Für das Herz und die große Liebe: Arztroman Sammelband 5 Romane. A. F. Morland

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sie.“

      „Nicht für mich.“

      „Auch für dich“, widersprach er und streichelte zärtlich ihre Hand.

      29. Kapitel

      „Wie geht es ihr? Hast du mit ihr gesprochen? Wie fühlt sie sich? Ist sie guter Dinge? Was hat sie gesagt?“ Die Fragen prasselten nur so auf Oliver Wiechert nieder, als er zur Clique zurückkehrte. Dr. Krautmann befand sich nicht mehr bei den jungen Leuten.

      „Sie lässt euch auch alle herzlich grüßen“, sagte Oliver heiser, „und es freut sie, dass ihr alle so sehr Anteil nehmt an ihrem Schicksal.“

      „Wie sieht sie aus?“, wollte Eva wissen.

      „Blass“, antwortete Oliver.

      „Wir hätten etwas für sie kaufen sollen.“ Mit dieser Bemerkung verblüffte Johannes Brauneis, der Pfennigfuchser, alle. Wenn er freiwillig für jemanden Geld auszugeben bereit war, dann musste er ihn schon sehr mögen.

      „Wie hat sie den Eingriff überstanden?“, erkundigte sich Dotty.

      „Sie ist sehr schwach“, sagte Oliver.

      „Spürt sie ihre Beine wieder?“, wollte Karsten Rüge wissen.

      Oliver hob seufzend die Schultern. „Leider nein.“

      „Das Gefühl wird sich wieder einstellen.“ Karsten nickte zuversichtlich. „Sie ist ein tapferes, zähes Mädchen. Sie kann kämpfen, und sie wird kämpfen.“

      Lisa und Julian Krautmann stellten keine Fragen. Wenn sie etwas wissen wollten, brauchten sie sich nicht an Oliver Wiechert zu halten, sondern konnten ihre Information aus erster, kompetenter Hand beziehen.

      Vor allem Lisa hatte Sandras Absturz sehr mitgenommen. Schuldgefühle plagten sie. Sie quälte sich mit dem Vorwurf, nicht genug auf die Freundin eingewirkt zu haben.

      Sie hatte mit ihr zwar gesprochen, es war ihr aber nicht gelungen, sie davon abzubringen, permanent Kopf und Kragen zu riskieren.

      Lisa wusste nicht, wie sie es hätte anstellen sollen, dass Sandra Falkenberg auf sie hörte. Sie wusste lediglich, dass es ihr hätte gelingen müssen. Du warst nicht beharrlich genug, warf eine innere Stimme ihr vor. Hast den Ernst der Lage unterschätzt und dir zu viel Zeit gelassen, und nun wird Sandra vielleicht nie mehr gehen können.

      Nie mehr wollte ihr Vater nicht hören. „Sie hat noch eine Chance“, hatte Florian Krautmann heute Morgen gesagt. „Aber nur, wenn sie tatkräftig mithilft. Es ist in sehr vielen Fällen so: Nur wenn der Patient auch gesund werden will, können wir Ärzte ihm helfen.“

      30. Kapitel

      Drei Wochen nach ihrem Absturz wurde Sandra entlassen. Ihre Großmutter hatte einen Rollstuhl für sie besorgt. Diesen schob Oliver Wiechert aus der Wiesenhain-Klinik.

      Sandra war sehr ernst geworden, sie hatte das Lachen verlernt. Nicht einmal lächeln konnte sie mehr. Sie fühlte sich lebendig begraben, und sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es irgendeinen Arzt auf der Welt gab, der ihre motorischen und sensiblen Lähmungen der Nervenstränge und -zellen noch mal beheben konnte.

      Jeder, der mit ihr sprach, versuchte ihr Mut zu machen und sprühte vor Optimismus, doch keiner von ihnen spürte wie sie, dass ihr Körper für sie zum ausbruchssicheren Gefängnis geworden war, deshalb konnte auch niemand ihre Seelenpein nachvollziehen.

      Es war leicht, zu sagen: „Nur Mut. Lass den Kopf nicht hängen. Das wird schon wieder.“ Aber es war unvergleichlich schwieriger, daran zu glauben, dass das Unmögliche auch wirklich wahr werden würde.

      Oliver nahm sich einen ganzen Monat frei, um so viel wie möglich bei Sandra sein zu können. Er schob sie im Rollstuhl durchs Haus, hinaus in den Garten oder überall sonst hin, wenn sie es wollte. Sie brauchte nur ein Wort zu sagen.

      Eines Abends sah sie ihn traurig an. „Du tust so viel für mich.“

      Er winkte lächelnd ab. „Darüber brauchen wir kein Wort zu verlieren.“

      „Warum verschwendest du deine Zeit mit mir?“

      „Musst du das wirklich fragen, Sandra?“, gab er ernst zurück. „Außerdem ist ‚verschwenden‘ nicht das richtige Wort. Ich verbringe meine Zeit mit dir.“

      „Ich bin gelähmt.“

      Er lächelte. „Ich liebe dich trotzdem.“

      „Du solltest dich nach einem gesunden Mädchen umsehen.“

      „Mich interessieren keine anderen Frauen.“

      „Irgendwann wirst du den Wunsch haben, eine Familie zu gründen“, sagte Sandra. „Mit mir kannst du das nicht.“

      „Wenn du etwas mehr bei Kräften bist, wird Dr. Frank dich noch einmal operieren.“

      „Und noch einmal. Und noch einmal. Und noch einmal. Und immer wird es vergeblich sein.“

      „Wie kannst du das wissen?“

      „Ich spüre, was mit mir los ist. Ich weiß, dass ich mich mit einem Leben im Rollstuhl abfinden muss, und ich werde dich nicht an mich binden, weil sonst auch dein Leben verpfuscht ist.“

      Er zog grimmig die Augenbrauen zusammen. „Erlaubst du mir bitte, selbst zu entscheiden, mit wem ich zusammen sein möchte?“

      Tränen glänzten in Sandras wunderschönen braunen Augen. „Ich versuche für uns beide vernünftig zu sein.“

      „Hältst du den Unsinn, den du soeben von dir gegeben hast, etwa für vernünftig?“

      Sie sah ihm lange in die Augen und sagte schließlich leise: „Ich werde mich nicht noch mal operieren lassen, Oliver.“

      „Sandra!“, stieß er erschrocken hervor.

      „Sieh mich an.“ Sie breitete die Arme aus, ließ sie neben den Lehnen nach unten hängen. „So wie heute werde ich in zehn, zwanzig, dreißig Jahren immer noch vor dir sitzen. Der Rollstuhl wird dann ein anderer sein, aber ich werde noch immer nicht gehen können – und dein Mitleid wird bis dahin restlos aufgebraucht sein. Dann werde ich für dich nur noch ein Klotz am Bein sein, und du wirst mich hassen.“

      Er nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und küsste sie liebevoll und unendlich zärtlich auf den Mund. „Ich könnte dich niemals hassen, das müsstest du eigentlich wissen, mein Liebstes.“

      31. Kapitel

      „Sandra Falkenberg möchte sich nicht mehr operieren lassen“, berichteten Lisa und Julian ihrem Vater, als er von der Wiesenhain-Klinik heimkam. „Wir haben sie heute besucht. Sie wirkte so, als hätte sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden.“

      „Es wäre sehr unklug von ihr, die kleine Chance, die sie noch hat, nicht zu nutzen“, bemerkte Dr. Krautmann.

      „Sie hat Angst, enttäuscht zu werden“, meinte Julian.

      „Ich kann sie irgendwie verstehen“, sagte Lisa. „Da klammert sie sich verbissen an diesen winzigen Lichtblick, und irgendwann musst du ihr dann sagen, dass sie leider doch vergeblich gehofft hat.“

      „Ich habe heute mit Daniel Frank über sie gesprochen“, sagte Dr. Krautmann. „Er möchte zur zweiten Entlastungsoperation einen namhaften Neurochirurgen von der Universitätsklinik Freiburg hinzuziehen. Er hat mit dem Kollegen auch schon Kontakt aufgenommen und könnte jederzeit mit dessen Hilfe rechnen.“

      „Wie stehen denn die Chancen für Sandra, jemals wieder gehen zu können, Vati?“, fragte Julian ernst.

      „Schwer zu sagen“, antwortete Florian Krautmann ehrlich.

      „Neunzig


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