Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik. Michael Bohnet
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Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik
Strategien, Innenansichten, Erfolge, Misserfolge, Zeitzeugen, Herausforderungen
2., überarbeitete und erweiterte Auflage
UVK Verlag ‧ München
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ISBN 978-3-8252-5138-3 (Print)
ISBN 978-3-8463-5138-3 (ePub)
für Heidi,
Max, Hans, Nikolina,
Leonel und Hannes
„Es werden so viele schöne Worte über Freiheit geredet, aber nichts in der Welt macht so unfrei wie Armut!“
Martin AndersenNexø (1869–1954), dänischer Schriftsteller
Geleitwort von Dirk MessnerMessner, Dirk
Die erste Auflage der „Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik” war ein großer Erfolg. Die zweite, nun vorgelegte Auflage, wurde von Michael Bohnet gründlich erarbeitet und ergänzt, insbesondere durch eine präzise Analyse der Entwicklungspolitik unter Bundesminister Müller. Die Lektüre der 2. Auflage lohnt in jedem Falle, schon um das neue Kapitel „Licht und Schatten nach 60 Jahren Entwicklungspolitik – fünfzehn Lehren für die zukünftige Entwicklungspolitik“ zu studieren. Nur wenige Autoren verfügen, aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive zugleich, über so viel Überblick, Kontext und Detailkenntnisse, Wissen über das Innenleben der Entwicklungspolitik sowie die Fähigkeit zu kritischer und konstruktiver Analyse, wie Michael Bohnet.
Michael Bohnet war fünf Jahre Leiter der Entwicklungsländer und Afrikaabteilung des ifo-instituts für Wirtschaftsforschung in München, bevor er 1973 ins BMZ wechselte. Über 40 Jahre hat er die deutsche und die multilaterale Entwicklungspolitik mitgeprägt, zunächst als Leiter des Planungsstabes des BMZ, dann als Leiter des Evaluierungsreferates und des UNReferates. Ab 1991 gestaltete er als Unterabteilungsleiter die sektorale und globale Entwicklungspolitik des Ministeriums mit. Ab 1998 war er Abteilungsleiter der multilateralen Abteilung des BMZ, ab 1999 Leiter der bilateralen Abteilung und zugleich stellvertretender Staatssekretär. Michael Bohnet kennt die deutsche Entwicklungspolitik, mit allen ihren Facetten, wie nur sehr wenige andere.
Zwischen 1961 und heute gab es vierzehn EntwicklungsministerInnen. Michael Bohnet hat in vierzig Jahren mit über zehn von ihnen zusammengearbeitet. Das vorliegende Buch untersucht nicht nur die sich wandelnden Strategien der deutschen Entwicklungspolitik und ihre jeweiligen Rollen in der internationalen Zusammenarbeit für Entwicklung, sondern diskutiert mit klarem, kritischen, aber auch immer problemlösungsorientiertem Blick die Erfolge und Misserfolge. Dabei bietet dieses Buch eine interessante Doppelperspektive auf die Entwicklungspolitik. Als Insider vermittelt Bohnet detaillierte Innenansichten aus dem „Maschinenraum“ der Entwicklungspolitik, die externen Betrachtern üblicherweise eher verborgen bleiben. Als Mitgestalter und Macher der Entwicklungspolitik weiß er, was funktionierte und was nicht. Zugleich setzt Michael Bohnet in der Rückschau auf 60 Jahre Entwicklungspolitik die Brille des kritischen, aber konstruktiven Beobachters auf. Es sind diese Perspektivwechsel, die dieses Buch besonders lesenswert machen.
Das Buch wird angereichert durch Beiträge von Zeitzeugen, die aus ihren jeweiligen Perspektiven die Etappen der deutschen Entwicklungspolitik kommentieren, einordnen, Kontroversen sichtbar machen, zuweilen ironisch betrachten. Die zweite Auflage enthält zudem einprägsame InfoGraphiken, ergänzt durch ein Kapitel über das „Grundwissen der Entwicklungspolitik“, ihre Ziele, Organisationen, Heuristiken, Instrumente. Ein 15PunkteProgramm zur Zukunft der Entwicklungspolitik macht Reformbedarfe in der deutschen Entwicklungspolitik deutlich, die sich nicht zuletzt aus den großen Herausforderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts ergeben: Wie kann Wohlstand für bald 10 Mrd. Menschen in den Grenzen des Erdsystems geschaffen werden? Wie kann die Entwicklungspolitik auf autoritärpopulistische Bewegungen im Westen und die Erosion des Multilateralismus reagieren? Wie gelingt Europa eine tragfähige Partnerschaft mit Afrika?
Michael Bohnet ist ein Chronist der deutschen Entwicklungspolitik, ein Brückenbauer zwischen Praxis und Theorie, ein Volkswirt, der immer wieder seine disziplinären Grenzen überschreitet, indem er die kulturellen, sozialen, politischen, ökologischen Dimensionen menschlicher Entwicklung ausleuchtet, ein Analyst, der Detailwissen mit der Analyse des Systems der Entwicklungspolitik zu verbinden versteht. Dem Buch ist zu wünschen, dass es dazu beiträgt, die oft vorherrschende Sprachlosigkeit zwischen den Praktikern, Beobachtern und Theoretikern der Entwicklungspolitik aufzubrechen. Michael Bohnet weiß, dass bessere Entwicklungspolitik nicht nur ein Umsetzungsproblem ist, sondern Investitionen in Wissen und Forschung auch in der Entwicklungspolitik Grundlage von Innovations und Zukunftsfähigkeit sein müssen. Sein Buch zeigt zugleich, dass kritische Wissenschaft und wirksame wissenschaftliche Politikberatung in der Entwicklungspolitik von dem Wissen, der Erfahrung und den Innenansichten der Praktiker profitieren können. Entstehen solch epistemische Gemeinschaften aus Praktikern, Theoretikern, Beobachtern, Kritikern, sind die Chancen für eine Entwicklungspolitik „auf der Höhe der Zeit“ groß. Wo Praktiker und Theoretiker sich aus dem Weg gehen, drohen Pfadabhängigkeiten und geringe Innovationskraft – auf beiden Seiten.
Bonn, im April 2019 Dirk MessnerMessner, Dirk
Zur Person
Prof. Dr. Dirk Messner ist seit Oktober 2018 Leiter des Instituts für Umwelt und Menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen in Bonn. Er war von 2003 bis 2018 Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn und hat den Aufstieg des DIE zur einem der weltweit führenden Forschungsinstituten im Bereich der Kooperation mit Entwicklungsländern entscheidend vorangetrieben und geprägt.
Vorwort
Die vergangenen 60 Jahre deutscher Entwicklungspolitik waren geprägt durch ein Wechselbad unterschiedlicher strategischer Ansätze – deutschlandpolitische, außenpolitische, sicherheitspolitische, wirtschaftspolitische, rohstoffpolitische, umweltpolitische und friedenspolitische Interessen waren und sind durchwoben von moralischhumanitären Motiven. Dieses Buch verdeutlicht den häufigen Paradigmenwechsel in der deutschen Entwicklungspolitik.
Auf den folgenden Seiten beschreibe und bewerte ich die Strategien, Inhalte und Ergebnisse von 14 Etappen deutscher Entwicklungspolitik, beginnend mit den mühseligen Anfängen in den 1950er-Jahren und dem ersten Entwicklungsminister Walter Scheel in der ersten Hälfte der 1960er-Jahre bis hin zum Entwicklungsminister Gerd Müller heute.
Das erste Kapitel skizziert die Kernelemente der deutschen Entwicklungspolitik. Es definiert Ziele, Arten, Instrumente und Formen der Entwicklungspolitik und vermittelt Ihnen dadurch einen guten Einstieg. Diese Begriffsklärungen erleichtern es Ihnen, die in den folgenden Kapiteln genannten Fachausdrücke zu verstehen und in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen.
Um den zeitgeschichtlichen Hintergrund zu verdeutlichen, werden Äußerungen einzelner Minister an verschiedenen Stellen im Originalwortlaut wiedergegeben und zu allen Epochen deutscher Entwicklungspolitik Stimmen von Zeitzeugen aufgenommen. Sie erläutern und bewerten die entwicklungspolitischen Inhalte der einzelnen Phasen und die Arbeit der verschiedenen Minister.
Das Buch schließt mit einer Bilanz. Fortschritte und Rückschläge werden deutlich benannt.
Die Erfolgsgeschichten betreffen vor allem die verbesserte wirtschaftliche und soziale Lage in Entwicklungsländern – auch in Afrika. Angesichts einer Medienlandschaft, in der oft gilt: „bad news sells“, zeige ich anhand faktenbasierten Wissens