Das gefallene Imperium 10: Um jeden Preis. Stefan Burban

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Kurs, der sie um den sechsten Planeten herumführen, aber letztendlich wieder zum dritten Planeten zurückbringen würde.

      Noch während die Flottenverschiebung im Gange war, änderte sich auch die Zusammensetzung der feindlichen Hauptkampflinie. Mehrere Hinradygeschwader sowie umfangreicher Jägergeleitschutz änderten ihre Position, sodass sie in der Lage sein würden, die beiden republikanischen Dreadnoughts und ihre Begleiteinheiten unter Feuer zu nehmen, sobald sie in Reichweite kamen.

      Dadurch waren die Hinrady aber gezwungen, ihre Linien zu überdehnen. Etwas, das gut in Wagners Pläne passte. Die nächsten Stunden passierte nicht viel. Beide terranischen Verbände näherten sich dem dritten Planeten auf unterschiedlichen Vektoren, während die Hinrady einfach abwarteten. Nach einem fast zehnstündigen Flug tief ins Schwerkraftfeld des Systems befanden sich Wagners Einheiten erstmals in Reichweite der feindlichen Kampfschiffe.

      Wagner grinste auf beinahe bösartige Weise. »Es wird Zeit. Feuer frei!«

      Der Hauptverband, der sich immer noch dem Gegner frontal annäherte, eröffnete auf das Kommando hin beinahe gleichzeitig den Beschuss. Tausende von Fernlenkgeschossen verließen die Abschussrohre und hielten auf den Gegner zu. Die Kommandanten waren allesamt Veteranen vergangener Schlachten gegen die Sklaven der Nefraltiri. Sie wussten, was nun folgen würde. Die Besatzungen der Waffendecks luden die Rohre schnellstmöglich nach. Bereits weniger als zwei Minuten später folgte die zweite Torpedowelle, anschließend die dritte. Die terranische Flotte ging zum Dauerfeuer über.

      Die Reaktion der Hinrady ließ dieses Mal etwas auf sich warten. Sie hielten ihr Abwehrfeuer zurück, bis die erste Torpedowelle sich bis auf zweitausend Klicks an ihre vorderen Linien herangearbeitet hatte. Erst dann lösten sie ihre Energiewelle aus. Die Fernlenkgeschosse der ersten Welle wurden komplett vernichtet. Tausende Explosionen sprenkelten den Weltraum zwischen den beiden Todfeinden.

      Der zweiten und dritten Welle erging es ebenso. Bei der vierten Welle schafften es immerhin zwanzig Prozent der Geschosse durchzubrechen. Der Feind erlitt erste Schäden. Sie waren nicht so schwerwiegend, wie Wagner sich das gern gewünscht hätte, doch es war ein Anfang.

      Der zweite Teilverband unter der Führung von Agamemnon und Calypso griff in den Kampf ein und attackierte die linke Flanke des Gegners. Auch hier hämmerten die Kampfschiffe mit wilden Salven auf die Flohteppiche ein. Mit jeder Welle näherten sie sich dem Gegner mehr an, bis die Hinrady erste Schäden und Verluste verzeichneten.

      Wagner wusste, ihren Leuten stand ein harter Kampf bevor. Sie war sich jedoch auch darüber im Klaren, dass die Hinrady ein solches Bombardement unmöglich auf Dauer durchhalten konnten. Die Zeit arbeitete gegen den Feind – und die Admiralin war in dieser Hinsicht äußerst zufrieden.

      Die republikanischen Schiffe näherten sich unaufhörlich, während die Hinrady ein ungemein großes Maß an Disziplin bewiesen und die Stellung hielten. Erste Schiffe fielen aus. Sie detonierten oder drifteten manövrierunfähig aus ihrer Position.

      »Geschwindigkeit auf ein Drittel reduzieren!«, ordnete sie an. Die Schiffe unter ihrem Kommando verlangsamten ihren Schub, was die Zeit erhöhte, in der sie den Gegner bombardieren konnte. Es war eine Abwandlung der Taktik, die Garner entwickelt hatte. Die Hinrady bemerkten die Gefahr, in der er schwebten, im selben Moment – und brachen aus.

      »Feindeinheiten nähern sich auf Nahkampfdistanz«, informierte ihr XO sie. Die feindlichen Jagdgeschwader attackierten die terranischen Verbände zuerst. Unzählige Geschosse und Energiestrahlen gingen auf die Menschen nieder.

      In der Isolation ihrer Kommandobrücke bekam Wagner davon noch kaum etwas mit. Die Jagdkreuzer folgten den Kampfgeschwadern dichtauf. Es würde nicht mehr lange dauern und die Schlacht trat in die heiße Phase ein. Dann würde sich entscheiden, ob den republikanischen Truppen die Landung gelingen würde oder nicht.

      Wagners Miene versteinerte. Die Schlacht um Tau’irin hatte begonnen.

      Die ersten Schiffe, die im leeren Raum nahe dem Riss materialisierten, gehörten den Drizil. Zweihundert von ihnen erschienen wie aus dem Nichts, nahmen eine lockere Dreiecksformation ein und sandten Peilstrahlen hinaus in den Subraum.

      Von diesem Moment an ging es rasend schnell. Im schneller Folge materialisierten terranische Einheiten und Drizilkampfschiffe dicht an dicht. Manche kamen sich derart nahe, dass eine Kollision unvermeidlich schien. Die Fluglotsen und Navigatoren der Drizil waren jedoch Meister ihres Fachs. Sie verstanden wahrlich ihr Handwerk.

      Es kam lediglich zu drei Zwischenfällen. Bei zweien davon rammten sich nach dem Wiedereintritt jeweils zwei terranische Schiffe, was zum Verlust der vier Kampfraumer führte. Im dritten Fall kollidierte ein Drizilflaggschiff mit einer terranischen Korvette sowie einem Begleitkreuzer. Die Korvette wurde innerhalb von Sekunden von der Masse des viel größeren Schiffes zermalmt. Die Besatzung hatte keine Chance, noch die Rettungskapseln zu erreichen. Die Crew des Begleitkreuzers kam mit dem Schrecken davon, musste das manövrierunfähige Schiff aber dennoch aufgeben.

      Die Sir Francis Drake setzte sich an die Spitze der Angriffsflotte. Vizeadmiral Elias Garner kratzte sich nachdenklich über das Kinn, als die Verlustberichte auf seinem taktischen Hologramm eingeblendet wurden.

      »Sechs Schiffe verloren«, meinte er leise. »Davon fünf mit der vollen Besatzung. Und das, obwohl noch kein einziger Schuss abgegeben wurde.« Er seufzte. »Das Drizilflaggschiff hat nur leichte Schäden erlitten und ist weiterhin kampf- und einsatzfähig.«

      Lieutenant General Carlo Rix trat an die Seite des Admirals. Aus Gründen der Bequemlichkeit und größeren Bewegungsfreiheit trug der Offizier keine Rüstung, sondern eine normale Uniform, solange er an Bord des Dreadnoughts weilte.

      Er legte seine rechte Hand auf die Rückenlehne des Kommandosessels. »Ehrlich gesagt, ich hatte mit größeren Verlusten gerechnet. Wenn man bedenkt, dass terranische Verbände noch nie eine solch umfangreiche Operation im leeren Raum durchgeführt haben …« Er pfiff leise durch die Vorderzähne und ließ den Satz damit vielsagend ausklingen. »Ich bin der Meinung, wir können uns glücklich schätzen«, fügte er noch hinzu.

      »Harald? Status der Flotte?«, wollte Garner wissen. Auch, um nicht auf die Bemerkung des Generals eingehen zu müssen. Der XO der Drake trat näher.

      »Wir erhalten grünes Licht von eintausendzweihundertvierundsiebzig Kampfschiffen. Auch die Truppentransporter sind in vollem Umfang sicher durch den Hyperraum gekommen.«

      Garner nickte zufrieden. Er gab es nicht gern zu, aber Rix hatte recht. Es hätte deutlich schlimmer kommen können. Sein Blick glitt durch die transparente Brückenkuppel. Der Riss war als leuchtend rotes Gebilde in der Ferne erkennbar. Es schien zu wabern und sich ständig zu verändern. Als würde man eine Fata Morgana betrachten. Direkt vor dem Riss formierten sich unzählige kleine Objekte, die man mit bloßem Auge lediglich anhand kurzer Blitze erkennen konnte, wenn sich das Licht auf der metallischen Außenhülle brach.

      Carlo Rix war nicht der einzige Mensch auf der Brücke der Drake, der hier eigentlich nichts zu suchen hatte. Neben Carlo standen General of the Legions René Castellano sowie Professor Nicolas Cest. Alle drei Männer folgten Garners Blick neugierig.

      »XO? Geben Sie mir ein paar Infos, wenn ich bitten darf«, forderte der Admiral höflich.

      »Die Sensoren orten annähernd sechshundert Hinradyschiffe. Keine stationären Verteidigungsanlagen. Keine Schwarmschiffe.«

      Garner runzelte die Stirn. »Nur sechshundert. Ich hätte gedacht, sie würden mehr aufbieten.«

      »Wir sollten nicht in Euphorie ausbrechen«, riet Carlo. »Was uns auf der anderen Seite erwartet, erfahren wir erst, wenn wir den Riss durchfliegen.«

      Garner nickte. »Richtig. Besser, wir bleiben auf dem Teppich.« Er warf einen schrägen Blick über die rechte Schulter. »Ich wünschte, wir hätten noch etwas von Ihrem Virus zur Verfügung, Cest. Ich würde es nur zu gern in meine Torpedos laden und damit die Flohteppiche bombardieren.«

      Der Professor lächelte zurückhaltend. »Ja, das wäre schön.« Cest wurde schlagartig wieder ernst. »Aber wir schaffen es auch ohne. Der Anfang ist gemacht. Nun muss


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