Der Wiener Kongress. Reinhard Stauber

Der Wiener Kongress - Reinhard Stauber


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Frankreich anerkannte die Regelungen des Kieler Friedens zwischen Großbritannien, Dänemark und Schweden vom 14. Januar 1814, der u. a. den Übergang Norwegens von Dänemark an die Krone Schweden festlegte, um diese für den Verlust Finnlands zu entschädigen.

      • Auch die koloniale Welt war in die Gebietsregelungen des Friedensvertrags einbezogen. Frankreich erhielt seine überseeischen Besitzungen zurück; ausdrücklich genannt wurden das südamerikanische Guayana und Guadeloupe, für das der König von Schweden, seit 1813 Besitzer dieser Antilleninsel, eine hohe Entschädigungszahlung kassierte. Den 1795 übernommenen Ostteil der Insel Hispaniola/Santo Domingo (das Gebiet der heutigen Dominikanischen Republik) sollte Frankreich an Spanien zurückgeben. Die Briten behielten allerdings Tobago, St. Lucia und die „Île de France“ (Mauritius samt den Seychellen) für sich und ließen sich auch die Verdrängung des Johanniterordens von der Insel Malta förmlich anerkennen.

      • Die britische Regierung verpflichtete die Franzosen in einem Zusatzartikel zu unterstützenden Maßnahmen bei der Durchsetzung des Verbots des Sklavenhandels binnen einer Übergangsfrist von fünf Jahren.

      • Für Rhein und Schelde wurde die Errichtung eines Regelwerks vereinbart, das eine grundsätzliche Freiheit der Schifffahrt und eine akkordierte Erhebung von Abgaben garantieren sollte. Solche Regularien sollten später auch für andere Flussläufe getroffen werden.

      • Noch sehr unbestimmt fielen die territorialen Rahmenbedingungen für den mitteleuropäischen Raum nördlich und südlich der Alpen aus. Art. 6 schrieb eine staatenbündische Lösung für den deutschen Raum fest („Les Etats de l’Allemagne seront indépendans et unis par un lien fédératif“). Auf der Apenninenhalbinsel wurde Österreich eine Einflusszone im Norden vorbehalten (ein geheimer Zusatzartikel nannte die Flüsse Po und Ticino sowie den Lago Maggiore als Grenzen der [<<39] künftigen österreichischen Besitzungen in Italien), südlich davon sollte es zur Wiederherstellung selbständig-souveräner Staatswesen kommen („L’Italie … sera composée d’Etats souverains“).

      Weitere territoriale Dispositionen, die als Richtschnur bei den noch zu treffenden Entscheidungen im Sinne der ausdrücklich so genannten Herstellung eines wirklichen und dauerhaften Gleichgewichts-Systems in Europa („un système d’equilibre réel et durable en Europe“) dienen sollten, wurden in geheimen Zusatzabsprachen getroffen. Hier wurden die Besitzansprüche Österreichs in Norditalien festgeschrieben, ebenso die Entschädigung von Sardinien-Piemont mit dem Gebiet von Genua. Die Grenzen für die Vergrößerung der Niederlande, durch die sichergestellt werden sollte, dass dieses Land sich künftig mit seinen eigenen Ressourcen verteidigen konnte, wurden vorläufig durch Kanalküste, Frankreich und Maas umschrieben, die Regelung des künftigen Grenzverlaufs rechts der Maas noch aufgeschoben. Die früher zum Reich gehörigen Gebiete links des Rheins, deren Besetzung und territoriale Integration zu Frankreichs ersten erfolgreich realisierten Kriegszielen gehört hatte und die es jetzt zurückgeben musste, sollten der weiteren Vergrößerung Hollands sowie der territorialen Entschädigung deutscher Staaten dienen, von denen vorerst nur Preußen namentlich genannt wurde.

      Abgesprochen wurde weiterhin, im Hinblick auf mögliche Schwierigkeiten mit Frankreich Truppen in Kriegsstärke von je 75.000 Mann mobilisiert zu halten und in den besetzten Gebieten keine unumkehrbaren Fakten zu schaffen, bevor über deren künftige Zugehörigkeit vertraglich entschieden sein würde. Die Wichtigkeit dieser Zusage erhellt aus der Tatsache, dass russische Truppen in Sachsen und preußische auf dem linken Rheinufer standen. Die umstrittene


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