Für das Herz und die große Liebe: Arztroman Sammelband 5 Romane. A. F. Morland
sitzt nicht mehr im Rollstuhl, bewegst dich auf deinen eigenen Beinen vorwärts. Ich schlage vor Freude gleich Purzelbäume.“ Er trat einen Schritt vor, um die Entfernung zu verringern, breitete die Arme aus und sagte: „Glaubst du, du schaffst die paar Schritte ohne Schwester Annegrets Hilfe?“
„Ich weiß es nicht.“
„Würdest du es bitte versuchen?“ Die grauhaarige Pflegerin ließ sie los. Jetzt stand Sandra erst mal. Allein. Aber sie schien sich keinen Schritt zuzutrauen.
„Na los!“, drängte Oliver sie. „Komm! Komm, Liebling!“
Je länger sie zögerte, desto mehr wuchs die Spannung.
„Du kannst es“, behauptete Oliver eindringlich. „Du kannst alles, was du willst, Schatz. Du bist in diesem Haus schon bekannt für deinen beispielhaften eisernen Willen. Hab’ ich recht, Schwester Annegret?“
„Ja“, schmunzelte die Pflegerin, „das hat sich bereits bis zur Säuglingsstation herumgesprochen.“ Ungelenk setzte Sandra den rechten Fuß vor den linken. Sie musste wieder gehen lernen. Wie ein Kleinkind kam sie sich vor, und sie fühlte sich genauso unsicher.
„Jetzt den linken Fuß“, sagte Oliver Wiechert aufgeregt. „Komm schon, du schaffst es. Du schaffst es, Liebes!“ Sie machte den zweiten Schritt. Beim dritten fiel sie nach vom, aber es passierte ihr nichts, denn Oliver fing sie blitzschnell und sicher auf, und er sagte unendlich zärtlich: „Ich werde von nun an immer da sein, um dich aufzufangen, wenn du fällst.“
37. Kapitel
Beim Verlassen der Wiesenhain-Klinik saß Sandra Falkenberg aber dann doch noch im Rollstuhl, weil sie das Gehen noch zu sehr anstrengte, aber ihre Gehversuche dauerten immer länger und wurden immer sicherer.
Ein mehrwöchiger Aufenthalt in einem renommierten Rehabilitationszentrum stand ihr bevor, und während sie dann weg war, sagte Karsten Rüge im Café zu seinen Freunden: „Wenn Sandra zurückkommt, müssen wir sie irgendwie überraschen – ihr irgendeine Freude machen.“
„Die größte Freude wird für sie sein, dass sie wieder gehen und bei uns sein kann“, sagte Johannes Brauneis. „Womit sollen wir die noch überbieten?“
„Wir könnten Zusammenlegen und ihr ein kleines Auto kaufen“, sagte Karsten.
Johannes hielt die Luft an und wurde blass.
„War ein Scherz“, grinste Karsten. „Du darfst wieder atmen.“
„Wie wär’s, wenn wir ihr ein Ständchen bringen würden?“, fragte Eva.
„Das müsste eigentlich ganz in deinem Sinn sein, Johannes“, lachte Dorothee.
„Wieso?“, fragte der Angesprochene.
„Weil es nichts kostet“, schmunzelte Dotty.
„Hat sie ein Lieblingslied, Oliver?“, fragte Julian.
Oliver Wiechert nickte. „ Sailing von Rod Steward.“
„Was haltet ihr davon, wenn wir ihr bei ihrer Rückkehr eine Instrumentalfassung ihres Lieblingsliedes zu Gehör bringen?“, fragte Julian.
„Tut mir leid, ich kann kein Instrument“, sagte Eva.
„Ich auch nicht“, sagte Karsten bedauernd.
„Niemand braucht ein Instrument spielen zu können“, erklärte Julian. „Jeder von uns imitiert eines mit seiner Stimme.“
„Die Idee ist gut“, nickte Karsten begeistert. „Ich mach’ das Saxophon.“
„Ich die Bassgeige!“, rief Johannes.
„Ich die Harfe“, sagte Lisa.
„Dann mach’ ich das Schlagzeug“, sagte Julian, und im Nu hatten sie ein Orchester beisammen und begannen sogleich mit der ersten Probe, die natürlich voll danebenging, doch das brauchte sie nicht zu entmutigen. Es war noch viel Zeit bis zu Sandras Rückkehr …
38. Kapitel
Man war mit der jungen Patientin in der Reha-Klinik sehr zufrieden. Sie arbeitete verbissen an ihrer Genesung und tat mit großem Eifer alles, was man ihr sagte, um so rasch wie möglich gesund zu werden. Sie war die angenehmste Patientin, die man je betreut hatte, und der Therapieerfolg stellte sich alsbald zwangsläufig ein.
Einige Tage vor ihrer Rückkehr nach München war sie sogar schon in der Lage, einen kleinen Waldspaziergang zu machen, und das erfüllte sie so sehr mit dankbarer Ergriffenheit, dass sie mitten in der Natur stehenbleiben und weinen musste.
Weit gehen konnte Sandra Falkenberg noch nicht. Sie wurde vorläufig noch rasch müde, aber das würde sich mit der Zeit geben. Manchmal schaute sie in Gedanken zurück in die Vergangenheit. Dann sah sie sich verzweifelt und ohne jede Hoffnung im Rollstuhl sitzen, und ihr war klar, dass sie nie wieder hätte gehen können, wenn sie nicht auf Oliver gehört hätte.
Er war ein Schatz, ein Juwel. Sie konnte sich ein Leben ohne ihn einfach nicht mehr vorstellen. Das brauchte sie auch nicht, denn er hatte ihr versprochen, immer für sie da zu sein, und sie wusste endlich, dass sie sich auf niemandes Wort mehr verlassen konnte als auf seines.
Sandra fieberte dem Ende ihres Reha-Aufenthalts entgegen. Sie freute sich auf München, auf Oliver, auf ihre Großmutter, auf die Clique …
Sie hatte teuer für die Erkenntnis bezahlen müssen, dass es im Leben kein höheres Gut gibt als die Gesundheit, deshalb würde sie von nun an sehr darauf achten und keine dummen Risiken mehr eingehen.
In der Nacht vor ihrer Heimfahrt schlief sie kaum. Zu viele Gedanken und Erinnerungen (gute und schlechte) spukten in ihrem Kopf herum und ließen sie nicht zur Ruhe kommen. Und da war dann noch die große Freude, es endlich geschafft und den schweren Kampf, der so mühevoll gewesen war und für sie zunächst so aussichtslos ausgesehen hatte, gewonnen zu haben.
39. Kapitel
„Zwo, drei, vier!“, rief Julian, als Sandra zur Tür hereinkam, und dann spielte die Clique als Willkommensgruß für sie „Sailing“ – mit allen künstlerischen Raffinessen, die man als Orchester so draufhatte. Und es rührte die Heimkehrerin zu Tränen.
Doch nicht nur sie. Alle Mädchen heulten, auch Lisa. Und die männlichen Mitglieder der Clique hatten noch nie einen dickeren Kloß im Hals gehabt.
„Du hast versprochen, einen Walzer mit mir zu tanzen“, erinnerte Sandra ihren Liebsten.
Oliver Wiechert lächelte. „Ich hab’s nicht vergessen.“
„Und wann gedenkst du, dein Versprechen einzulösen?“
„In einem Monat“, sagte Oliver, und er hielt Wort, und der Walzer, den er mit ihr tanzte, war ein Hochzeitswalzer …
ENDE
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