 2030 sind im Zeitraum von 2020–2030 jährliche Investitionen von ca. 379 Mrd. EUR notwendig. Diese enormen Investitionssummen sollen größtenteils in Energieeffizienz, erneuerbare Energiequellen und Infrastruktur fließen.70
Die Mitteilung der Kommission setzte den vom Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs am 22. Oktober 2014 beschlossenen Weg zur Umsetzung des Klima- und Energierahmens bis 2030 fort, der mit der Verabschiedung und Beschlussfassung des so genannten „Clean Energy Package“, oder auf Deutsch „Winterpakets“, in den Jahren 2018/19 seinen Abschluss finden sollte.71
Im Folgenden wird auf die in der Mitteilung der Kommission festgelegten drei strategischen Hauptziele kurz eingegangen.
Vorrang für Energieeffizienz
Die Kommission stellt fest, dass die billigste und sauberste Energie diejenige ist, die gar nicht erst erzeugt werden muss, weil kein Bedarf an ihrem Verbrauch besteht. Demnach soll die Reihenfolge moderner Energiepolitik grundsätzlich aus den Schritten Energievermeidung – Energieeffizienz – erneuerbare Energie72 bestehen. Energievermeidung und die Erhöhung der Energieeffizienz sind die am universellsten verfügbaren „Energiequellen“. Die Kommission trägt diesem Umstand Rechnung und bemerkt, dass Bemühungen zur Erhöhung der Energieeffizienz im gesamten Energiesystem Berücksichtigung finden müssen.73
Nach Einschätzung der Europäischen Kommission entfallen 40 % des Gesamtenergieverbrauchs auf Gebäude, wobei etwa 75 % der Gebäude nicht energieeffizient sind.74 Bei einer aktuelle Renovierungsquote von jährlich ca. 1 % der Gebäude würde es ein Jahrhundert dauern, alle Gebäude auf ein modernes Niedrigenergiestandardniveau zu bringen.75
So soll über eine langfristige Strategie für die Renovierung von Gebäuden eine Steigerung der Renovierungsrate erzielt werden, die durch die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden angestoßen wird. Bis zur Mitte des Jahrhunderts soll demnach ein Gebäudestand mit geringen CO2-Emissionen angestrebt werden. Die Mitgliedstaaten werden dabei aufgefordert, ihre Investitionen auch auf die von Energiearmut76 betroffenen Gruppen zu konzentrieren, da Energieeffizienz eine der besten Möglichkeiten sei, den Ursachen von Energiearmut zu begegnen.77
Die Europäische Kommission lancierte in Zusammenarbeit mit der europäischen Investitionsbank (EIB) und den EU-Mitgliedstaaten auch eine Europäische Gebäudeinitiative unter dem Slogan „Intelligente Finanzierung für intelligente Gebäude“78 zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden und der Erhöhung des Einsatzes erneuerbarer Energien in Gebäuden.
Erreichen einer globalen Führungsrolle bei den erneuerbaren Energien
Nach Angaben der Europäischen Kommission sind im Sektor der erneuerbaren Energien in Europa über 1,1 Millionen Personen beschäftigt, wobei Europa im Bereich der Windenergie weltweit führender Akteur ist. Rund 43 % der weltweit installierten Windturbinen stammen von einigen wenigen europäischen Herstellern.
Deutliche Kostenverringerungen bei Solar- und Windtechnologien bewirkten, dass diese Technologien weltweit günstiger zugänglich geworden sind, als dies in der Vergangenheit der Fall war, lediglich bei der Produktion von Solarzellenmodulen habe man die Weltspitze verlassen.79
Die Kommission verweist auf das vom Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs am 22. Oktober 2014 vorgegebene und verbindliche Ziel eines Mindestanteils an erneuerbaren Energien von mindestens 27 % an der Gesamtenergieerzeugung auf EU-Ebene. Es wird den Mitgliedstaaten